A little party never kill nobody

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  Ich war nie eines dieser Mädchen, das es liebte, auf Partys zu gehen, sich mit Alkohol abzuschießen, nur um dann mit irgendeinem Jungen zu vögeln, der mich am nächsten Tag aus seiner Wohnung warf und den ich nie danach nie wieder sehen würde. Ich war keines dieser Mädchen, das sich zuschüttete, um sich dann auf irgendeinem dreckigen Discoklo zu entleeren. Ich hatte nie ein Bedürfnis nach so etwas, aber meine Freundinnen hatte da leider meist anderes im Sinn, als einfach einen guten Film mit mir zu schauen. Mit meinen 17 Jahren war ich also noch richtig vorbildlich, was man von meinen Freundinnen nicht unbedingt behaupten konnte.
Ein wenig Party machte mir ja nichts aus, aber an diesem einen Abend hatten wir es wohl doch etwas damit übertrieben und so kam es, dass ich, das brave Kirchenmäuschen, das meist mit einem Buch angetroffen wurde und selten ihren Senf dazu gab, wenn er nicht nötig war, in einem Bett aufwachte, das mir dann doch sehr fremd vorkam.
Langsam öffnete ich meine verklebten Augen. Mein Kopf pochte stärker als mein Herz und der Schmerz durchzuckte mich immer wieder. Ich drehte mich auf dem Rücken und der Schmerz war so stark, dass ich die Augen sofort wieder schloss. Ich atmete tief ein und aus, um mich zu beruhigen. Wieviel hatte ich gestern nur getrunken, dass ich so einen Kater hatte?!
Ich startete einen neuen Versuch, um meine Augen zu öffnen und es klappte. In Erwartung, mein „Justin-Bieber"- Poster über mir an der weißen Wand zu sehen (Ich mochte Bieber nicht wirklich, aber die Wand sah so einsam und leer aus, dass ich es nicht übers Herz brachte, sie so zu lassen), öffnete ich meine Augen und starrte stattdessen einen kahlen, weißen, verlassenen Fleck an. Schon in diesem Moment ahnte ich, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Unsicher drehte ich meinen Körper zur Seite, nur um statt meinem kleinen Nachttisch mit der uralten Lampe, einen edelhölzernes Tischlein (sehr niedliches Wort) mit einem neumodischen silbernen Wecker, der 8:32 anzeigte, zu entdecken.
Also eines konnte ich dadurch feststellen: Ich befand mich weder zu Hause, noch im Haus meiner Freundin. Aber. WO WAR ICH DANN GELANDET?!
Panisch richtete mich auf, aber der pochende Schmerz in meinem Kopf streckte mich nieder und ich sank zurück ins Kissen, während ich mir fast schreiend meinen Kopf hielt. Verdammte scheiße, wie war ich hier gelandet.
„Ok, ganz ruhig.", sagte ich mir selbst, was aber nicht den gewünschten Effekt hatte, sondern mich noch nervöser machte, jetzt wo ich meine heißere, krächzende Stimme vernahm, die selbst nichts Gutes zu verheißen hatte.
Ich musste mich erinnern, was war geschehen?

„So, Leute! Dieses Wochenende lassen wir mal richtig die Sau raus! Ich meine, wir haben alle die Erdkundeprüfung verkackt, das ist doch ein Grund zu feiern!", grinste meine Freundin Victoria in unsere kleine Runde und schüttelte ihr blondes, engelsgleiches Haar. Ihre grünen Froschaugen sahen uns auffordernd an, auch wenn nur ein genervtes Stöhnen durch unsere Runde ging.
„Aber ich bin schon wieder fast pleite für diesen Monat!", bemerkte meine beste Freundin Sally seufzend. Sie war dauerpleite. Wenn sie mal ein wenig Geld in der Tasche hatte, stand wohl die Apokalypse bevor.
„Können wir nicht einfach einen Film gucken?", schlug ich träge vor und lehnte mich gegen Sally.
Vic sah mich ungläubig an. „Ach, du meinst, so wie an den letzten 3 Wochenenden? Unser Leben braucht Abwechslung, Leute. Und ich brauche endlich wieder Alkohol!" Mit einem Hundeblick, dem keiner widerstehen konnte, blinzelte sie uns der Reihe nach an, bis wir alle, mehr oder weniger begeistert, nachgaben und sie zufrieden grinsend mit ihren blonden Locken spielte.
Victoria war eine rassige Schönheit. Sie war charmant, freundlich, hatte Sinn für Humor, wusste ganze genau, was sie wollte und sah atemberaubend aus. Den Männern blieb bei ihrem Anblick der Mund offenstehen und Frauen sahen nur neidisch auf ihre blonde Lockenpracht, die wild von ihrem Kopf abstand. Vom Aussehen war sie uns anderen bei weitem überlegen, da ich mich und meine anderen Freundinnen als durchschnittlich bezeichnen würde.
„Und wo wollen wir Party machen?", fragte sie und strich sich durch ihre Haare, die ihr, wie so oft, ins Gesicht gefallen waren und ihr nun die Sicht versperrten.
„Ich weiß es!", mischte sich nun meine andere Freundin, Mathea, ein. „Wir feiern in Dortmund!" Auf unsere fragenden Blicke antwortete sie nur knapp mit einem: „In Dortmund ist die Wahrscheinlichkeit, Mats Hummels zu treffen, wesentlich höher als hier bei uns."
Mathea war ein riesiger BvB- und ein noch größere Mats Hummels Fan. Der hübsche BvB- und Nationalspieler hatte es ihr wirklich angetan und im Moment besetzte er auf tausenden Postern ihr Zimmer. Ich will ja nicht behaupten, dass sie besessen war, aber jedes zweite Wort von ihr war momentan Mats Hummels.
(Bsp: „Hey Mathea, was haben wir nächste Stunde für ein Fach?" „Matsemathik.")
Ihr versteht, was ich meine?
Und so kam es also dazu, dass wir aus unserem kleinen Kuhkaff uns auf eine 2-stündige Reise nach Dortmund begaben, nur weil es da eine höhere Chance gab (1:1000000000000), Mats Hummels anzutreffen. Standard.
Okay, dann befand ich mich wohl in einer Wohnung in Dortmund. Schon mal gut zu wissen, aber ich wusste immer noch nicht, bei wem ich war. Ich schloss die Augen noch einmal, denn der Schmerz hörte einfach nicht auf.
Der Club, den Mathea uns ausgesucht hatte, war nicht schlecht und wir hatten wirklich Spaß. Wir tanzten zu viert und amüsierten uns. Ab und zu kam ein Kerl und sprach Vic an, die aber jedes Mal den Typen abblitzen ließ.
Irgendwann kam sie dann mit einem Tablett voll mit kleiner Schnapsgläser an, welche Flüssigkeiten in verschiedenen Farben hatten.
„Hab ich ganz billig für 5 Euro gekriegt! Das sind 20, das sind also genug für uns!" Sie hielt ein Glas mit rosa Flüssigkeit hoch. „Prost!" Und mit diesem Wort exte sie es runter und fing an, breit zu grinsen.
Sally und Mathea taten ihr gleich und auch ich sprang über meinen Schatten und schnappte mir eines. Einmal im Jahr konnte doch auch ich mich ein wenig gehenlassen, würde ja keiner merken.

Es war wohl keine gute Idee, ein Glas mit giftgrüner Flüssigkeit zu trinken, denn seitdem habe ich keine Erinnerung mehr.
Meine Kopfschmerzen hatten sich etwas gemildert und ich atmete tief ein. So, jetzt erst einmal Sally anrufen. Meine Hand wanderte unter die Decke und ich tastete nach meiner Hosentasche, aber zu meiner erneuten Überraschung fühlte ich nur meine eigene nackte Haut. Scheiße.
Ich schmiss die Decke weg, nur um mich, in einer Unterhose und Bh vorzufinden. Dumm gelaufen.
„Scheiße, scheiße!" Hatte ich schon erwähnt, dass ich noch Jungfrau war? Ich schluckte. War. Das wars dann wohl mit der Jungfräulichkeit. Verdammt. Ich sprang panisch aus dem Bett, schlang die Decke um mich und suchte meine Sachen. In meinem Kopf drehte sich alles.
Hatten wir verhütet? Wer war er? War er vielleicht ein Killer, der mich gleich köpfen würde? Ich schüttelte mich, um diese Gedanken loszuwerden und bückte mich. Unterm Bett fand ich einen Haufen an Staub und Dreck, aber keine Spur von meinen Klamotten. Überall im Zimmer lagen Klamotten verstreut, aber keine davon gehörten mir. Na toll. Super Aktion, Luana.
Mein Blick visierte die helle Holztür an, durch die ich wohl oder übel hereingekommen war. Sie war zu und ich war mir nicht sicher, ob ich sie wirklich öffnen wollte, aber ich hatte wohl keine andere Wahl.
Die Decke um meinen Körper tapste ich unsicher darauf zu und umfasste mit meiner rechten Hand unsicher den Türgriff. Er war eiskalt und jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich musste hier raus. Ich drückte sie nach unten und sie sprang auf. Zeitgleich hüpfte ich ninjalike raus und drückte mich, um unerkannt zu bleiben, mit dem Rücken an die Wand.
Ich stand in einem langen Gang, der mehrere Türen beinhaltete. Alle samt geschlossen, bis auf die Tür, die meinem Schlafzimmer gegenüberlag. Und blöderweise saß genau in diesem Zimmer ein Junge an einem runden Esstisch und sah mich verwirrt an.
Peinlich, peinlich. Nun hatte ich 3 Möglichkeiten. Ich könnte:
a) Einfach mal hingehen und cool „Hallo" sagen
b) Einen dreifachen Salto zurück ins Zimmer machen und die Tür verriegeln
c) Ihm erst einmal eine reinhauen und so was cooles sagen wie „Du hast meine Jungfräulichkeit auf dem Gewissen, du Mörder!
Und was tat de Luana? Sie wählte d) einfach blöd stehen bleiben und dumm aus der Wäsche glotzen.
Er tat es mir gleich und so starrten wir uns einige gefühlte Stunden einfach nur an und keiner wagte sich, irgendwie zu handeln. Schließlich erbarmte er sich zu einem einfachen „Hallo.".
Hallo, das ist ein Wort, dass wir recht oft gebrauchen, aber ich finde, in manchen Situationen ist es einfach nicht angebracht, obwohl ich das ja auch schon in Erwägung gezogen habe. Ich nickte ihm nur mit einem halbherzigen Lächeln zu.
Erst jetzt fiel mir auf, dass ich immer noch in die Decke eingewickelt war und ich zog sie fester, damit er keinen Anblick auf das hatte, was er gestern wohl sehen konnte.
„Komm doch her...", schlug er vor.
Ich seufzte und gesellte mich zu ihm. Er deutete auf den Stuhl, der seinem gegenüberlag und ich ließ mich weigerlich nieder, während ich die Decke noch weiter nach oben zog. Weder ich noch er trauten uns, in das Gesicht des jeweils anderen zu blicken und so taten wir so, also wären Flur und Zimmerdecke auf einmal unglaublich interessant geworden.
„Kaffee?", brach er schließlich das Schweigen, das erneut zwischen uns ausgebrochen war wie eine schlimme Krankheit. Ich schüttelte nur den Kopf. Kein Kaffee, kein Alkohol, kein Sex. Ich bin ein gutes Mädchen.
„Willst du vielleicht irgendetwas anderes?" Wieso versuchte er überhaupt so freundlich zu sein? Konnte er nicht einfach sagen, dass das einmalig war, dass ich hässlich und nichts für ihn bin und mich rauswerfen?! Wieder Kopfschütteln von mir. Ich wollte ihn nicht ansehen, aber ich musste unbedingt, denn bis jetzt hatte ich keine Ahnung, wie sein Gesicht überhaupt aussah. Ich war zu beschäftigt mit Weggucken gewesen, dass ich ihn mir gar nicht angesehen hatte.
Langsam, sodass er nicht dachte, ich hätte das Bedürfnis ihn zu sehen, drehte ich meinen Kopf in seine Richtung und mein Herz setzte für kurze Zeit aus.
Ich kannte diesen Jungen.
Na gut, es war nicht dieses Ich-sehe-ihn-jeden-Tag-in-der-Schule- Kennen oder das beste-Freunde-Kennen, es war eher so ein Ich-habe-ihn-schon-mal-bei-Mathea-gesehen-Kennen. Aber nein, er war nicht auf einer Party oder so etwas gewesen, sondern im Fernsehen. Ich kannte ihn von den unzähligen BvB-Spielen, die ich bei ihr schauen musste.
„Oh mein Gott, du bist Erik Durm!", schrie ich auf, stand so ruckartig auf, dass der Stuhl hinter mir mit lautem Krachen gegen den Kühlschrank fiel und zu allem Übel rutschte mir noch die Decke herunter, die ich panisch wieder hochzog. Im Nachhinein tut mir der Kühlschrank leid, denn er hat nun eine unschöne Schramme abbekommen und dabei wirkte er so neu.
„Ähm...ja...und du bist?", fragte er, als wäre es das Natürlichste auf der Welt.
Ich war ziemlich baff. „Ähm..Maria...Magdalena...", log ich, denn er sollte meinen wahren Namen nicht erfahren. Ich wette, man darf Leute verklagen, die in eine Decke gehüllt wie ein Ninja durch die Wohnung schleichen. Sicher ist sicher.
Ungläubig zog er die Brauen zusammen, aber er schien lieber nicht nachfragen zu wollen. Ich schätzte, er wollte mich einfach nur loswerden und das so schnell wie möglich.
„Hatten wir...", fing ich meine Frage an, aber er unterbrach mich glücklicherweise mit einem „Ich weiß nicht.", sonst wäre mir der Rest wirklich peinlich gewesen.
Wie fragt man sowas denn? Wie drückt man sich aus? Sagt man Sex oder gilt das als Umgangssprache? Was soll man dann nehmen? Geschlechtsverkehr? Oder verhamlost man das ganze: „Hey, wäre es möglich, dass wir letzte Nacht geschnakselt haben?" –das sagte keine Person, niemals.
„Ach so..." Und was jetzt? Ich wollte hier einfach nur raus. „Ich...ähm..." Ich fühlte mich verdammt scheiße und mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich war immer die Brave, die Vernünftig und nun saß ich in der Decke eines BvB-Spielers und konnte es nicht verhindern, dass ich weinen musste.
„Ist alles okay?", fragte er unsicher.
Ich habe möglicherweise meine Jungfräulichkeit an dich verloren und weiß es nicht einmal mehr. Ich habe keine Ahnung, wie ich heimkomme und hätte gerne ein paar Klamotten. Aber danke, mir geht es prächtig.
Ich gab noch einige Schluchzer von mir, dann wischte ich mir die Tränen mit einer geschickten Handbewegung ab. „Jaja, ich bin nur grade ein bisschen überfordert..."
„Soll ich dich heimbringen?", hakte er nach und ich nickte leicht. Und schon wollte er mich loswerden. „Okay. Wo wohnst du?"
„Zwei Stunden entfernt von hier...", fiel mir auf. „Ich bin nur zum Feiern mit meinen Freundinnen hergekommen. Ach ja. Wie bin ich eigentlich zu dir gekommen?"
„Ich weiß es echt nicht. Ich bin heut Morgen neben dir aufgewacht und wusste nichts mehr. Wenigstens ist das hier meine Wohnung...", meinte er. „Und du?"
„Nichts mehr. Ich habe dieses grüne Getränkt getrunken und dann ist alles schwarz...", gab ich zu.
„So ist es bei mir auch!", rief er erstaunt aus. „Die müssen irgendetwas in diese Getränke gemischt haben!"
Damit könnte er sogar richtig liegen. Aha. Er kann gut Fußball spielen und hat was im Kopf. Und er sieht nicht einmal schlecht aus. Hör auf, Luana! Er ist nicht in deiner Liga! , ermahnte ich mich gedanklich.
„Und? Soll ich dich heimfahren?", fragte er unsicher. Erneut nickte ich.
„Ähm.. es gibt da aber ein kleines Problem.", gab ich peinlich berührt zu, woraufhin er nur verwirrt blickte. „Ich finde meine Klamotten nicht."
„Oh, das ist ein Problem."  


Wide Awake (Erik Durm FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt