Das Vermächtnis der Nibelungen

10. TEIL: BEI DER FURCHTBAREN HEXE VON AUGSBURG

             1. Gesang

Marthes Waffenbrüder zogen mit ihr nach Süden,

In stetem Trab den herrlichen Rhein entlang,

Bis sie die Vogesen sahn ohn' zu ermüden,

Doch als sie den Streithaufen sichten ward ihnen bang.

Der Blutgraf, samt Tochter zum Lothringer beordert,

Hatte vorausgeschickt und Hilfe angefordert.

Die ist nun da, und es sind hundert wack're Recken,

Deren Helme nun in der Morgensonne blitzen.

Was mag der schlimme Jute ganz links nur bezwecken,

Will sich am bewaldeten Hang entlangstibitzen,

Mit zwei Dutzend Rittern im lieblichen Sonnenschein

Um beim Abschneiden des Rückzugs Erster zu sein.

Schmied Hallbrechts Bruder, der Ritter Lackes, bläst ins Horn,

Worauf der dumpfe Schall über die Schlachtreihen rollt.

Dem Friedensbanner der Sarnaths man nun Achtung zollt,

Das Bild der Morgensonne zeugt von echt' Schrot und Korn,

Da sie durch'n Olivenzweig leuchtet in gold'nem Schein –

Unter dieser Fahne möcht' jeder ein Recke sein!

Drüben lässt auch der Vogt von Lothringen blasen,

Da seine Ritter nun vor Kampfeslust rasen.

Furchtbar bricht der Riese Stroh in seine Reihen ein

Und schlägt Schilde zerschmetternd mit dem Streithammer drein.

Schrecklich jetzt seine acht Brüder nachsetzen,

Auf hohen Phatanern sie durch die Truppen hetzen.

Wie Türme ragen die neun aus dem Schlachtfeld heraus,

Vom Schmied Hallbrecht in die beste Rüstung gekleidet,

Edlen Stahl hatte der, machte Prachtschilde draus,

So dass jetzt dem Feind der Mut wird verleidet.

Grässliche Langschwertstreiche reißen tiefe Schneisen,

Als die Sarnathschen schon den Allmächtigen preisen.

Marthe, Micha, Remus – alle stürmen jetzt vor,

Schon bricht Michas Schwert Rittersporn sich blutige Bahn,

Und donnernd erhebt sich jetzt ihr Schlachtruf im Chor,

Wobei die Marthe so gewandt ficht im Kampfeswahn.

Siegfried und Wolf, beid' längst zum Ritter geschlagen,

Den Feind nun mit mächtigen Schwertstreichen plagen.