Die Dame vom See -2-

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IV.

Carne ritt weiter. Angespannt, wachsam. Der Pfad schlängelte sich weiter, immer weiter durch den Wald. Bis er an einen Scheideweg kam, links ging es weiter, der Weg entfernte sich vom rauschenden Bach, rechts war der Wald offen, man konnte hindurch reiten, dem Bach folgen. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten stand eine Eiche. Ihr Stamm war sehr dick, sie musste bereits seit ein paar hundert Jahren hier stehen. Er bewegte sich auf das Wasser zu, er wollte dem Verlauf folgen. Er war noch nicht lange vom Weg abgewichen, als plötzlich etwas durch die Bäume krachte und vor Munin zu stehen kam. Das Pferd bäumte sich auf, doch Carne gelang es im Sattel zu bleiben und sein Schwert zu ziehen. Vor ihm stand ein großer, schwarzer, auf den Hinterläufen stehender Wolf und blickte ihn aus gelben Augen an. Seine Gestalt ähnelte einem Menschen, nur war sie viel muskulöser und größer. Kurzes schwarzes Fell bedeckte den Körper, die Unterschenkel waren abgeknickt und die Finger mündeten in Krallen. Der Kopf war der eines Wolfes mit langen, gefletschten Zähnen und spitzten Ohren. Munin schnaubte unruhig, er wollte den Werwolf angreifen, ihn in den Boden trampeln. Man konnte meinen er würde sich schämen, dass er sich von dem Wesen hatte überraschen und erschrecken lassen.

„So sieht man sich wieder." murmelte Carne.

Der Werwolf sprang ihn an, doch Munin tänzelte zur Seite und der Fomorer schwang sein Schwert. Der Werwolf wurde von der Klinge zurück geworfen und rutschte über die Pflanzen die am Grund wuchsen. Rasch hatte er sich wieder aufgerappelt und griff erneut an. Seine Krallen pfiffen durch die Luft. Carne parierte mit einer Mühle. Er schlug zu, sein Schwert wurde ohne Mühe von dem rechten Arm, der so dick wie ein kleiner Baum war, abgefangen. Noch einmal versuchte der Werwolf Carne vom Pferd zu reißen, wieder schlug dieser die zupackenden Klauen weg. Carne zeichnete eine Rune in die kühle Luft. Der Werwolf wurde zu Boden gerissen. Eine weitere Rune ließ Steinchen, Äste und Zapfen auf ihn prasseln. Der Wolf sprang auf, wandte sich ab und verschwand zwischen den Bäumen.

Carne rief ihm hinterher, „Wen beschützt du?"

Er hörte nur ein sich entfernendes Knurren. Trotz des Überfalls ließ er sich nicht abschrecken, fand endlich den Bach und folgte ihm. Gaudir griff ihn erneut an, versuchte ihn zu entmutigen, ihn von seinem Weg abzudrängen. Dieses Spiel wiederholte sich noch zweimal. Es war bereits nach der Mittagszeit, Carne war den ständigen Angriffen müde und Munin war schweißbedeckt. Mit einem Mal stand Gaudir in Werwolfform mitten zwischen den Bäumen vor dem Reiter. Carne saß ab, zog sein Schwert.

„Wen beschützt du?" fragte er erneut.

Wie bereits die vorherigen Male war nur ein Knurren die Antwort. Sie sprangen aufeinander los. Gaudir schnappte nach Carne, der wich in einer Pirouette aus und versetzte dem Werwolf einen Hieb gegen die Schulter, Blut floss aus der Wunde. Sie lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch. Keiner konnte die Deckung des anderen überwinden, beide waren schneller als das Auge und übermenschlich stark. Dann schlug Gaudir das Schwert zur Seite und riss dem Fomorer die linke Seite auf. Blut tränkte in Strömen das grüne Grass. Carne zeichnete wieder eine Rune in die Luft, von einer unsichtbaren Welle erfasst, verlor Gaudir das Gleichgewicht. Das nutzte Carne und versetzte ihm einen solchen Schlag auf die Brust, dass der Werwolf zu Boden gedrückt wurde. Er bäumte sich auf, biss nach dem Fomorer, der sich mit einer Rolle in Sicherheit bringen musste. Gaudir versuchte Carne zu packen, der tänzelte weg. Der Werwolf sprang den Fomorer an. Carne rammte Gaudir sein Schwert in die Brust und nagelte ihn auf den Boden. Der Werwolf zappelte und versuchte die Klinge herauszuziehen, konnte aber das Silber nicht greifen.

„Wen beschützt du?" fragte Carne erschöpft.

„Ich werde alles sagen aber bitte, bitte zieh das raus! Es brennt! Oh wie es brennt!" bettelte der Werwolf.

Die Flamme in der FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt