Kapitel 1

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"Sehr verehrte Damen und Herren. In wenigen Minuten beginnen wir mit dem Landeanflug. Bleiben sie bitte auf ihren Plätzen, klappen die Tische hoch und schnallen sich an. Ich hoffe sie hatten einen angenehmen Flug und verbringen eine schöne Zeit in Toronto. Vielen Dank, dass sie sich für AirCanada entschieden haben." , trällert die übertrieben geschminkte Stewardess mit schlecht gespielter guter Laune ins Mikrofon. Da wir leider nicht abgestürzt sind, hoffe ich jetzt, dass der Pilot das Flugzeug beim Landen in irgendein Gebäude rammt. Aber in letzter Zeit wird keiner meiner Wünsche mehr erfüllt. Wir sind weder in Frankfurt geblieben, noch in Canada in eine Stadt gezogen, das Flugzeug ist nicht abgestürzt und mein Freund Nick konnte "verrückter Weise" auch nich mit.
Jetzt steh ich also hier, am Flughafen in Toronto, und habe keine Freunde, nichtmal Bekannte und auch nicht meine Klamotten. "Jetzt mach doch mal nich so ein trauriges Gesicht!" , mein Dad legt mit strahlendem Grinsen eine Hand auf meine Schulter und drückt mich sanft Richtung Gepäckband, " Wir haben hier ein riesen Grundstück direkt an einem See und dein Zimmer ist fast größer als unsere komplette alte Wohnung! Wieso bist du so schlecht gelaunt? Das is doch der Traum eines jeden Kindes oder nicht?" "Mhm stimmt Dad, jedes 16-jährige Mädchen träumt davon aus ihrem gewöhnten Umfeld rausgerissen zu werden und mitten in die Pampa in ein fremdes Land zu ziehen weil der Papi da besser Vögel ankucken kann!" , ich mustere ihn, wie so oft in letzer Zeit, mit einem vernichtenden Blick und stapfe auf meinen roten Koffer zu den ich gerade auf dem Fließband entdecke.
Ich strecke gerade meine Hand nach ihm aus als ein Mädchen mit blond gewellten Haaren mir zuvor kommt.
"Hey entschuldige, ich glaub das ist mein Koffer." , spreche ich das Mädchen an. Wenigstens englisch kann ich ganz gut. Sie dreht sich um und lacht mich an : "Unwahrscheinlich. Das da sind nämlich meine Initialen. A.S., Abby Scott!". Sie zeigt auf eine Stelle am Koffer an der mit schwarzem Filzstift A.S. steht. Genau so habe ich meinen Koffer nämlich gekennzeichnet. "Nein nein, A.S. steht für Anabell Schmitz, das ist mein Koffer." Vor lauter Verwirrung fangen wir beide an zu lachen. "Okay kucken wir einfach mal rein. Dann sollte sich das Problem ja relativ schnell lösen", sage ich zu Abby und knie mich auf den Boden, "also nur wenn das für dich ok is!" "Ja klingt logisch. Meine Unterwäsche verstau ich für solche Fälle immer extra ganz weit unten." antwortet sie und wir müssen beide wieder lachen. Ich öffne den Koffer und mir springt ein langes schrill geblümtes Nachthemd entgegen. Ich schaue abwegselnd auf das Nachthemd und Abby und kann mir ein Lachen nur schwer verkneifen. Mit ihren Chucks, Skinny jeans und dem New York Hard Rock Café Pullover hätte ich sie nicht für jemanden gehalt der Omanachthemden trägt. Meine Gedanken werden durch ein prusten von Abby gestoppt : Also mir ist dieser Koffer definitiv nicht. Und so wie du kuckst gehört er dir wohl auch nicht." Unser Lachanfall wird durch einen schrillen Schrei angehalten der offensichtlich zu der Besitzern unseres Koffers gehört. Mit schnellen Schritten kommt eine ca 60 Jahre alte Dame in pinkem Hosenanzug auf uns zu. Sie klappt den Koffer zu, murmelt uns ein "Was fällt euch ein" zu und verschwindet im Trubel des Flughafens. "Anny komm her, wir haben deinen Koffer schon!" ruft mich meine 13-jährige Schwester Lola genervt. Abby lächelt mich an : "Na dann Anny, vielleicht sieht man sich ja zufällig mal wieder. Wünsch mir Glück das ich meinen Koffer noch finde!" "Ja, viel Glück!", sage ich und obwohl wir uns eigentlich überhaupt nicht kennen umarmen wir uns zum Abschied wie als wären wir seit Ewigkeiten Freunde.

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