Kapitel 5

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Als wir von unserer Spritztour zurückkommen, erwarten uns unsere Eltern am Steg. "Heute abend gibt's bei uns ein kleines Grillfest. Unser Auto ist komplett voll mit Lebensmitteln. Lola, Anny helft ausladen ok?" , fordert uns meine Mutter auf. Hätte  unser Bootsausflug doch nur 10 Minuten länger gedauert.  Meine Schwester und ich verabschieden uns von Abby und Theo und laufen zum Haus. Das Auto ist wirklich komplett voll also wird das wohl keine 5 Minuten-Aktion. Unter den Bergen von Lebensmitteln befinden sich allerdings auch noch Unmengen von Waschmittel und Deko-Artikeln. Wir packen das Essen in unsere 3 Kühltruhen und verstauen einiges in Schränken. Währenddessen läuft laute Musik, wir hüpfen singend durch die Gegend und essen die ein oder andere Tafel Schokolade. Als wir zu den Deko-Artikeln kommen fällt mir ein das mein Zimmer noch mausgrau und leer ist.
In Deutschland musste ich mir ein Zimmer mit Lola teilen aber hier haben wir alle ein eigenes Zimmer und es gibt ein Gästezimmer und ein Büro. In meinem Zimmer habe ich ein  Fenster in das ich mich reinsetzen kann um nachzudenken wie in den ganzen amerikanischen Highschool-Filmen. Natalie hat das Zimmer mit eigenem kleinem Bad und Lola ihren eigenen  Balkon. Meine Eltern haben flächenmäßig das kleinste Zimmer aber dafür riesengroße Fenster und ein eigenes Bad. Die vielen Bäder sind echt ein Vorteil denn jetzt ist morgens vermutlich kein Stau mehr im Bad. Wir sind keine besonders reiche Familie, die Häuser hier im Nirgendwo sind einfach nur unfassbar billig.
"Mum? Wann gehen wir eigentlich zum Möbelhaus?" , frage ich und stoppe ihre Nachahmungs-Versuche von Rihanna. "Hast du denn schon eine Idee wie du dein Zimmer einrichten willst?" , meine Mutter schaut mich überrascht an. "Ich weiß seit drei Monaten wie mein Zimmer aussieht und hab mir verrückter Weise schon Gedanken über die Einrichtung gemacht, ja" ,erkläre ich grinsend. "Dann am besten morgen schon! Unsere restlichen Möbel und Bücher und so kommen nämlich morgen Abend an. Wäre vielleicht ganz gut wenn du dann schon einen Schrank hättest in den du deine Klamotten packen kannst." ,schlägt sie vor. Ich nicke und laufe in mein Zimmer um mich für das Abendessen fertig zu machen. So bald ich durch die Tür bin trällert meine Mum laut weiter.
Ich schaue auf mein Handy. Keine neue Nachricht. Enttäuscht werfe ich es auf meine Matratze und lauf zu meinem Koffer. Ich habe ihn dort hingestellt wo später auch mein Schrank stehen soll. Ich durchwühle ihn und zerre ein  Outfit nach dem andern raus, bis ich eine schwarze Hotpan und ein bordeaux rotes Top mit silbernem Reißverschluss trage. Ich laufe ins Bad und beginne mich dezent zu schminken. Maskara, Eyeliner und zu meinem Oberteil passender Lippenstift. Bordeauxrot ist meine absolute Lieblingsfarbe denn sie ist fröhlich, irgendwie dramatisch geheimnisvoll, auffallend und trotzdem so natürlich. Ich stecke den oberen Teil meiner Haare hoch und befestige sie mit einem kleinen Hargummi. Zufrieden betrachte ich mich im Spiegel als ich plötzlich einen weißen Klebezettel an meinem Rücken entdecke. Ich ziehe ihn ab und beginne zu lesen :

Hey Annabel,
ich liebe dich nicht mehr und möchte auch nicht mehr mit dir zusammen sein. Viel Glück in Canada
Nick

In meinem Hals bildet sich ein Kloß. Ich lese die Zeilen erneut und erneut und will sie einfach weghaben. Hätte ich doch dieses verdammte Top nicht angezogen. Meine Trauer verwandelt sich unfassbar schnell in Wut. Ich verspüre auf einmal den starken Drang etwas kaputt zu machen also stampfe ich in mein Zimmer und reiße das T-shirt was ich von ihm hatte aus meinem Koffer. Ich reiße es in so kleine Fetzen das es aussieht als hätte eine Maus daran geknabbert. Was war Nick für ein Arschloch? So schluss zu machen ist einfach nur feige. Ein Zettelchen im Koffer verstecken und dann auch noch meinen Namen falsch schreiben. Gut vielleicht wird mein Name etwas anders geschrieben aber wir waren 6 Monate zusammen. Waren zusammen. Der Gedanke lässt mich erneut losheulen. Und Mum hatte natürlich von Anfang an recht mit ihm. Das Vibrieren meines Handys lässt mich zusammen zucken. Ich greife danach und lese eine Nachricht von einer alten Klassenkameradin. Sie fragt ob ich schon Freunde gefunden habe und ob es mir gut geht. Ja na klar ich liebe mein Leben, wer will den nich mit dem größten Arschloch der Welt zusammen sein?! Ich habe plötzlich das Bedürfnis mit jemandem zu reden also skype ich Nina an.  "Düt düt düt"
"Hey Süße" , trällert sie glücklich.
"Hey, wie geht's?" , frage ich und unterdrücke ein Schluchzen. "Oh mir geht's super. Seid du weg bist läuft mein Leben perfekt. Stell dir vor, ich bin jetzt mit Mel Fuchs befreundet." Autsch! Meine beste Freundin hat gerade gesagt das es ihr ohne mich besser geht. Und Melanie Fuchs? Wirklich? Jeder weiß das sie so eine Art Schul-Hässchen ist. Jeder Junge der sie will bekommt sie auch, aber nur für eine Nacht. Nina und ich haben uns oft über sie lustig gemacht und jetzt ist sie stolz sich ihre Freundin nennen zu dürfen?
"Hey hör zu," ,sage ich leise und versuche ruhig zu klingen, " Nick hat mit mir Schluss gemacht."
Sie grinst.
"Oh endlich, länger hätte ich unsere Beziehung nicht geheim halten können. Er hat mir versprochen das er bald mit dir redet. Tut mir ja leid  Baby aber man kann ja nix für seine Gefühle." ,sie grinst noch immer und zuckt die Schultern. Ich starre sie perplex an. Während mein Kopf versucht diese neue Information zu verarbeiten klickt mein Daumen schon automatisch auf den roten Hörer. Ich sitze einfach nur da und empfinde nichts. Mein ganzer Körper fühlt sich unfassbar lehr an und ich sacke auf meiner Matratze in mich zusammen. Ich schließe die Augen und sofort schießen mir Erinnerungen  in den Kopf und mit ihnen auch dicke schwere Tränen

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StargazingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt