Kapitel 1

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Moon P.o.v

Ich stehe vor dem Spiegel und betrachte kritisch meine blasse Haut , die eingefallenen Wangen und die glanzlosen Augen . Wenn mich jemand fragen würde , was ich an mir am liebsten mag, ich würde Meine Augen antworten.

Sie sind ungewöhnlich und stechen auf meinem blassen Gesicht vor, denn mein eines Auge ist braun und das andere blau. Aber mit meinen Haaren will ich gar nicht erst anfangen, sie sind kraus und haben keine von den Farben die man sich im Friseursalon aussuchen würde. Ich verbringe einen Großteil meiner Zeit in der Natur oder in meinem Zimmer die Divise war also immer praktisch, nicht Modemagazin bereit.

Doch jetzt stehe ich zum ersten Mal in meinem Leben vor dem Spiegel und wünschte ich hätte Haare wie sie die Mädchen im Fernsehen haben, wellig glänzend und zu schönen Frisuren gestylt, nicht strubbelig und in einem Ton zwischen braun und blond, den mein Vater immer Straßenköterblond genannt hat.

Mein Vater.

An ihn zu denken löst ein flaues Gefühl in meinem Magen aus, und ich fühle mich plötzlich noch weniger bereit für meinen zweiten ersten Schultag meinem Leben.

Seit 5 Monaten lebe ich jetzt schon bei meiner Tante in Kanada, so lange habe ich es geschafft diesen Tag vor mir her zu schieben. Nicht das irgendjemand etwas dagegen gesagt hätte, aber obwohl ich kein Genie bin habe ich doch gemerkt wie mich alle, also eigentlich hauptsächlich meine Tante, dazu gedrängt haben mal wieder Kontakt zu jemand anderem als Cara zu haben.

Seit der Beerdigung meiner Eltern konnte ich es aber nicht ertragen mit irgendjemanden zu sprechen, ich habe Alpträume und ich weiß das es wichtig ist darüber zu reden, aber ich bin noch nicht bereit eine Antwort zu bekommen. Und eben das ist der Grund weshalb ich nur mit Cara Rede, sie kann mir nicht antworten, mir keine mitleidsvollen Blicke zuwerfen oder mir sagen das alles wieder gut wird.

Sie ist das einzige Gute ,und ja es gibt etwas positives , das ich mit aus Virginia mitnehmen konnte, meine weiße Stute, der letzte Rest meines alten Leben, der nicht einfach von einem Tag auf den anderen Verschwunden ist. Manchmal habe ich das Gefühl sie ist das einzige das mich noch einigermaßen am Leben hält.

Nein.

Ich schüttle kräftig meinen Kopf , so dass meine Haare mir um den Kopf wirbeln und vor meinen Augen vorbeipeitschen. Ich werde nicht wieder in Selbstmitleid versinken . Ich werde die neue Schule besuchen und ich werde meine Aufgaben machen und vielleicht sogar meinen Abschluss.

Aber ich bin noch nicht bereit zu reden, manchmal habe ich das Gefühl das ich es einfach verlernt habe, dass meine Stimmbänder vielleicht gar nicht mehr funktionieren, obwohl ich weiß das es Quatsch ist, ich habe es erst gestern probiert als ich mal wieder bei Cara in der Box saß und ihr von der neuen Schule erzählt habe während sie desinteressiert ihr Heu gefressen hat .

Langsam laufe ich die Treppe nach unten um zu Frühstücken. "Da bist ja Moon , ich dachte schon ich müsste dich nochmal wecken " sagt meine Tante und lacht über den eigenen Witz . Ich lächle sie an . Sie stellt mir demonstrativ einen großen Teller mit Pancakes vor die Nase. Ich sehe sie verzweifelt an .

Meine Tante ist der Meinung ich wäre zu dünn , und auch wenn sie gut kochen kann , so viel wie sie mir immer aufzwingen will esse ich nie . Sie verdreht nur die Auhen über meinen Gesichtsausdruck und verschwindet in der Küche .

Ich fange an mein Frühstück zu essen , als mein Blick auf die Uhr fällt seufze ich , nur noch 10 Minuten dann muss ich zur Bushaltestelle um meinen Bus nicht zu verpassen . Tante Ann folgt meinen Blick

"Mist ! Schon so spät, beeil dich .Dein Lunch steht auf dem Tisch. " Sie deutet in die ungefähre Richtung des Tische während ich wettergegerbten Finger in einer unglaublichen Geschwindigkeit das Geschirr einräumen das gerade in der Spülmaschine war.

Ich nicke und stopfe die braune Papiertüte in meine Tasche zusammen mit all den Büchern die letzte Woche mit der Post für mich gekommen sind. Meine Tasche wiegt so viel das ich das Gefühl habe bei ein bisschen Gegenwind sofort umzukippen wie ein gefällter Baum.

Mein Teller ist zwar erst halb leer aber ich habe sowieso keinen Hunger mehr , also hieve ich meine persönliche Schulbibliothek auf meinen Rücken und gehe in den Flur um mir meine Stiefel anzuziehen . Als ich in dickem Wintermantel und Wollmütze das Haus verlasse zögere ich kurz . "Du schaffst das schon" ruft mir Tante Ann, die Hände immer noch mit dem Geschirr beschäftigt, zu und ich nicke und trete hinaus in den Schnee .

Mein Weg zur Bushaltestelle führt an Cara's Weide vorbei und die große Stute läuft neben mir her , ich streichle ihren Hals und sie bläst mir ihren warmen Atem ins Gesicht. Ich lächle . Bis heute Nachmittag meine Süße . Sie schnaubt noch einmal und dann ist ihre Weide auch schon vorbei und ich laufe allein weiter.

Ich vermisse ihre Wärme sofort und fange an zu zittern, der Schnee macht mir eigentlich nicht allzu viel aus, aber meine Nerven liegen blank und der eisige Wind der mir von hinten in den Nacken bläst trägt seinen Teil zu meinem Unwohlsein bei.

GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt