Mein Kleid war nach der Bekanntschaft mit Luisa vorn vollständig mit Schokolade beschmiert. Aber an Verschmutzungen musste es sich ja inzwischen schon gewöhnt haben, nach dem Vorfall in der Limousine. Wirklich schade, dass keine Reporter im Schloss zugelassen waren. Heute hätte Mom ihre Schlagzeile in der Klatschpresse haben können!
Und wenn der Prinz mich so gesehen hätte, wäre ich nach dem Auftritt sicher auch nicht mehr in die engere Wahl gekommen. Verflixt, wieso musste er auch die Migräne-Nummer auffahren?
Die adelige Gesellschaft hatte sich inzwischen von ihrem Schock erholt. Ein Raunen ging durch die Menge. Die versnobten Möchtegern-Bräute tuschelten und kicherten, aber das war mir egal. Was sie über mich dachten, interessierte mich weniger als Fußpilz.
Als wir den Ausgang fast erreicht hatten, drehte sich Luisa, selbstbewusst wie sie war, in meinen Armen zu unseren Zuschauern um und rief ihnen über meine Schulter hinweg zu: "Wir sind noch bis Sonntag im Schloss!"
"Ja, verpasst unsere nächste Vorstellung nicht!", ergänzte Sophie und winkte.
Ich verdrehte die Augen. Mit meiner zauberhaften Familie war einem der große Auftritt aber auch wirklich IMMER garantiert!
Bevor Mom mich zum Zwillinge-Waschen einteilen konnte, schlich ich mich davon, denn ich wollte ja noch reiten gehen. In meinem Jeans-Outfit von heute Nachmittag schlüpfte ich aus dem Zimmer.
"Wohin willst du?" Mom hatte sich hinterlistigerweise von hinten an mich herangeschlichen.
"Ich, ähm ... wollte nur ...", stammelte ich, schlagfertig wie ich war. Mist, sie durfte nichts von meinem Treffen mit dem Stalljungen erfahren und schon gar nichts von unserem geplanten Ausritt. Seit mein Vater bei einem Reitunfall ums Leben gekommen war, hatte sie uns verboten zu reiten.
Jetzt wippte Mom auch noch ungeduldig mit dem Fuß.
"Wollte nur mal kurz raus", murmelte ich.
"Ah ja. Nur mal kurz raus, wie? Wie vorhin vor dem Nachmittags-Empfang? Als du plötzlich verschwunden warst und dann viel zu spät wieder aufgetaucht bist?"
Mist. Touché. "Mom, wirklich. Ich verspreche, ich bin pünktlich zum Ball wieder da!"
"Oh nein. Eine Stunde vorher wirst du wieder hier sein!"
"Das heißt, ich darf jetzt gehen?" Ungläubig riss ich die Augen auf.
Mom legte den Kopf schief und tippte sich dann ans Kinn. "Wenn du die Seidenhandschuhe zu deinem Kleid anziehst."
Oh Mann, das konnte nicht ihr Ernst sein! Ich hasste diese langen, weißen Handschuhe, die bis über die Ellenbogen gingen. Zusammen mit dem eisblauen Kleid, das Mom für mich gekauft hatte, sah ich damit wie Cinderella aus. Aber genau darauf hatte sie es ja abgesehen.
Wütend funkelte ich sie an. "Na gut", presste ich dann hervor. Damit blieben mir nur noch 90 Minuten, bis ich wieder hier sein musste.
Mom trat einen Schritt zur Seite, was ich zum Anlass nahm, ohne ein weiteres Wort loszuspurten.
Im Stall fand ich Alex lässig auf einem Strohballen sitzend vor.
"Hey!", begrüßte er mich.
"Hi."
Nach dieser einsilbigen Begrüßung sah er mich prüfend von der Seite an. "Sag mal weißt du etwas von einem zerschnittenen Elektrozaun?"
"Ja, allerdings." Ich reckte das Kinn, schließlich hatte ich nichts zu verbergen, sondern einem Pferd das Leben gerettet! "Olympia hatte sich darin verfangen und fast erwürgt! Ich musste ihn zerschneiden!"
Um Alex' Mundwinkel zuckte es. "Also bist du eine Heldin! Nicht schlecht."
Ich war mir nicht sicher, ob er das ironisch meinte. Aber ich hatte keine Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, denn Alex sprang jetzt vom Strohballen und landete direkt vor mir. Hui, dieser Mann hatte wirklich kein Problem mit körperlicher Nähe. Irgendwie musste ich ihn dafür einfach bewundern.
"Also du bist hier. Heißt das, du reitest mit mir aus?", fragte er.
"Meine Güte, wo hast du denn so clever kombinieren gelernt. Detektivschule, oder was?", spottete ich.
Er grinste.
Und da war es auch schon wieder: das Badboy-Grinsen. Mist. Komischerweise spürte ich im selben Moment einen Kloß im Hals. Vielleicht bekam ich ja eine Erkältung? Ja, das musste es sein. Schließlich war ich vorhin barfuß ...
"Ist das ein Ja?", unterbrach Alex meine Gedanken.
Mein Kloß im Hals und ich konnten darauf nur nicken.
Auf Alex' Gesicht zeichneten sich so etwas wie Überraschung und Freude gleichzeitig ab. Hatte er etwa geglaubt, ich würde einen Rückzieher machen?
"Also, welches Pferd bekomme ich?", wollte ich ohne Umschweife wissen.
"Mhm, ich glaube, Gilops Destiny würde zu dir passen."
"Wer?", fragte ich verwirrt.
Alex lachte. "Gilops Destiny. Wir nennen sie aber alle Klopsi."
Ich hob eine Augenbraue. "Wieder so ein schmeichelhafter Name, den du dir ausgedacht hast?"
"Gut erkannt", meinte Alex und ging voran, um mir mein Pferd zu zeigen.
Klopsi stand in der Box gegenüber von Olympia. Sie war ein strahlend schönes, braunes Pferd mit schwarzer Mähne und Schweif. Als ich vor ihre Box trat, musterte sie mich abfällig. Ich konnte auf den ersten Blick erkennen, dass das ein recht bockiges Pferd war.
"So. Passt also gut zu mir, ja?", murmelte ich.
Doch Alex hatte mich nicht gehört. Er brachte mir gerade das Putzzeug.
Gemeinsam führten wir Klopsi und Playboy nach draußen an den Anbinde-Platz, um die Pferde zu striegeln.
Nach 15 Minuten waren wir fertig und saßen im Sattel.
"Wohin?", fragte ich.
"An den See. Wohin sonst?", meinte Alex. "Hoffentlich reitest du besser, als du aussiehst", fügte er nach einem Zwinkern hinzu.
Hallo? Ich hörte ja wohl schon wieder nicht richtig! "Hoffentlich nimmst du das sofort zurück, wenn du nicht meine Gerte am Hinterkopf spüren willst!" Ich drohte ihm mit der Dressurgerte, die er mir gegeben hatte.
"Das war nur Spaß!", beteuerte er, während er abwehrend beide Hände hob.
Probeweise ließ ich trotzdem meine Gerte in seine Richtung schnellen. Doch er zog im richtigen Moment den Kopf ein, bevor er sich wieder aufrichtete und mir einen empörten Blick zuwarf.
Ich schürzte die Lippen. "Was? Das war auch nur Spaß!"
"Ja sicher", murmelte er mehr zu sich selbst. "Wie Klopsi. Sie ist ganz genau wie Klopsi..."
DU LIEST GERADE
Queen on Heels XXL Leseprobe zum Buch
HumorDieses eBook erscheint am 9.10.2015 bei Forever Ullstein. ~ Mariella, Baroness von Württemberg helfen plötzlich all ihre sarkastischen Witze nichts mehr, als ihre Mutter sie ungefragterweise mit dem Kronprinzen von Preußen verkuppeln will. Allerding...