Kapitel III
„Sam", bekam er in sein Ohr geflüstert. „Sam, wach auf!"
Eine Haarsträhne kitzelte ihn im Nacken.
„Was?", murmelte er.
„Wach auf!", fauchte die Stimme. „Los, jetzt!"
„Wie viel Uhr ist es?", war das erste, was er fragte.
„Ist egal. Mach hin!"
„Mia...?"
Er hörte sie förmlich mit den Augen rollen. „Wer denn sonst? Hier hast du was Ordentliches zum Anziehen."
Er setzte sich auf, kratzte sich an der Nase, kniff die Augen zusammen und fuhr sich durch die Haare.
„Hast du zu viel Sonne abbekommen? Was soll das hier?"
„Ich muss hier weg. Zieh dich an, du kommst mit."
„Mitten in der Nacht? Kann das nicht warten, wenigstens bis morgen?"
„Wenn es bis morgen warten könnte, würde ich auch bis morgen warten. Zieh dich jetzt an. Du solltest dir angewöhnen, mit Oberteil zu schlafen."
Kaum hatte sie das gesagt, war er komplett wach. Sie hatte ihm ein Kompliment gemacht. War es überhaupt ein Kompliment gewesen? Egal, er würde es als eines werten.
Sie sah ihn erwartungsvoll an und hielt ihm eine Hose und ein T-shirt hin.
„Oh, ja. Natürlich", sagte er verwirrt.
„Wurde auch Zeit. In einer halben Stunde komme ich mit Klamotten, einem Zelt und einer Decke wieder. Pack du in der Zeit alles was dir einfällt zusammen. Aber denk daran, dass wir laufen werden", kaum hatte sie das gesagt, drehte sie sich um.
„Stopp! Mia, was zum Teufel hast du vor? Hast du an deine Geschwister gedacht? An deine Eltern? An Ada, Lynn, alle die du zurücklässt? Denn für mich hört es sich nicht an, als würdest du nur eine Nacht weg bleiben wollen. Wie stellst du dir das vor?"
Zögernd drehte Mia sich um.
„Ich...", eine Träne rannte ihr über die Wange. „Du bist so ein guter Mensch. Du denkst nie an dich, an die Leute, die du zurück lässt. Und du verdienst, zu wissen, warum. Aber bitte. Hinterfrage es nicht. Nicht jetzt, irgendwann. Morgen, nächste Woche, irgendwann, aber nicht jetzt. Bitte", flehte sie.
„Mia... Du weißt, dass ich mit dir gehen werde. Warum sagst du es mir nicht? Warum willst du mitten in der Nacht plötzlich hier weg?"
„Ich... Meine Eltern... Sie haben sich mit Namen angeredet. Du kennst sie doch. Das tun sie nie. Niemals", während sie das sagte, blickte sie zu Boden, als wäre es ihr peinlich. „Und dann noch das mit meiner Mutter. Sie...", ihre Stimme stockte. „Sam, bitte. Pack einfach deine Sachen, ich komme in einer halben Stunde."
Wie in Trance wandte sie sich wieder um und verschwand durch die Tür. Perplex starrte Sam ihr nach. Was zur Hölle hatte dieses Mädchen sich nun wieder in den Kopf gesetzt?
Seufzend stand er vom Bett auf, nahm sich die grüne Hose und das sandfarbene Oberteil, welches Mia auf die Decke gelegt hatte, und ging zum Schrank. An Unterwäsche hatte sie nicht gedacht. Er würde garantiert nicht um diese Uhrzeit benutzte Unterwäsche unter einer frischen Hose tragen!
Mit den Klamotten auf dem Arm ging er in das Badezimmer, welches er sich mit seinen Geschwistern teilte.
Möglichst leise kramte Sam alles Mögliche aus dem Hängeschrank heraus, von Medizin über Zahncreme bis hin zu einer Salbe, die einem die Gelehrten auf jedem der seltenen Feste aufdrängten. Angeblich habe sie heilende Kräfte, auch wenn er überzeugt war, dass die Gelehrten jede der wenigen Gelegenheiten nutzten, um selbst etwas Spaß zu haben und die Leute an der Nase herum führten.
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Fantasy„Sam", bekam er in sein Ohr geflüstert. „Sam, wach auf!" Eine Haarsträhne kitzelte ihn im Nacken. „Was?", murmelte er. „Wach auf!", fauchte die Stimme. „Los, jetzt!" „Wie viel Uhr ist es?", war das erste, was er fragte. „Ist egal. Mach hin!" „Mia...