Über Nüsse und Annäherungsversuche

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Es war also der Tag gekommen, an dem Mohamed endlich kam, um um Amiras Hand anzuhalten. Allein der Gedanke ließ mich mega emotional werden. Natürlich freute ich mich für Amira, aber ich wusste auch, dass ich sie dann bald nicht mehr so oft sehe, wenn ich den Urlaub hier verbringe. Mit wem sitze ich dann stundenlang auf dem Dach herum und quatschte über das Leben und vor allem über Typen? Mit wem sollte ich in Zukunft stundenlang shoppen gehen, ohne dass uns die Füße weh tun? Mit wem nachts Gruselgeschichten erzählen, bis man sich nicht mal mehr alleine aufs Klo traut? Der Gedanke, dass ich sie bald nicht nur mit Mohamed teilen musste, sondern dass er sie auch noch zu 99% für sich hatte und ich sie vielleicht 1-2 Mal im Jahr sehe. Als hätte er eine ganze Amira und ich hätte nur einen Finger von ihr, wenn überhaupt. Siham unterbrach mein Grübeln, als sie ins Zimmer stürzte und mir zwei verschiedene Paar Schuhe vor die Nase hielt.

Siham: WELCHE?

Ich zuckte mit dem Schulter, egal was ich sagen würde, die Antwort ist sowieso falsch, weil Siham immer das möchte, was der Rest der Welt nicht will.

Siham: Wenn ich die hier nehme, kann ich nicht die goldene Tasche dazu nehmen, aber die goldene Tasche passt so gut zu meiner Kleid. Und diese Schuhe bringen mich schon nach 5 Minute um, außerdem passen sie besser zu dem Kleid, also ich weiß nicht, vielleicht doch ein anderes Kleid? Nein, ich habs, ich nehm diese Schuhe, das rote Kleid und die Tasche. Daaanke Salma, du bist die beste!

Salma: Bitte, auf meinen Rat kannst du immer zählen. lachte ich

Siham: Ja was ist los? Machst du dich nicht fertig?

Salma: Hat doch noch Zeit, wir gehen erst in zwei Stunden los.

Siham: Nein, wir gehen SCHON in zwei Stunden los. Los jetzt.

Salma: Ich muss niemanden beeindrucken, Siham. Ich trenn mich heute nur von meiner Jogginghose, um Amira nicht zu blamieren. Und jetzt beeil dich... du hast nur noch eine Stunde und 59 Minute

Ihr Stichwort, sie rannte wieder mit halbgeschminktem Gesicht ins Bad und ich war wieder auf mich allein gestellt. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was ich anziehen sollte. Ich hatte nichts zwischen Alltagslook und mit Strasssteinen besetztes Kleid. Und, bis auf Siham, will man ja eigentlich nicht auffälliger als die "Braut" gekleidet sein. Ich entschied mich also für ein schlichtes schwarzes Kleid mit Spitze an den Ärmeln. Kurze Zeit darauf, ich war mal wieder in Gedanken, saßen wir auch schon im Auto und fuhren zu Amiras Elternhaus. Dank Siham, die natürlich länger gebraucht hat, waren wir nicht die ersten. Einige waren schon da, ich sah auch Mohamed, der sich gerade mit Amiras Vater unterhielt. Die Frauen setzten sich in ein anderes Wohnzimmer und dann wurde Tee serviert. Es war so komisch, Amira wollte total erwachsen und seriös vor ihrer Schwiegermutter wirken, was dazu führte, dass wir uns wenig unterhielten. Ich bin halt leider weder erwachsen noch seriös, aber ihre quasi Schwiegermutter war so süß. Ich verstand mich auch gut mit ihr und prompt kamen die ersten Anspielungen, dass sie ja noch einen unverheirateten Sohn hätte, Mohameds jüngerer Bruder.

Mama: Ach, sie ist doch noch jung. In Deutschland heiraten die Mädels nicht so früh.

Mohameds Mutter: Wie alt ist sie denn?

Salma: Ich bin erst 18.

Mohameds Mutter: Amira ist doch auch 18. Oder gehst du noch zur Schule? Ahh, sie geht bestimmt noch zur Schule...jaja dann mach deine Schule fertig, liebes.

Salma: Nein, ich studiere jetzt bald.

Und schon kamen diese komischen Blicke und das Getuschel "Studieren?!", "Warum?". Naja das war ja mal typisch, wieso studieren, eine marokkanische Frau ist dazu determiniert, mit 18 zu heiraten, spätestens, und den Rest ihres Lebens hinter dem Herd zu verbringen. Ich konnte von Glück reden, dass meine Familie nicht so dachte. Nach dem Tee musste ich mir erstmal die Füße vertreten bzw. aus diesem Raum raus, der mich sowieso schon als Emanze abgestempelt hat. Ich ging in die Küche und wollte meiner Tante ein bisschen mit dem Essen helfen. Sie hatte eigentlich schon fast alles vorbereitet, sodass eigentlich nur noch die Kleinigkeiten wie anrichten usw gemacht werden mussten. Also schlug ich ihr vor, das zu übernehmen, damit sie sich um ihre Gäste kümmern konnte. Hicham schien mir gefolgt zu sein, denn sobald meine Tante die Küche verlassen hatte, stand er plötzlich hinter mir.

Sommer à la HichamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt