Kapitel 23

100 6 0
                                    

Kleinlaut blickte ich auf den Boden und drehte mich langsam zu ihm um.

„Was ist, willst du nicht reingehen?", fragte mich Fynn teils belustigt, teils genervt. Leicht beschämt blickte ich vom Boden auf und verfing mich sogleich mit meinem Blick direkt in seinen wunderschönen, wie immer nichts aussagenden, braunen Augen. Unfähig einen vollständigen Satz hervorzubringen, stammelte ich nur:„ Ich.. Ahm..Ich habe...ehh meinen Schlüssel vergessen."

Sichtlich amüsiert zuckte er mit den Schultern. „Und nun? Klingel doch"

Verwirrt sah ich ihn an. „Alec ist nicht da, der ist bei nem Kumpel"

Nun war er es, der verwirrt schaute: „Deine Eltern?"

Das er dieses Thema ansprach hätte ich nie gedacht. Nein, ich hatte gehofft, dass diese Frage nie kommen würde, egal ob von ihm, den Mitschülern oder aber den Nachbarn. Was sollte ich ich denn Antworten? Sollte ich die Wahrheit erzählen oder ihm die gleichen Lügen erzählen wie all den anderen? Ich wusste es nicht. Bisher hatte es immer ganz gut geklappt die „Eltern-Frage" zu umgehen, doch jetzt musste ich etwas antworten.

Fynn schien wohl auch gemerkt zu haben, dass ich nicht so ganz wusste was ich sagen sollte, vielleicht ist ihm aber auch die leere in meinen Augen aufgefallen, die immer zum Vorschein Trat wenn dieses Thema angesprochen wurde, denn er stupste mich vorsichtig an, was mich wiederum aus meiner krampfhaften Starre löste.

„Meine Mutter ist momentan bei einer Freundin in München und mein Vater ist äh auf Geschäftsreise in den USA", spulte ich die Lügen wie gewohnt ab und schaute ihm unschuldig in die Augen. Ich wusste nicht wieso, aber irgendwie bereute ich es ihn angelogen zu haben, doch es ist für mich viel zu schmerzhaft über die Wahrheit zu sprechen. Außerdem geben sich die Leute mit dieser Antwort immer zufrieden. Sie merkten zwar, dass etwas nicht stimmt, haken aber dennoch nicht nach.

Während ich sprach verhärtete sich seine Miene, von Wort zu Wort immer ein Stückchen mehr.

„Verarsch mich nicht Faith", entgegnete er kalt, „ich hasse es wenn man mich anlügt!" Das letzte Wort schrie er mir regelrecht ins Gesicht. Eingeschüchtert wich ich einen Schritt zurück, jedoch ohne ihn aus den Augen zu lassen.

„ Ich lasse mich nicht anlügen, nicht von meinen Freunden, nicht von meiner Mutter und schon gar nicht von dir" Seine Worte waren laut und aggressiv. Langsam bekam ich echt Angst, weshalb ich erneut einen Schritt zurück wich und sogleich die kalte Hauswand an meinem Rücken Spürte.

„Würde er mich gleich schlagen?", schoss es mir immer und immer wieder durch den Kopf.

Doch meine Sorge blieb unbegründet, denn er drehte sich einfach um und ging. Ließ mich einfach zurück, alleine und ausgesperrt in der Kälte. Ohne darüber nachzudenken was ich tat, lief ich ihm zwei Schritte hinterher, blieb stehen und rief schließlich: "sie ist tot"


Bring das Eis zum schmelzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt