Kapitel 26

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"Wie dämlich kann man eigentlich sein, Faith du bist so dumm"

Ich kochte innerlich über meine eigene Dummheit. Ich meine es ist doch klar, dass der Schlüssel über Nacht keine Beine bekommen hat und einfach nach draußen spaziert ist um mich die Tür öffnen zu lassen. Genervt schlug ich mir die Hand gegen die Stirn und seufzte. Wegen den ganzen Ereignissen, sprich das erwachen in Fynns Haus und die Motorradfahrt, hatte ich das Kernproblem vergessen.
Wütend über mich selbst steuerte ich auf die weiße Marmorbank vor unserem Haus zu und ließ mich dort fallen.
Mir blieb wohl nichts anderes übrig als auf Alec zu warten.

Die Morgendämmerung war längst übers Land gezogen und die ersten Sonnenstrahlen schienen sachte auf mich herab. Ich streckte meine Beine in die Sonne, schloss meine Augen und genoss die Wärme bis ich das surren eines Wagens hörte. Nein, ich hörte das surren unseres Wagens. Sofort schlug ich die Augen auf und setzte mich Grade hin. Ich konnte beobachten wie Alec sein Auto in der Garage parkte, ausstieg und zu mir rüber schlenderte.

"Guten Morgen Schwesterherz, schon so früh wach?", kam es neckisch meinem großen Bruder.

Ehrlich, ich war noch nie so froh ihn zu sehen. Voller Freude stand ich auf, stürmte, so gut es auf meinen Krücken eben die ging, auf ihn zu und sprang ihm in die Arme.
"Alec, endlich bist du hier"
Verwirrt erwiderte er meine Umarmung.
"Faith ist alles okay bei dir?", teils besorgt, teils belustigt musterte er mich.
"Klar, alles super, ich freue mich nur dich zu sehen"
Ihm entfuhr ein kleines Lachen.
"Ich war nicht mal einen Tag weg Liebes, sonst liebst du es doch das Haus für dich alleine zu haben"

Das stimmte, immer wenn ich alleine war drehte ich meine Musikboxen auf volle Lautstärke und spang singend und tanzend durchs Haus, ging stundenlang Baden oder lud meine besten Freunde zu einer Pyjamaparty ein. Nur, dass ich es dieses Mal geschafft hatte mich auszusperren und mich im Wald zu verlaufen, aber das sollte Alec lieber nicht erfahren.

Ich nickte, seufzte und trat nach Alec in unsere große Eingangshalle.
Meine Sneakers stellte ich in das große Schuhregal, welches die Wand zierte, und wollte grade meine Jacke an die Garderobe hängen als mir auffiel, dass ich anstatt einer Jacke immernoch den Pullover von Fynn trug. Leicht verlegen schlich ich mich an meinem Bruder vorbei und humpelte die große Wendeltreppe hinauf. Langsam ging ich den Flur entlang, öffnete meine Zimmertür und warf mich auf mein geliebtes Bett.

Ich suchte in meiner Hosentasche nach meinem Handy um es endlich anzuschließen und laden zu können, aber Pustekuchen, ich tastete und tastete konnte jedoch nur ein Kaugummi und eine Münze ausfindig machen.
Panisch setze ich mich auf. Ich tastete die großen Taschen von Fynns Hoodie ab, wurde dort jedoch auch nicht fündig. Nur um sicher zu gehen schaute ich nach ob ich es mir, wie ich es öfter tat, in den BH gesteckt hatte, aber natürlich war es dort auch nicht, wäre auch zu schön und einfach gewesen.

"Faith, du bist so dumm!"
Zum zweiten Mal heute hätte ich mich selbst ohrfeigen können. Wie schaffte ich es nur ständig Alles zu verlieren oder zu vergessen. Erst den Schlüssel und jetzt auch noch mein über alles geliebte Handy? Mit einem lauten Seufzer ließ ich mich wieder nach hinten in meine weichen Kissen fallen.

Wo hatte ich mein Handy denn zuletzt gesehen?- im Wald als ich verzweifelt nach Netz gesucht hatte und das scheißteil einfach ausgegangen ist.
Wo hatte ich es danach hingegangen?- in meine Hosentasche.
War es dort?- Nein, natürlich nicht.
Also hatte ich es entweder im Wald verloren oder bei Fynn liegen gelassen.
"Klasse Leistung Faith, toll gemacht"

Sobald Alec das Haus verlassen sollte um zur Schule zu fahren, würde ich es im Wald suchen gehen. Doch was sollte ich tun wenn ich es nicht dort finde?
"Ja, Faith, was sollst du dann tun?"

Um einen klaren Gedanken fassen zu können tapste ich ins Badezimmer und stelle mich unter die kalte Dusche.

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Als ich hörte wie die Haustür ins Schloss viel, stand ich fünf Minuten später in einer schwarzen röhrenjeans, einem schwarzen Hoodie und meinen schwarzen Reeboks im Hausflur.
Ich schloss die Tür hinter mir ab und steckte mir den Schlüssel in den BH.

Mit meinen Krücken im Schlepptau suchte ich den ganzen Wald gefühlte zwanzig mal nach meinem Handy ein und konnte es, wie sollte es anders auch sein, nicht finden.

Nach langem hin und her entschied ich mich Fynn nach der Schule abzufangen und ihn zu fragen ob er eine Ahnung hat wo mein verdammtes Handy ist.

Bring das Eis zum schmelzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt