Er gähnte. Nichts Ungewöhnliches für ihn, den Gott der Träume und des
Schlafes. Sein Name und seine Berufung waren sozusagen Teil seiner
Persönlichkeit, wie es bei den meisten Göttern im Konzil der Fall war. Die
goldene Wolke, die sein Thron war, schwebte unstet ein wenig hin und her, als
wolle sie ihn in den Schlaf wiegen, obgleich der Gott selbst kaum schlief,
anders als man vermuten mochte.
Mit Interesse hatte er die heutige Unterhaltung mit Zeus verfolgt. Niemals
hätte er erwartet, dass einmal beschlossen würde, die Menschheit
auszulöschen, sie doch aufzugeben, nachdem sie einst solche Mühen und auch
Verluste auf sich genommen hatten, um die Titanen in ihren Käfig, den Tartaros
zu sperren, eben damit diese Sterblichen erblühen konnten, deren Untergang sie
nun beschlossen.
Doch keiner stand auf und widersprach Zeus, lediglich Aphrodite war der
Besprechung fern, und so blieb Zeus' Beschluss. Nicht einmal Hera ergriff das
Wort gegen ihren Gatten, die doch die Treue verkörperte. Nicht einmal Apollon,
der Gott der Künste erhob die Stimme, immerhin endete damit auch die Kunst, zu
der er die Sterblichen angehalten hatte, zu der seine Musen sie inspiriert
hatten. Ja nicht einmal die starke und mutige Athene sagte ein Wort, obgleich
sie doch die Weisheit verkörperte. Einen Moment lang sah es aus, als wollte sie
gegen ihren Vater sprechen, doch dann blieb sie stumm. Obgleich sie alle durch
die Sterblichen auch Verluste erlitten hatten, sehen mussten, wie die Menschen
ihre Gebote missachteten, so hätte Hypnos doch erwartet, dass es zumindest
einen Fürsprecher für sie gäbe. Zwar sah man gerade Apollon und Athene an,
dass sie gerne etwas gesagt hätten, doch tatsächlich blieb die Halle still wie
nur selten.
Ihn selbst kümmerte es nicht, ob die Menschen stürben, verschwänden und dem
Chaos Platz machten. Seine Träume wussten sie ohnehin nie zu würdigen, gleich
wie wichtig die Botschaften waren, die er ihnen darin sandte.
Wieder gähnte der Gott von drahtiger Gestalt mit langem, schneeweißem Haar,
das stets in Bewegung zu sein schien. Er war in seiner Erscheinung schon beinahe
androgyn und gleiches galt für seine Diener, die ihm nun den Weg zu Persephone
wiesen, deren Korruption der erste Schritt sein sollte.
Zeus' Plan war einfach. Hades öffnete den Tartaros aus Frust und Leid, wenn er
erkannte, dass er und seine ach-so-geliebte Persephone nicht mehr zusammen sein
konnten. Die Titanen erledigten dann den Rest und sie, die Götter konnten sich
zurückziehen in die Weiten des Universums. Es gab noch andere Welten, andere
Sterne, die ihren Segen ersehnten. Sie waren auf die Erde kaum angewiesen. Dass
Hades bei diesem Plan höchstwahrscheinlich sterben würde und Persephone
ebenfalls, das war nur ein kleines Übel – und im Falle von Hades eines, das
Zeus sicherlich nur zu gerne einging, immerhin hasste er seinen Bruder.
Sacht lockte er mit einem Flüstern die schöne Göttin in ihren Traum, doch
die Ranken vermochten sie nicht auf dem Thron zu halten, den er für sie
ersonnen hatte. Selbst des Totenreichs Schatten hatte er über diesen Traum
gelegt, obgleich es ihn viel Mühe kostete, denn nichts ließ einen
Unsterblichen mehr zittern, als die Sterblichkeit und die damit drohende
Finsternis des Hades, der kalten Unterwelt, voller Leid und Schmerz, voller
Trauer und endloser Qualen. Doch die einstige Göttin hatte den Traum
abgeschüttelt und war erwacht – sehr zu seinem Ärger. Siegen würde er
jedoch trotzdem, da war er sich sicher, denn Sterbliche benötigten nun einmal
Schlaf. Seine Chance käme.
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Persephone und Hades
Historical FictionEine Liebe, die nicht sein sollte und deswegen verflucht wurde von der Mutter der Liebenden. So heißt es in der Legende, die sich um die beiden Liebenden Persephone und Hades legte. Doch nun nach ewigen Trennungen und Sehnsüchten, versuchen die beid...