Kapitel 1

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Es war die Hölle, zu viele Menschen, in viel zu kleine Räume gedrängt. Und das alles nur zu einem einzigen Zweck: Um die perfekte Schule für ihre Kinder zu finden. Alle versuchten möglichst viel von allem zu sehen. Überall warfen sich die Leute hastig gemurmelte Entschuldigungen entgegen, wenn sie sich mal wieder ziemlich dreist an jemanden vorbeigeschoben hatten und dieser dabei versehentlich einen Ellbogen in die Magengegend bekam.

Gott, wie ich diese Veranstaltungen zum Kotzen fand! Zum Glück war ich hinter dem mit Biologie-Präparaten behängtem Stand einigermaßen sicher. Nur leider wurde mir der Ober – Macho der Schule zu geteilt. Sein Verhalten, seine finanziellen Verhältnisse und sein Aussehen - die dichten wuscheligen hellbraunen Haaren, dem Dreitagebart und dem durchtrainierten Körper - erfüllten das Klischee dieser Typen geradezu himmlisch. Zugegeben, er war tatsächlich ganz gut in Bio, aber ... einfach nein! Besagte Person drehte sich just in diesem Moment um und grinste mich breit an:

„Wie lange willst du die Erlenmeyerkolben denn noch abwaschen? Die Kinder wollen endlich weiterarbeiten!"

Mein Blick wanderte zu meinen Händen, die noch immer tief in der Seifenlauge steckten und systematisch die Kolben wuschen und das bereits seit zehn Minuten. Vollkommen entnervt drehte ich mich um und sagte schnippisch:

„Wenn ich dir nicht schnell genug bin, dann mach es das nächste Mal doch selbst!"

„Auf keinen Fall! Wir haben doch abgemacht, dass ich mich um die Leute kümmere und du den Frauenjob im Hintergrund machst!"

Ich schnappte lautstark nach Luft und warf das Handtuch, mit dem ich gerade meine Hände abgetrocknet hatte, nach ihm.

„Tickst du noch richtig? Bist du irgendwie im 19. Jahrhundert stecken geblieben? Und ich dachte immer wir befinden uns im 21. Jahrhundert!"

Er fing das Handtuch auf, bevor es ihn im Gesicht treffen konnte und erwiderte mit einem sarkastischen Unterton:

„Tja tut mir ja wirklich Leid, aber ich bin schließlich Klassenbester und somit dir übergeordnet, also tust du jetzt gefälligst das, was ich dir aufgetragen habe."

„Bei dir hackt's ja wohl! Du hast exakt den gleichen Notenschnitt wie ich!"

„Ja, aber so wie du die Erlenmeyerkolben abwäschst hast du es bei Weitem nicht verdient!" Mir blieb eine Erwiderung im Hals stecken. Wie konnte man denn bitte nur so drauf sein?!

„Ganz ehrlich, Toco Tecilices!", sagte ich nur und machte auf dem Absatz kehrt und fiel prompt gegen Marius.

„Wenn ich gewusst hätte, dass man hier so stürmisch begrüßt wird, dann wäre ich schon viel früher hergekommen, um Reagenzgläser zu holen.", sagte Marius, während ich noch immer in seinen Armen lag. Solche Sprüche waren eigentlich nicht Marius Kragenweite, weswegen ich etwas verdattert war. Aber auch als ich mich umdrehte, hatte Toco noch immer diesen unausstehlichen Ausdruck im Gesicht.

„Sorry.", murmelte ich als ich mich befreite und aufrecht neben Marius stellte. Ich beobachtete, wie Toco sich umdrehte und begann in einer der Kisten zu wühlen.

„Hier hast du zehn Gläser. Reicht das fürs Erste?" Er übergab sie Marius und setzte ein süffisantes Lächeln auf. Schleimbolzen

„Wie läuft es denn in der Chemie? Ich vermute mal, dort stimmt sie?", fragte Toco und ich war kurz davor zu schrein: „Füße hoch! Der kommt flach!" Verkniff es mir aber, da mir auffiel, dass er während er sprach seine Augen die ganze Zeit auf mich gerichtet hatte - nicht auf Marius. Ich erwiderte den Blick und sah von der Seite, wie Marius zwischen uns hin und her guckte. Schließlich war unser Blickduell noch nicht beendet, da war Marius schon fast weg..

Nausa - Erwacht unter der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt