Toco Tecilices
Es war die letzte Schulwoche vor den Winterferien. Als ich mich vor über eine Woche mit Leona getroffen hatte, war mir danach ganz flau im Magen. Ich wusste nicht, was da mit mir passierte. Ich war schon mehr als einmal in irgendein Mädchen verliebt. Aber das, war definitiv was anderes. Das Schlimmste an der Situation war, dass mir bewusst war, dass Leona nicht so empfand. Ich meine, sie hat mich gehasst! Okay, ich war auch nicht gerade freundlich und habe mich von meiner besten Seite gezeigt, aber ich weiß nicht, was das bei uns beiden ausgelöst hat. So ein wenig fühlte ich mich Schizophren mäßig. Die eine Seite meines Denkens, beschäftigte sich nur mit Leona. Die andere aber damit, was mit mir los war. Ich meine. Ich war Toco Tecilices. Musste man etwa noch mehr sagen?!
Ich dachte an das Brüderschaftstrinken. Bei mir war es genetisch veranlagt, dass ich von Apfelprodukten etwas komisch wurde und dann der apfelige Alkohol, der löste diesen total Ausfall bei mir aus. Ich konnte mich dafür in Grund und Boden schämen.
Es war Montagmorgen und ich hatte Deutsch mit Marie. Marie konnte reden wie ein Wasserfall. Ich möchte sie, ganz klar, aber seit letzter Woche kam ich mir wie in einer Talkshow vor. Auf dem Flur sah ich die beiden Mädchen schon, wie sie miteinander redeten, aber sie nahmen mich nicht wahr. So beschloss ich, zu ihnen zu stoßen.
„Guten Morgen.", sagte ich und stellte mich einfach dazu.
„Hey Toco.", sagte Marie mit einem vielsagenden Seitenblick zu Leona.
Ein grummeliges „Morgen." war das Einzige, was von Leona kam.
„Also Toco. Was sind denn so deine Pläne für die Winterferien? Anton und ich sind Skifahren. Leona ist hier."
„Ich habe eigentlich auch noch keine festen Pläne."
„Ohh sehr gut, dann hat Leo ja wenigsten jemanden, dann ist sie ja nicht ganz alleine." Marie setzte ein begeistertes Lächeln auf, was einen völligen Gegensatz zu Leonas Grimasse bildete.
„Ähh Hallo Marie. Ich bin auch noch hier.", erinnerte sie Marie. Gerade wollte Marie etwas erwidern, da klingelte es auch schon zur Stunde. Wir verabschiedeten uns von Leona und machten uns gemeinsam auf den Weg zum Unterricht.
Der Deutschunterricht war so langweilig, dass ich hätte einschlafen können. Aber ich hatte meinen persönlichen Wecker neben mir.
„Na, wovon träumst du?", konnte ich jedes mal eine hohe Stimme vernehmen, wenn ich kurz vor dem Einnicken war.
„Man nennt es interaktives Nachdenken über den Tod Emilia Galottis. Nicht träumen." war eine der Antworten, die ich Marie dann auftischte. Endlich klingelte es und ich stand sofort auf und packte meine Sachen. Gemeinsam mit Marie machte ich mich dann auf den Weg in die Mensa. Als wir an unserem Stammtisch ankamen, war Leona schon da und unterhielt sich gerade mit Henry. Henry war einer unserer Mitschüler, der schon lange ein Auge auf Leona geworfen hatte, obwohl bei ihm selber die Mädchen Schlange standen. Natürlich nicht so viele, wie bei mir...das brauchte ich für mein Ego. Mich beruhigte, dass Leona das nicht zu bemerken schien. Grimmig setzte ich mich auf einen Stuhl genau gegenüber von Leona.
Ich holte meine Wasserflasche aus der Tasche und begann sie aufzudrehen, was mir erst nach einiger Zeit gelang. Gerade kamen Marius und Anton an unseren Tisch.
„Wollen wir uns dann nicht mal treffen?", fragte Henry Leona. Ich stutzte. Das kann ich nicht zulassen!, dachte ich nur aus völlig unerfindlichen Gründen, als meine Flasche schon umzufallen begann. Sie landete direkt auf Henrys Schoß. Was für ein Zufall aber auch!
„Was soll das denn?" Wütend blickte mir Henry in die Augen. „Wenn du ein Date mit ihr haben willst, frag sie doch einfach selber!" An seinem Shirt und an der Hose zuppelnd stand er auf und machte kehrt. Marie und Anton mussten sich das Lachen verkneifen. Leonas Reaktion war aber völlig anders. Sie war stinksauer.
„Tickst du noch richtig?! Ich habe gerade begonnen dich zu mögen. Aber wie gut, dass daraus nichts mehr wird.", schrie sie schon fast, aber in einer angemessenen Lautstärke.
„Ach der gehört doch eh zu den Null-acht-fünfzehn – Hotties.", verteidigte ich mich.
„Ach! Warte! Ich schmelze gleich im Angesicht deiner Perfektion dahin."Leona stand auf, nahm ihre Sachen und ging. Ich biss mir nur auf die Unterlippe. Ich hatte es vermasselt, aber ich konnte doch auch nicht zulassen, dass dieser Schleimer sie rum bekam. Im Grunde konnte man es als Maßnahme zu Leonas Schutz auslegen. Es war schließlich Henry und der wollte einfach nur eine beliebte Freundin haben, um von seinem fehlenden Talent in jeder Weise abzulenken.
Ich musste an unser Abendessen denken und daran, wie ich sie schon da angelogen hatte. Ich kam von weiter weg als sie es sich vorstellen konnte. Aber ich sprach Deutsch. Meine Familie war Deutsch. Es war eher die Lebensart der Menschen, die ich bis ich sechs war noch nicht verstanden hatte.
Den restlichen Schultag sah ich sie nicht mehr. Wahrscheinlich ging sie mir aus dem Weg.
Als ich mein Haus betrat, umkreiste mich mein schwarzer Labrador.
„Na Graupe? Wollen wir raus gehen?", fragte ich und streichelte den Hund. Ich brauchte jetzt dringend was zum Abreagieren. Also stellte ich meine Tasche ab und ging hoch. Schnell wechselte ich meine Klamotten. Wieder unten trat ich in meine Laufschuhe und schnappte mir Graupes Leine. Damit ich keinen Schlüssel mitnehmen musste ging ich aus der Terrassentür.
Ich nahm meinem obligatorischen Weg. Zuerst landete ich am Strand bis ich meinem Weg auf dem Holzbohlenweg folgte. Nach einer guten halbe Stunde drehte ich um. Graupe hechelte neben mir her, aber ich wusste, dass sie schon viel größere und schnellere Runden überlebt hatte. Gerade waren wir wieder auf dem Sand gelandet, da sah ich ein Mädchen mit einem Hund, das dort lang schlenderte. Ich hielt auf sie zu, jedoch als sie mich entdeckten, machten sie kehrt. Schnell beschleunigte ich, was jedoch nicht so einfach war, da ich bereits ziemlich k.o. war. Graupe jedoch zog mich förmlich, was eigentlich ungewöhnlich war. Fast hatte ich es geschafft.
„Leona, Jetzt warte doch!", rief ich ihr hinterher. Ich griff nach ihrer Schulter.
„Was ist?!", fragte sie, während sie sich umdrehte.
„Lass es mich erklären. Ich weiß nicht, was das vorhin war. Es ist einfach so passiert. Ich konnte nichts machen." Ich nahm meine Hand wieder von ihrer Schulter und sah sie flehentlich an. Innerlich fühlte ich mich leer. Der Schalter der von dem Toco Tecilices zum sentimentalen Weichei – wie ich es in dieser Situation noch empfand.
„Du konntest nichts machen?! Dein Ernst?! Er hat mich nur gefragt, ob wir uns mal treffen wollen! Außerdem geht dich das absolut nichts an, mit wem ich mich treffe und mit wem nicht. Verstanden?" Mir war klar, dass dieser Streit anders war, als die davor. Damals kam es einfach aus uns heraus, jetzt war es aber so, dass es ein ganz normaler Streit unter Menschen war. Es war ein Anfang.
„Ich weiß und es tut mir auch schrecklich Leid." Ich machte eine kurze Pause und ließ Graupe endlich von der Leine. Watson war sowieso nicht mehr an der Leine und die beiden fingen an im Sand zu tollen. „Schau unsere Hunde schaffen es auch. Gib unserer Freundschaft doch wenigstens eine Chance." Ich schenkte ihr ein Lächeln.
„Das sind Hunde!"
„Willst du dich jetzt mal mit mir treffen?", fragte ich verlegen, aber ich wusste keinen Ausweg mehr.
„Was soll das denn jetzt?" Verdattert schaute mich Leona an.
„Na ja, Henry hatte vorhin nicht ganz unrecht."
„Freitag nach der Schule."
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Huhu,
eigentlich mag ich keine Sichtwechsel, aber hier ließ es sich für mich erstmal nicht anders gestalten, also hoffe ich, dass es nicht sooo schlimm ist.
Über Votes und Kommentare würde ich mich immer riesig freuen!
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Nausa - Erwacht unter der Erde
FantasyLeona ein fast 17-jähriges Mädchen, lebt ein Leben wie alle anderen Teenager, doch dann rauft sie sich mit Toco, einem Jungen aus ihrer Klasse zusammen. Sie konnten sich nicht leiden, doch dann finden sie gemeinsam heraus, was Leona wirklich ist: Ei...