CHAPTER 1

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Fuck. Ich hab schon wieder verschlafen. Warum passiert das immer mir? Ich komme einfach nie aus den Federn, kann aber auch daran liegen, dass ich gestern zu viel gezockt habe. Mühsam raffe ich mich auf und packe meinen Toni. Schreiben wir nicht heute noch eine Klausur? Ach, in Mathe, das sollte ich können. Ich schnappe schnell meinen Rucksack, ziehe mir einigermaßen ordentliche Klamotten an und renne nach draußen. Frühstück muss ich mal wieder auslassen.
Ich renne die Straße runter zur Bushaltestelle und schaffe es gerade noch den Bus nicht zu verpassen. Während ich den Gang runter zu meinem üblichen Platz gehe kann ich verächtliche Blicke auf mir merken, bis mir mein übler Geruch selbst in die Nase steigt. Uff. Dann dusche ich halt in der Schule. Macht ja nichts. Ich setze mich auf einen Platz und versuche mich mit Musik und unschuldigem Blick nach draußen vor den Blicken der anderen zu drücken, aber das scheint nicht wirklich zu funktionieren. Zur Sicherheit rieche ich nochmal an meinem Pulli. Zu meinem Glück riecht der noch gut, ich habe wohl einen frischen aus der Wäsche erwischen können.
Jessie Doe, 17 Jahre alt. Straßenköter-blonde, mittellange Haare. Tomboy. Trägt meistens Pullis und Jeans, im Sommer eine Abwandlung zu Tops und knielangen Hosen. Röcke, Kleider und Ordnung sind Fremdwörter für sie. Geht zur Highschool.
In der Schule angekommen laufe ich sofort zu den Sporträumen. Man sollte so wenig wie möglich von Gestank mitbekommen. Als mit Duschen fertig bin schaffe ich es gerade noch rechtzeitig zu unserem Klassenraum ... Naja, das mit dem Abtrocknen hat nicht wirklich gut geklappt.
"Jessie!" Ein Mädchen, perfekt gestylet, wunderschöner Körper, braune, lockige Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden rennt auf mich zu. Maria. Die wohl einzige aus meiner Stufe, die meine Nähe ertragen kann, und auch in den meisten Kursen mit mir zusammen drin ist. Also auch Mathe. Sie stürzt sich auf mich und schaffe es gerade noch nicht
umzukippen.
"Hi Maria" Sage ich nur knapp und lege einen Arm um sie. Sie dagegen erwürgt mich fast. "Ist gut jetzt, lass los." Sie löst sich von mir.
"Okay. Eine gute Nachricht und eine Frage. Was willst du zuerst?" Marias aufgeregter Blick verrät mir, dass sie eh gleich los reden wird, also brauche ich gar nicht erst zu antworten.
"Ich habe eine wundervolle Nachricht!"
"Lass hören; ich brauche viele gute Nachrichten heute."
"Wir bekommen einen Neuen in die Stufe und er hat mit uns als Erstes Unterricht! Ist das nicht toll? Dann bekommst du auch endlich mal eine Chance!"
"Was soll das?! Du weißt genau, dass ich mit Lisa zusammen bin! Was hast du für ein Problem damit? Ich steh' nun mal nicht auf Jungs. Das einzig Gute an ihnen sind die Klamotten, aber mehr auch nicht."
"Jaaa, und das hast du mir schon oft genug gesagt, aber siehst du sie überhaupt noch?"
Lisa ist meine Freundin. Sie hat hellblonde Haare, einen zierlichen kleinen Körper und Sommersprossen im Gesicht. Wir sind schon seit ca. zwei Jahren zusammen und ich bin so glücklich, dass es sie gibt. Sie ist echt süß, und diese Fröhlichkeit, die sie ausstrahlt, macht mich total verrückt. Damals war sie eine Neue in der Schule und hat eher mit uns abgehangen als mit ihren Gleichaltrigen. Schnell wurde sie unter allen beliebt, aber es ließ sich schnell herum sprechen, dass sie alle Jungs hat abblitzen lassen. Ich fand sie auch ganz süß und schließlich fragte ich sie, ob wir uns verabreden wollen. Das taten wir auch, wir trafen uns immer öfter. Und dann ist es einfach passiert. Aber vor einigen Monaten ist sie für ein Jahr nach Neuseeland gereist und wegen der vielen Klausuren die wir schreiben habe ich kaum Zeit sie anzuschreiben oder mit ihr zu chatten.
"Naja.. Also ich habe sie gestern noch angeschrieben. Weiß noch nicht ob sie geantwortet hat. " Sage ich nur.
"Wie auch immer. Ich finde Jungs passen einfach viel besser zu dir als dieses Ding. Lisa ist nicht dein Typ!" Bevor ich mich gegen ihre Worte wehren kann kommt unser Lehrer. Sofort vergesse ich das Gespräch. Wir gehen in die Klasse und setzen uns an unsere Plätze.
"Schreiben wir nicht eine Klausur?" Frage ich Maria, nachdem wir uns hingesetzt haben.
"Ja stimmt... Aber es macht ja keinen Sinn wenn ein neuer Schüler da ist. " Erwidert sie.
"We will see." Sage ich nur. Wir begrüßen unseren Lehrer und währenddessen halte ich nach neuen Gesichtern aus schau. Aber ich kann keines erkennen.
"Sicher dass der Neue heute zu uns kommt? Ich kann kein neues Gesicht erkennen!" Flüstere ich zu Maria rüber.
"Ich auch nicht, ", erwidert sie, "aber ich meine schon, dass er kommt heute." Ohne dass etwas passiert fängt der Unterricht an. Weil Herr Kühlenbach die Arbeiten 'Zuhause hat liegen lassen', machen wir heute eine komplette Wiederholung aller Themen die in der Klausur vorkommen. Es ist recht entspannend aber von einem neuen Mitschüler keine Spur. Verdammt. Maria hat mich neugierig gemacht! Ich will nicht neugierig sein. Neugierde steht mir nicht. Das einzige was mich gerade noch beruhigen kann sind die Aufgaben und der Gedanke, dass es kein Typ, sondern ein Mädchen ist. Aber wie ich mich und meine Hoffnungen so kenne wird das wohl nicht so sein.
Bis zur Hälfte des Unterrichts passiert nicht. Wir erledigen Aufgaben, danach besprechen wir sie und uns werden noch Fragen beantwortet. Von einem Neuen immer noch keine Spur.
"Toll, danke. Jetzt kann ich mich nicht auf die Aufgaben konzentrieren wegen dir!" Sage ich zu Maria. Diese wird sofort rot und hält sich die Hand vor den Mund.
"Du bist neugierig oder? Du willst wissen wie er aussieht, oder?" Schließlich bin ich es, die rot ist.
"Ja. Aber das ist deine schuld!" Maria lächelt nur schief an. In dem Moment klopft es an der Tür. Sie öffnet sich und ein Typ kommt in den Raum. Dieses Gesicht habe ich noch nie gesehen.
"Das ist der Neue!" Schreit Maria durch die Klasse und ein Raunen macht sich im Raum breit. Der Neue grinst leicht und sieht zu uns rüber. Der Neue? Herr Kühlenbach bittet ihn herein und stellt ihn vor die Klasse. Der Neue... Diese Worte kreiseln wie wild durch meinen Kopf.
"So, wie ihr seht, haben wir einen neuen Mitschüler." Er wendet sich zu dem Teenager "Willst du dich nicht eben vorstellen und dann da hinten zu den jungen Ladies setzen?"Moment mal. Hat er damit gerade uns gemeint?! Uns wie... wie Maria und ich? Ich und Maria? Hat er gerade wirklich auf uns gezeigt? Der Typ grinst wieder als er zu uns sieht. Ich vergrabe meinen Kopf in meinen Armen. F*ck.
"Ja. Also ich bin Damon, 18 Jahre und... komme jetzt hierhin" Sagt er. Damon. Na toll, ich werde das nächste Jahr neben einem Dämon sitzen. Oh Mann, das kann ja nur gut gehen. Unser Lehrer gibt ihm ein Zeichen, dass er sich setzen soll. Viel durfte er ja nicht sagen, aber was soll's. Er setzt sich zu uns.
"Damon, du wirst bitte fürs erste bei Jessie mit rein gucken" Gibt Herr Kühlenbach an. Nein. Nein, nein, und nochmals nein, das gibt's einfach nicht! Ich meine, klar, er sitzt neben mir aber kann er nicht bei anderen rein gucken? Gerade bei mir? Ich seufze. Widerwillig lege ich das Buch und die Aufgaben so hin, dass er mit rein gucken kann. Er sieht mich so komisch an...
"Du bist ganz schön nass" Sagt er kühl.
"Ja. Und?" Antworte ich schroff.
"Du kannst dir leicht einen Schnupfen einfangen", sagt er.
"Schön" Sage ich nur. Ich wende mich wieder meinen Aufgaben zu, aber lange kann ich das nicht, denn ich spüre wieder den Blick von Damon auf mir. Ich sehe auf.
"Was ist?" Frage ich ihn. Er hält ein Handtuch hoch. Wo hat er das denn her?!
"Trockne dich besser ab, sonst bekommst du noch einen Schnupfen" Sagt er.
"Nein! Mir geht's gut, jetzt hör auf zu nerven und mach die Aufgaben."
Er gibt endlich Ruhe. Doch Maria schiebt mir einen Zettel zu. Ich öffne ihn. >OMG der ist so cute! Ich beneide dich voll!< Genervt zerknülle ich den Zettel und wende mich wieder meinen Aufgaben zu.
In den Pausen ist Damon unter den Mädels Gesprächsthema Nummer eins. Auch ich komme nicht drum rum.
"Okay, ich kann nicht länger still sein", sagt Maria, als wir aus der Cafeteria kommen, "Wie findest du ihn? Sag schon! Er ist genau dein Typ oder nicht?" Sie kann einfach nicht aufhören, oder? Wir gehen auf den Hof uns setzen uns auf eine Tischtennisplatte.
"Er ist ganz okay." Sage ich nur, "Wieso warst du im Unterricht eigentlich so still? Du hattest eine gute Möglichkeit gehabt mit ihm zu reden."
"Aber ich wollte dir mal ein Chance geben! Du hast eine Beziehung wirklich verdient, ehrlich." Sie stößt mich leicht in die Seite und zwinkert mir zu.
"Was soll der Scheiß? Du weißt genau, dass ich vergeben bin. Auch wenn ich sie nicht sehe, heißt das noch lange nicht, dass ich sie nicht mehr liebe. Ist das bei dir und Mark nicht genauso? Ihr seid schon länger ein Paar als Lisa und ich und seit immer noch zusammen." Maria wird rot, wirkt beschämt und sieht zur Seite. "Moment; was ist passiert und warum hast du mir nichts davon erzählt?"
"Ist ja gut. Wir haben Schluss gemacht. Er war einfach nicht der richtige okay?"
"Das kann doch nicht wahr sein! Ich versteh' das nicht! Was ist passiert?" Sie schweigt.
Für den Rest des Tages gehen mir alle aus dem Weg. Soll mir recht sein, ich nehme mir die Ruhe. Aber trotzdem verletzt es mich ein wenig. Auf dem Weg nach Hause beschließe ich den Nachmittag auf der Bahn zu verbringen. Dort habe ich meine halbe Kindheit verbracht und hier ist meine zweite Familie. Als ich ankomme begrüßt mich ein achtzehnjähriger Junge. Hoodie, Cap und ne lockere Jeans. Mason, mein Herz und meine Seele.
"Jessie, was führt dich hierher? Du hast dich lange nicht mehr blicken lassen." Er wuschelt durch meine Haare und umarmt mich kurz.
"Ich brauche Abstand. Maria und Mark haben sich getrennt und seitdem sie mir das gesagt hat spricht sie nicht mehr mit mir."
Ich bekomme eine Flasche Cola und wir setzen uns auf eine Rampe.
"Das muss ich nicht verstehen oder?" Erwidert er und nimmt einen Schluck aus seiner Cola. Ich nicke nur. Als ich meine Cola ausgetrunken habe schnappe ich mir ein Skateboard und fahre damit ein bisschen rum. Ich gebe es zurück und laufe in den Wald der hinter der Skaterbahn liegt. Hier war ich das letzte Mal vor fünf Jahren, als ich mit meiner Mum einen heftigen Streit hatte. Der Wald gab mir immer ein Gefühl von Sicherheit, aber ich ging trotzdem nie gerne rein. Warum das so ist weiß ich auch nicht genau. Auf einer Lichtung mache ich halt und sehe hinauf zum Mond. Vollmond... Ich kann Schritte hinter mir wahrnehmen.
"Hey Mase, du hättest dir keine Sorgen machen müssen!", rufe ich nach hinten, „Du kennst mich. Ich habe die Nächte hier immer überlebt, ich kann auf mich aufpassen!" Ich drehe mich um, in Erwartung Mason vor mir zu sehen. Ich halte an. Das ist auf keinen Fall Mason, aber irgendwie kommt mir die Statur der Person schon bekannt vor. Großer, stämmiger Körper, T-shirt, kantiges Gesicht...
"Ich habe Hunger." Sagt die Person. Sie tritt mir etwas näher, und ich weiche aus. Im Mondlicht kann ich ihn erkennen. Damon.
"Damon? Was machst du hier?" Frage ich ihn. Dumme Frage.
"Wie schon gesagt, ich habe Hunger.", sagt er wieder. "Und du gehst mir auf die Nerven, dabei habe ich nur versucht nett zu sein." Er tritt näher. Ich weiche ihm aus, aber er packt mein Handgelenk.
"Okay.. Das ist gruselig. Weißt du, wenn ich dir auf die Nerven gehe solltest du doch nicht in meiner Nähe sein oder? Ich sollte sogar noch ein paar Brote dabei haben. Willst du was? U-und könntest du mich bitte mal loslassen?"
"Ich will kein Brot", er verfestigt seinen Griff, und während er mir näher kommt, stolpere ich zurück, "Oder ähnliches. Das ist zu einfältig und ekelhaft." Im nächsten Augenblick lehne ich gegen einen Baumstamm und er hält mich dort fest.
"W... was soll das?! Lass mich los!" Quieke ich, aber er hält mich nur noch fester.
"Ich habe Hunger." Sagt er wieder und kommt mir dabei immer näher.
"Ja, verdammt nochmal, du hast Hunger, ich hab's verstanden! Dann hol dir was zu essen!"
Er kommt mir immer näher, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von meinem entfernt ist. Ich kann mich kaum noch bewegen.
"Ich habe Hunger." Wiederholt er sich und grinst, "Und genau in diesem Moment hole ich mir mein Essen." Und während er spricht sehe ich zwei Reiszähne im Mondlicht aufblitzen. Er hat Hunger. Natürlich. Er reißt seinen Mund auf und beißt mir in den Hals.
"Au!" Ich kann nichts mehr sagen. Das einzige, was ich jetzt noch spüre sind seine Zähne in meinem Hals, das Blut, das mir entnommen wird und die Übelkeit, die mich langsam überkommt, bis ich schließlich in Ohnmacht falle.

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