CHAPTER 2

75 8 2
                                    

Keuchend wache ich auf. Was ist passiert? Ich sehe mich um. Ich liege mitten in einem Wald in einer Lichtung. Sofort überkommt mich ein Schauer, als ich die unangenehme Kälte um mich herum bemerke. Meine Schläfe massierend richte ich mich auf, aber dann bekomme ich so heftige Kopfschmerzen, dass ich mich wieder auf den Boden lege. Was ist passiert? Ohne Erfolg versuche ich, die Erinnerungen von letzter Nacht aufzurufen. Ich sehe mich wieder um.
An den Platz kann ich mich noch erinnern. Hier in der Nähe steht ein Baum, auf den ich damals geklettert bin, als ich mich vor meiner Mum verstecken wollte. Aber es ist so nebelig, dass ich ihn nicht sehen kann. Ich mache wieder die Augen zu und versuche mich zu beruhigen. Dem Wetter nach zu urteilen sollte es Morgen sein. Ich habe heute Schule, oder? Egal, das einzige, was mich jetzt interessiert ist, wie ich hier her gekommen bin und wie ich diese lästigen Kopfschmerzen loswerde. Ich kann mich ja nicht mal mehr bewegen, so sehr tut es weh. Ich stoße einen Kreisch-laut wegen der Schmerzen aus, als ich plötzlich laut niesen muss.
"Ich hab dir ja gesagt, du fängst dir einen Schnupfen ein, aber du willst ja nicht hören" Kann ich eine Stimme in der Ferne wahrnehmen. Es ist Damon. Ich kann mich an alles erinnern: Den Wald, er taucht auf, er hat Hunger und... beißt mich! Ruckartig setze ich mich auf, aber meine Schmerzen ziehen mich auf den Boden zurück. Ich höre ein paar Blätter rascheln.
"Bleib weg" Sage ich schwach, in der Erwartung, er würde mir jetzt etwas antun. Verdammt. Meine Stimme ist immer noch nicht ganz da und durch die Kopfschmerzen wird sie nochmal extra abgeschwächt. Ich krümme mich vor Schmerz, als jemand meinen Kopf vorsichtig hochnimmt und in seinen Schoß legt. Warum auch immer klammere ich mich an den Gedanken, dass Mason hier wäre, aber als ich es gerade schaffe meine Augen zu öffnen sehe ich nur Damons Visage. Sie fallen sofort wieder zu und ich presse meine Hände an meinen Kopf in der Hoffnung es würde die Kopfschmerzen lindern. Ich bin wie gelähmt, habe keine Kontrolle über meinen Körper. Damon streichelt meine Wangen. Ich will gar nicht wissen, was für einen perversen Blick er dabei drauf hat, so wie ich ihn bisher kenne...
"Was... ist gestern passiert?" Sage ich mit heiserer Stimme... Wenn man das überhaupt Stimme nennen kann.
"Ach, das weißt du nicht mehr? Ich habe dein Blut getrunken und dann wurdest du auf einmal kreidebleich. Dann bist du auf den Boden gefallen und ich hab dich nicht mehr wach bekommen. Ach ja, und falls du zu blöd bist es zu kapieren: Ich bin ein Vampir, deswegen wollte ich ja auch dein Blut. Schmeckt richtig gut übrigens." Ich könnte ihn jetzt so schlagen. Boxen. Alles was weh tut, aber ich bin zu nichts fähig. Wie kann er sowas überhaupt ohne Hemmungen sagen? Und wieso lässt er mich einfach auf den Boden knallen, wo ich ihm doch schon mein Blut gegeben habe.
"Wieso... hast du... mich fallen gelassen?" Kann ich heraus bringen. Ich hätte vielleicht eine andere Frage stellen sollen, von denen, die in mir herum schwirrten, aber wen interessiert's jetzt? Ich kann ein Schnauben wahrnehmen.
"Du bist einfach so nach vorne gefallen! Ich hatte sowieso Schwierigkeiten, meine Zähne aus deiner Haut raus zu bekommen, da muss ich dich nicht noch extra auffangen." Ich bin wütend. Einfach so verdammt wütend auf ihn. Aber mehr als ein verächtliches Schnauben kann ich nicht rausbringen.
"Ich hab ein Halstuch für dich. Damit kannst du die Bissspuren verdecken." Will er mich umbringen? Der Typ sieht doch, wie ich leide! Ich wälze mich vor Schmerz hin und her, aber jede Bewegung die ich mache tut weh. Ich will schreien, aber alles was ich gerade noch so kann ist den Mund ein Stück weit auf zu machen. Wieso hilft er mir nicht?! Bestimmt lächelt er jetzt und ergötzt sich an meinem Leid. Ich gebe ein stöhnen von mir, als ich versuche, ihn um Hilfe zu bitten.
"Wie heißt das Zauberwort?" Meint er mit spielerischer Stimme. Dieser Arsch. Ich krümme mich wieder zusammen, gebe dann aber einen Kreisch-laut von mir, als sich meine Kopfschmerzen nochmal verstärken. Es muss echt ein Wunder sein, dass ich jetzt noch klar denken kann.
Damon legt vorsichtig meinen Kopf auf den Boden und nimmt mich dann Huckepack.
"Du bist echt armselig." Sagt er während er losgeht. Mit der Zeit wird mir immer übler, sodass ich irgendwie zeitgleich mich übergebe und bewusstlos werde. Habe ich mich überhaupt übergeben? Keine Ahnung...
Ich spüre einen brennenden Schmerz auf meiner Wange, als hätte mich jemand geschlagen. Ich schaffe es, meine Augen zu öffnen und bekomme die Visage von Damon zu Gesicht, welcher mich erst mit ernstem Gesicht ansieht, dann aber lieblich lächelt.
"Guten Morgen, Dornröschen." Sagt er sanft mit bitterem Unterton. Ich fasse mich an meine Wange, die er gerade geschlagen hat.
"Sag mal, spinnst du?!" Fauche ich ihn an, als ich bemerke, dass es mir schon wesentlich besser als vorhin geht, aber die Kopfschmerzen sind immer noch da. Ich richte mich auf, lehne mich gegen den Rücken meines Bettes und sehe auf meine Finger, mit denen ich ein bisschen spiele.
"Wo bin ich?" Frage ich.
"Im Krankenhaus." Ruckartig hebe ich meinen Kopf und sehe ihn ungläubig an. "Ich habe dich zur Schule gebracht, und gesagt, du wärst eine Treppe runter gestürzt, dann bewusstlos geworden und auf dem Weg zum Krankenzimmer hast du mich vollgekotzt." Oh, also habe ich es doch getan.. Naja, wie auch immer. "Du hattest eine Platzwunde und dann haben die sofort den Krankenwagen gerufen und du wurdest ins Krankenhaus geschleppt. Ich durfte dich dann stützen als deine Wunde genäht wurde. Außerdem hast du jetzt Fieber. Sie sagen, es liegt daran, dass du mit nassen Haaren unterwegs warst. Was habe ich dir gesagt?" Ich fasse mir an den Kopf und spüre den Verband, der darum gewickelt worden ist. "Ach, und ne Gehirnerschütterung hast du auch noch."
"Muss ich mich jetzt bei dir bedanken?" Ich sehe mich im Zimmer um.
"Wie du meinst." Sagt er. "Du hast mir Blut gegeben, ich hab dich ins Krankenhaus gebracht. Entscheide selbst."
Ich habe ihm also Blut 'gegeben'. Aha. Aber ich sage nichts dazu. Ich sehe auf und betrachte ihn zum ersten Mal ein bisschen genauer...
Damon... Er sagt zwar, dass er 18 ist, aber er sieht aus wie zwanzig. Er hat einen muskulösen Körper, ein kantiges Gesicht und schwarze, kurze Haare. Seine Augen haben ein eiskaltes eindringliches Blau. Fast wie Daniel Craig oder Daniel Redcliff.
"Hab ich was im Gesicht?" Unterbricht Damon meine Gedanken. Ich schrecke auf.
"Hm? Nein, ich war nur in Gedanken versunken, da sehe ich immer irgendwas an." Er nickt. Es taucht eine unangenehme Stille auf.
"Was machst du eigentlich noch hier? Solltest du nicht in der Schule sein?" Frage ich nach einer Weile.
"Ich kann auch gehen wenn du willst!" Antwortet er und steht auf.
"Nein! Dann... bleib hier" Sage ich. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, aber alleine im Krankenhaus geht gar nicht für mich. Vor allem nicht wenn ich der Patient bin. "Ich habe noch ein paar Fragen an dich."
Damon setzt sich auf das Bett und sieht mich aufmerksam an.
"Erste Frage: Haben die Ärzte irgendwas zu den Bissspuren gesagt?"
"Nein, die waren so konzentriert auf deine Wunde, da haben die den Biss gar nicht bemerkt." Ich streife über die Bissspuren und zucke bei der Berührung leicht zusammen.
"Gut. Zweitens: Wieso hast du gerade mich ausgesaugt?"
"Ich habe dich nicht ausgesagt, sonst wärst du jetzt tot." Spießer. "Und du warst gerade in der Nähe, da hat es sich angeboten." Er macht eine Pause und überlegt kurz. "Und vielleicht habe ich das auch gemacht, weil ich dich näher kennen lernen möchte."
"Was?! Als ob ich dich nach der Aktion noch an mich ran lasse!" Er zuckt mit den Schultern.
"Kann ja sein."
"Niemals."
"Also soll ich jetzt gehen?"
"Nein. Habe ich das jemals gesagt? "
"Indirekt?"
"Nein."
Damon setzt sich nochmal etwas gemütlicher hin und sieht mir eindringlich in die Augen. "Du bist echt komisch, weißt du das?" Sagt er schließlich.
"Was glaubst du, warum ich so wenig Freunde habe?" Erwidere ich. "Oder warum ich von den meisten Menschen gemieden werde?"
"Hm" Sagt er nur. "Ich meide dich aber nicht."
"Schön für dich." Gebe ich zurück.
"Aber du bist auch echt komisch." Füge ich noch hinzu.
"In wie fern? Du kennst mich bloß einen Tag."
"Du bist ein Vampir. Das reicht als Erklärung." Mit einem Mal wird mir bewusst, wer beziehungsweise was hier gerade vor mir sitzt. Ein... Vampir. Ein Vampir. Ein f*cking Vampir! Wieso gibt es sowas überhaupt? Ich weiche leicht zurück, und als er merkt, dass ich nervös bin grinst er und nähert sich mir. Scheiße.
"Was ist denn, Jessie?" Als er meinen Namen sagt, fährt ein eiskalter Schauer über meinen Rücken.
"Lass ... mich – "
"Ach, es macht dir Angst, dass ich in Vampir bin? Wie süß." In einer blitzschnellen Bewegung ist er direkt vor mir, lächelt mich so schief an.
"Als ob..." Ich versuche zwar, keine Angst zu zeigen, aber das klappt nicht wirklich gut.
"Keine Sorge, ich beiße dich nicht. Du hast zu viel Blutverlust sonst. Aber es riecht so gut!" Sagt er. Einen Moment lang sitze ich wie angewurzelt da, bis mir ein wirklich widerlicher Geruch in die Nase steigt. Und der ist nicht von mir.
"Putz dir mal die Zähne!" Quieke ich. "Das ist ja echt ekelhaft, schon mal was von Zahnpflege gehört?!" Ich fuchtele angeekelt mit meiner Hand vor seinem Gesicht rum. Er guckt mich nur verdutzt an und entfernt sich von mir. Nach einem kurzen Moment steht er auf und geht ohne ein Wort raus. Ich sehe ihn mit einem breiten Grinsen im Gesicht hinterher.
Den Rest des Tages bin ich allein, bis zum Abend lässt sich niemand blicken. Nur mein Arzt ist einmal kurz rein gekommen um sich vorzustellen. Außerdem hat er mir Zeitungen und ein Rätselbuch mitgebracht. Dann hat er sich nach Damon erkundigt und hat mich kurz untersucht, aber danach musste er zu einem Notfall. Seitdem hänge ich an einem Sudoku. Ich hasse Sudoku, aber immerhin kann ich so meine Zeit vertreiben. Als es Abend wird bekomme ich etwas zu essen. Das Mädchen heißt Elisabeth, sie ist schlank, etwas kleiner und hat braune, ewig lange Haare zu einem Zopf hochgebunden. Sie erinnert mich ein bisschen an Lisa. Das Essen schmeckt aber eher nicht so. Wie McDonalds in labbrig-papp-Edition. Mehr passiert an diesem Abend nicht, aber ich stecke ständig in der Erwartung und irgendwie auch Hoffnung, dass jemand rein kommt und mit mir die Zeit vertreibt. Und sei es auch Blut aussaugen; mir ist furchtbar langweilig. Mit der Zeit werde ich immer müder, bis ich schließlich in einen Halbschlaf falle in dem ich halb wach und halb im Tiefschlaf bin. Aber richtig schlafen kann ich nicht.
Es raschelt in meinem Bett und ich spüre ein weiteres Gewicht in meiner Gegenwart. Ich setze mich auf und drehe mich zu der Person, die sich gerade zu mir gelegt hat. Im Schatten des Mondes kann ich einen Teenager wahrnehmen. Muskulös. Kantiges Gesicht.
"Damon?" Frage ich, noch unschlüssig ob er es ist.
"Ja?" Erwidert er mit einer sanften schläfrigen Stimme. Ich springe zurück, sodass ich mit dem Kopf voran heftig auf den Boden knalle.
"Aaaaaau!", kreische ich. Damon lehnt sich über die Bettkante.
"Alles in Ordnung?", fragt er.
"Nein, verdammt nochmal!" Fahre ich ihn an. "Sehe ich etwa so aus?!" Idiot. Idiot, Idiot, Idiot! Ich sollte am besten jemanden rufen wegen Ruhestörung bei Nacht. Aber ich bin eh wach, also stört es mich nicht großartig. Er streckt seine Hand nach mir aus.
"Soll ich dir hochhelfen? Ich kann auch einen Arzt rufen, wenn du willst."
"Das kann ich auch selbst." Mit Mühen schaffe ich es, auf zu stehen und mich in mein Bett zu setzen. "Du hast übrigens immer noch Mundgeruch. Mach endlich was dagegen." Er sagt nichts. Ich sehe ihn erwartungsvoll an. "Was willst du?"
"Ich habe Hunger." Sagt er. Ich könnte echt Kopfschmerzen allein von seiner Nähe bekommen.
"Warum gehst du nicht in den Wald und schleppst die Nächste ab? Hätte ich wenigstens ein bisschen Gesellschaft hier."
"Genau das ist es. Dein Blut ist irgendwie... besonders. Weißt du was ich meine?" Ich ziehe eine Augenbraue hoch.
"Ist das dein Ernst? Nein weiß ich nicht! Ich bin ein Mensch wie jeder andere auch, mein Blut ist völlig normal, jetzt mal ernsthaft." Wenn das jetzt stimmt, dass mein Blut besonders sein sollte raste ich komplett aus. Diese Vampir-Scheiße ist ja schon schlimm genug, aber dann auch noch sowas. Das ist einfach so unnötig.
"Ja, also im Prinzip ist dein Blut auch vollkommen normal, alles in Ordnung. Aber jeder Vampir hat einen Menschen, bei dem das Blut eine besondere Wirkung auf ihn hat. Ich wollte dich ja auch eigentlich aussaugen; dann würde auch niemand wissen, dass ich ein Vampir bin. Aber dein Blut ist das eine... Okay das klingt komisch, aber bei den Vampiren hat dieses Blut dann die Wirkung, dass er nur einen Liter oder ein bisschen weniger trinken muss und für die nächsten 36 Stunden satt ist. Und wie gesagt, ich wollte dich komplett aussaugen aber dein Blut ist es halt einfach." Dieser Hauch an Begeisterung in seinen Augen... "Wenn ich jetzt immer von deinem Blut trinke, muss ich nie mehr jemanden umbringen oder aussaugen. Das ist doch toll, oder?"
"Ich muss erstmal überlegen, ob ich dir überhaupt glauben soll. Du kannst das ja auch nur erfinden um einen Grund zu haben mein Blut zu trinken." Er sieht mich mit einem ernsten Blick an.
"Mal ganz ehrlich, warum sollte ich? Du bist und bleibst ne Nervensäge." Sagt er. Ich schüttle den Kopf.
"Warum bist du dann hier wenn ich dich nerve!?" Ich seufze. Scheiß drauf. "Ich hab wohl keine andere Wahl." Ich gebe ihm ein Zeichen, dass er mein Blut trinken darf.
"Sicher?" Er kommt mir schon näher, und ich spüre schon wie falsch sich das anfühlt. Wieso genau lasse ich das hier nochmal zu? Ich nicke trotzdem. "Okay." Sagt er und rutscht zu mir an die Bettkante.
"Das ist echt komisch." Ich lache ein bisschen verzweifelt, als würde ich gleich losheulen.
Er seufzt leicht. "Entscheide dich. Ich habe nämlich Hunger, und wenn du dich nicht bald entscheidest gehe ich." Klare Worte...
"Nein, nein, Schon gut. Wenn du dafür niemanden umbringen musst. Besser ich als das ganze Krankenhaus."
Noch einmal gehe ich den Gedanken durch, warum ich das mache, aber ich bleibe ruhig. Verdammt. Mir wird heiß. Scheiße. Verdammt! Argh! Damon legt sanft seinen Arm um meine Taille und zieht mich so zu sich. Ich läuft ein heißer Schauer über den Rücken und ich spüre die Gänsehaut. Er weicht zurück und sieht mich nochmal an.
"Jetzt sei nicht so zimperlich man. Je schneller, desto besser, klar?" Damon nickt nur und beißt mir in einer schnellen Bewegung in den Hals.

This is not a LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt