chapter two

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Er sah sie genau eine Woche nicht mehr, bis sie dann am selben Wochentag zur selben Zeit hinter ihm in der Bibliothek auftauchte, ihm sanft auf die Schultern tippte, wobei sie sich auf die Zehenspitzen stellen musste, und ihm anschließend etwas zuflüsterte.
"Ich hab etwas mitgebracht", sagte sie und ohne abzuwarten öffnete sie ihren Rucksack und holte eine Papiertüte heraus.
"Was ist das?", fragte er.
Sie lächelte.
"Traubenzucker", sagte sie, als wäre das selbstverständlich.
Er lächelte.
"Bist du hier für neues Druckerpapier?"
Sie legte den Kopf schief.
"Vielleicht."
"Vielleicht?"
"Vielleicht."
"Warum vielleicht?", hakte er nach.
"Warum nicht vielleicht?"
Er wurde nicht schlau aus ihr.
"Vielleicht ist eine gute Antwort", sagte sie dann.
"Weil man sich somit alle Möglichkeiten offen hält."
Er lächelte.
"Möchtest du einen?", fragte sie und hielt ihm die Tüte hin.
"Du weißt, dass man in diesem Bereich der Bibliothek nichts essen und trinken darf?", erinnerte er sie.
"Ist dir das wichtig?"
Stille.
War ihm das wichtig? Oder wollte er sich nur an die Regeln halten?
"Dieser Ort", begann er zu flüstern, "er ist mir wichtig."
"Okay." Sie nickte und packte die Tüte weg. "Das akzeptiere ich."
Er lächelte dankbar.
"Also, hast du neues Druckerpapier?", fragte sie dann und schaute ihm kurz in die Augen.
"Ist dir das wichtig?", fragte er mit einem verschmitzten Lächeln.
Sie wollte antworten, doch er unterbrach sie, bevor sie überhaupt ein Wort sprechen konnte.
"Lass mich raten: Vielleicht?"
Sie lächelte. "Durchaus."
Er holte einen neuen Stapel Papier aus seiner Umhängetasche und gab ihn ihr.
Auf dem ersten Blatt waren wenige Worte gedruckt.

Es passiert alles in deinem Kopf. Aber warum sollte das bedeuten, dass es nicht Wirklichkeit ist? [J.K.R.]

Sie sagte nichts dazu, doch er wusste, dass es ihr gefiel als er ihr nachschaute, wie sie die Bibliothek verließ.

illusion.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt