Der Junge, mit den Blumen - V I E R

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Kleine Regentropfen kleben an der Fensterscheibe des Busses. Sie ist beschlagen, da der Busfahrer wahrscheinlich auf tropisches Klima steht und das unbedingt nach ahmen wollte. Ich lehne meine Stirn an die Scheibe und versuche die Gedanken an Mr. Daniel weg zu schieben. Soll der Penner doch denken, was er will. Ich komm schon klar. Mehr oder weniger. Ich beobachte einen Jungen der mit einem riesigen Blumenstrauß einsteigt und lächelnd auf seine Uhr blickt. Dann hält er nach einem Platz Ausschau. Dummerweise sind nur noch wenige frei und natürlich kommt er ausgerechnet zu mir.
'Hi.. Ehm. Ist hier noch frei? ', fragt er und kratzt sich mit der freien Hand am Hinterkopf.
Ich überlege und nicke dann. Der Junge scheint echt okay zu sein. Er setzt sich neben mich, legt seinen Strauß auf den Schoß und schaut wieder auf seine Uhr.
' Bist wohl auf den Weg zu deiner Freundin, hm? ', frage ich.
Sein Kopf dreht sich zu mir und ich muss zu geben, dass er schon ziemlich gut aussieht.
' Woher weißt du das? ', fragt er mit einem verwirrten Gesichtsausdruck. Ich blicke vielsagend auf seinen Blumenstrauß.
Er lacht. ' Ja, bin ich. '
Ich schweige wieder und wende meinen Blick ab.
' Meinst du, sie freut sich? Also... würdest du dich freuen? ', fragt er mich wieder etwas unsicher.
Sehe ich so aus, als hätte ich jemals Blumen bekommen? Seit Keira' s Tod hatte ich keinen Freund mehr und die davor waren alle nicht so romantisch.
'Ich würde mich freuen. ', lächle ich ihn an. Sofort erstarrt mein Lächeln wieder. Warum zeige ich einen Jungen, den ich nicht kenne, meine Gefühle? Warum rede ich überhaupt mit ihm? Vielleicht, weil er mir so sympathisch und vertrauenswürdig rüber kommt. Aber er ist anders als ich. Er ist glücklich.
'Ich hoffe, sie freut sich auch.', lächelt er.
'Ich glaube, dass sie es tut', sage ich leise. Er liebt sie echt. Das merkt man so sehr.
Und plötzlich ist es da. Dieses Gefühl. Diese Sehnsucht nach Liebe. Ich versuche dieses Gefühl abzuschütteln, doch es erfüllt mich. Breitet sich in mir aus, wie ein Feuer.
'Du bekommst bestimmt auch bald Blumen von deinem Freund. ' Der Junge sieht mich an, legt seinen Kopf leicht schief, als hätte er gemerkt, dass mit mir plötzlich etwas nicht stimmt. Auch wenn es nicht die Tatsache ist, dass mir mein Freund keine Blumen schenkt, die mich gerade so herunter zieht.
' Ich habe gar keinen Freund.. ', krächze ich und huste leicht, um meine Stimme wieder zu finden.
' Wirklich nicht? ', der Junge sieht ernsthaft erstaunt aus. Als ob irgendein Junge etwas von einem Mädchen, wie mir, wollen würde.
' Ich muss los. ', sagt er und steht langsam auf.
' Viel Spaß. Und sie wird sich freuen. '
'Ich hoffe es.', grinst er und läuft zur Tür. Dann dreht er sich nochmal zu mir um. 'Ich bin übrigens Mike.'
' Ich bin übrigens Rain. ', sage ich.
Er lächelt mich an. ' Dann, man sieht sich, Rain!' Mike hebt seine Hand und sein blonder Haarschopf verschwindet aus dem Bus.

Rain fallsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt