Prolog

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Prolog

01. August 2016

"Denkst du über sowas nie nach?". Mein Gegenüber lachte: "Nein, warum auch.? Ich würde mich ja im Endeffekt eh bloß fertig machen.". Ich biss mir auf die Lippe: "Was glaubst du denn, wie es passieren würde?". Mein bester Freund lachte: "Keine Ahnung? Atomkrieg? Schweinegrippe?". Ich sah ihn böse an: "Ich mein das Ernst. Wenn die Welt untergehen würde, wie würde das passieren?". "Hör auf damit, sowas wird nicht passieren.". Er stand auf und streckte sich: "Ich geh jetzt nach Hause, mach dir nicht so viele Gedanken. Was soll uns schon passieren?"

Ja, was sollte uns schon passieren. Wir lebten in Deutschland, kein armes oder grundlegend bedrohtes Land. Die Flüchtlingsproblematik vor einem Jahr war das größte Problem, was wir aufzuweisen hatten und selbst das hatte sich früher oder später geklärt. Wie, möchte ich an dieser Stelle nicht erläutern, dazu fehlt mir jetzt auch einfach die Zeit.

Heute ist der 30. November 2016, gegen fünf Uhr abends Genauer gesagt fünf Uhr drei - meine Armbanduhr lebt noch. Es ist dunkel geworden. Wer weiß, vielleicht überstehe ich die Nacht ja noch unbeschadet. Man sollte nie die Hoffnung aufgeben! Nachdem ich gestern bemerkt habe, dass es nicht der Wind war, der die Schaukel zum quietschen gebracht hat, bin ich abgehauen.

Ich hab eine kleine Hütte gefunden, zwei Stockwerke, oben das ist mehr ein Dachboden, ich kann nur gebückt laufen, aber er ist nur über eine Strickleiter zu erreichen, die liegt jetzt eingerollt hier. Mir gehen  hier langsam die Kerzen und Streichhölzer aus. Ich frage mich, wie lange das wohl noch so weitergeht. Der Winter wird hart, es schneit wieder und wird so bald wohl nicht aufhören, aber ich hab noch einige Dosen und getrocknete Früchte dabei. Außerdem habe ich Schokolade gefunden! Richtige, echte Milkaschokolade! Ich könnte heulen vor Glück.

Nachdem er gegangen war und ich die leeren Flaschen und Chipstüten, die wir hinterlassen hatten, weggeräumt hatte, setzte ich mich vor den Fernseher. Irgendwelche abendlichen Sendungen, die meiner Oma bestimmt gefielen. Mein Blick fiel auf die Uhr. Kurz vor acht, also waren bald Nachrichten dran. Eigentlich reichte es mir im Radio zu hören, was gerade so passierte, aber ich hatte jetzt nichts besseres zu tun. Freitag und ich lag auf der Couch und wusste nicht wohin mit mir. Ich hätte sicherlich mit Chris feiern gehen können, aber ich wollte nicht. Er war vorhin bloß da gwesen um mich zu überzeugen mitzukommen, hatte die Hoffnung nach meinen Apokalypsentheorien jedoch schnell wieder aufgegeben. Es wäre vielleicht nicht schlecht gewesen, mal aus der Wohnung zu kommen, aber ich war nicht so der Party-Typ. Also lag ich einfach auf meinem Sofa und sah mir die neusten Meldungen an. Eine Bank in Berlin wurde ausgeraubt, ein kleiner Junge wurde vermisst und eine Frau hatte eine Andere im Einkaufszentrum angegriffen. Beim den letzten beide wurde ich hellhörig. Es verschwanden in letzter Zeit immer mal wieder Menschen. Das war auf unserer Welt zwar leider nichts ungewöhnliches, aber seit einigen Wochen gehäufter. Die Frau wurde anscheinend von der Polizei überwältigt worden und befand sich ab diesem Zeitpunkt in einer Klinik. Warum nicht in einer Psychatrie? Da würde sie bestimmt viel eher hinpassen..

Ich schaltete den Fernseher aus und strich mir dann mit beiden Händen über das Gesicht. Meine Finger waren eiskalt. Draußen heulte eine Sirene. Ich stand auf und ging zum Fenster. Die Straße unten war nicht viel befahren. Ich wohnte in einem kleinen Dorf, eine halbe Stunde von der nächst größeren Stadt entfernt, da passierte um diese Uhrzeit nicht mehr besonders viel. Eigentlich nie. Ich bedauerte es in diesem Moment fast, nicht mit Chris gegenagen zu sein oder ihn zum hierbleiben überzeugt hatte. Meine Eltern waren für drei Wochen im Urlaub, in der Zeit hatte ich das Haus für mich. Ich wollte schon länger ausziehen und das würde ich auch bald tun, schließlich wollte ich nicht immer eine dreiviertel Stunde im Zug und der Straßenbahn sitzen um zur Uni zu kommen, doch bis jetzt war die Wohnung noch besetzt, was meinen Eltern gerade recht kam, weil ich nun das Haus hüten konnte.

Rückblickend betrachtet, war es fast schon zu großes Glück, dass ich noch dort wohnte. Wer weiß, ob ich die nächsten Monate überlebt hätte, wenn ich in meiner eigenen Wohnung gewesen wäre. Naja, ob man von Glück reden kann sollte ich mir nochmal überlegen. Ich höre Schritte, muss die Kerze auspusten, bis bald!







Weihnachten war mal das Fest der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt