Kapitel 4

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Ich schnaufte etwas, der Korb drückte mir unangenehm in die Arme. Ich konnte kaum noch etwas sehen, weil sich die Holzscheite darin so hoch stapelten. Der Schnee unter meinen Füßen knirschte, als ich - so schnell es durch das Eis möglich war- darüber lief. Ich stolperte und viel über die steinernen Stufen vor dem Haus. Mein Schienbein schlug gegen die Steinkante, der Korb viel mir aus den Armen, das Holz verteilte sich quer über den Boden. "Verdammt!", rief ich, dann sah ich mich schnell um. Ich befand mich immernoch auf unserem Hof, der - Gott sei Dank - schon vor dem Ausbruch so hoch eingezäunt war, dass die Untoten nicht darüber kamen, zumindest im Moment noch nicht. Trotzdem hatte ich Angst, dass mich plötzlich etwas von hinten angreifen könnte, zumal ich sie permanent hören konnte, vorallem wenn ich Lärm machte. Also sammelte ich so schnell wie möglich die Scheite auf und rannte dann förmlich nach drinnen. Die Tür hinter mir kickte ich mit dem Fuß zu und ging dann nach oben ins Wohnzimmer. Das Thermometer an unserer Hauswand hatte heute Morgen -12° angezeigt. Wenn man sich solche Temperaturen wünschte, wenn man nicht in die Schule wollte, gab es sowas nie! Und jetzt?! Jetzt, wo die Welt langsam ausgerottet wurde gab es wieder Unmassen an Schnee und es war viel zu kalt!

Ich hatte nicht mehr allzu viel bereits gehacktes Holz, aber das ich hatte würde wohl oder übel für diesen Winter reichen müssen, vorallem wenn es so eisig blieb. Oben angekommen stellte ich den schweren Korb direkt neben dem Kamin ab und sah kurz an, was sich alles schon hier oben befand. Ich war bis jetzt fünf mal hin und her gelaufen und musste jetzt nochmal runter, um die Eingangstür abzuschließen, schließlich wollte ich keine unangenehme Überraschung erleben.

Drei Minuten später stand ich wieder vor dem Kamin. Ich hasste es Feuer anzumachen, vorallem weil ich es nie beim ersten Versuch hinbekam. Also fing ich an erst mit ein paar kleine und dünne Stücke übereinander an und legte einen der letzten Anzünder darunter, dann öffnete ich die Luftzufuhr, zündete ein Streichholz an und legte es zwischen den kleinen Turm. Zuerst blieb die Flamme mickrig und schien jede Sekunde auszugehen, aber je mehr ich hoffte, dass sie größer wurde, desto mehr steckte sie an und bald brannte alles, was ich zuvor hineingepackt hatte. Ich schloss die kleine 'Tür' und verriegelte sie, damit mir nicht alles rundherum anbrannte, schließlich brauchte ich das restliche Holz noch..und mit einer Feuerwehr sah es zu diesem Zeitpunkt auch nicht gerade gut aus.

Als ich mir sicher war, dass die Flammen erstmal eine Weile bestehen würden, schloss ich die Klappe für die Luftzufuhr und setzte mich auf die Ofenbank. Es war ein wunderbares Gefühl, als die Wärme langsam meinen ausgekühlten Körper hinaufkroch. Unwillkürlich musste ich lächeln, ich hatte wirklich Glück, dass ich noch hier wohnte. In der Stadt hätte ich keinen Kamin gehabt und wäre wahrscheinlich sowieso schon längst tot. Wieder kamen in mir ein paar Zweifel im Bezug auf meine Freunde auf. Jetzt aber auch an meine Eltern. Sie waren noch im Urlaub als alle Flüge gecancelt wurden und die Züge aufhörten zu fahren. Sie wären just an diesem Tag wieder nach Hause gekommen, ich hätte sie vom Flughafen in Frankfurt abgeholt, auch wenn ich dafür drei Stunden im Auto sitzen gemusst hätte, allein um nur hinzukommen. In der Nacht davor wurde aber im Radio und Fernseher gesagt, dass der Verkehr in Deutschland stillstehen würde, weil die neue unbekannte Seuche die ausgebrochen ist, hochansteckend war. Ich hatte bloß mit dem Kopf geschüttelt, es war bestimmt bloß wieder Panik-Mache, aber warum mussten sie dann gleich alle Flüge sperrren beziehungsweise den Verkehr lahmlegen? So schlimm war es wirklich noch nie. An diesem Tag wurde ich skeptisch. Sicher, man hörte in letzter Zeit nur davon, wie viele Menschen erkrankten und schließlich der Seuche zugrundlagen, trotzdem hätte ich mir nie vorstellen lassen, wie schlimm es wirklich war. Man hatte uns auch nie gesagt, was genauer die Symptome waren oder wie man sich wirklich infizierte, es wurde immer bloß gesagt, dass man starkes Fieber und Übelkeit bekam und sich teilweise übergeben musste. Außerdem wusste man, dass es kein Heilmittel gab und die Krankheit definitiv zum Tod führte. Ich fragte mich, ob die ganze Geschichte anders verlaufen wäre, wenn man gewusst hätte, um was es sich handelte. Wahrscheinlich wäre Panik ausgebrochen, wer wollte schon von lebenden Toten angegriffen werden? Allerdings war es fast genauso schlimm nicht zu wissen, worum es sich wirklich handelte. Draußen beäugten sich alle misstrauisch, jeder konnte infiziert sein, schließlich sah man Fieber nicht direkt auf den ersten Blick und ob jemandem schlecht war konnte man aus 5 Meter Entfernung auch nicht sagen, näher ging man an niemanden mehr heran. Ich hatte mir zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken gemacht. Die Flugsperre war bestimmt nur vorübergehend und alle Straßen absperren konnten sie ja auch nicht. Tja, Pustekuchen. Tatsächlich patroullierten Polizisten und sogar das Militär die Straßen. Autobahnen und selbst einfachste Hauptstraßen wurden gesperrt. Später, als es wirklich eskalierte, riegelte man ganze Städte ab; Hamburg, Berlin, Frankfurt, selbst Leipzig konnte man nicht mehr erreichen. Was mit den Leuten in den Städten passiert ist, weiß ich bis heute immernoch nicht. Jetzt war keiner mehr draußen. Niemand streute die Straßen, kein Mensch, der noch halbwegs bei Verstand war, würde sich allgemein draußen blicken lassen, es sei denn er wollte sterben, denn genau das würde nun passieren.

Als ich mich umdrehte fiel mir auf, dass nur noch Glut zu sehen war. Also erhob ich mich seufzend, griff nach zwei großen Holzstücken, öffnete mühsam den kleinen Riegel und dann die Tür und warf die beiden förmlich hinein. Erst nachdem sie wieder Luft durch die Klappe von unten bekamen, fingen sie sofort Feuer und fingen an das ganze Wohnzimmer in eine angenehme Wärme zu tauchen. Dann setzte ich mich wieder auf die Bank und überlegte, was ich in den nächsten Tagen tun sollte.

Ich stand auf als mir die Hitze am Rücken zu extrem war und ging zum Fenster in der Küche. Der Schnee war über Nacht etwas vom Dach abgerutscht, sodass ich jetzt wieder hinaussehen konnte. Ein Untoter lief im Graben auf und ab, ein anderer ohne Unterleib kroch auf der Straße, einer lief gegen einen Baum und wenige gingen einfach irgendwo in der Weltgeschichte herum. Ich seufzte, würde der ganze Zirkus denn niemals enden?

Mein Blick fiel auf das grün-goldene Buch, das neben mir lag. Ich lächlte, griff nach einem Stift und begann den Tag bis zu diesem Zeitpunkt aufzuschreiben..


Weihnachten war mal das Fest der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt