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Es ist jetzt schon Ewigkeiten her, dass ich die strahlenden Augen von Melli sehen konnte. Seit genau zwei Jahren, acht Monaten und sechzehn Tagen liegt sie im Koma. Müde schleppte ich mich durch die Flure des dunklen Krankenhauses. Die Lichter, die eigentlich alles nur noch unheimlicher aussehen ließen, machten nichts besser. Nicht einmal die mitleidigen Blicke der Krankenschwestern machten etwas besser. Wenigstens hatten die Journalisten aufgehört mich zu verfolgen. Schon damals hatte ich angekündigt, dass ich aufhören wollte, mit meiner Karriere. Obwohl ich es liebte auf der Bühne zu stehen, hatte ich meinen Traum für Melli aufgegeben. Wobei ich ja eigentlich ein Einzelgänger war. Gerade stieg ich in mein Auto, drehte die Musik auf 0, ließ die Scheibenwischer ihre Aufgabe tun und ließ die Welt an mir vorbeiziehen. Seit Tagen konnte ich nicht mehr schlafen. In den letzten Wochen ging es, nur irgendwie hatte ich eine schreckliche Vorahnung. An einer roten Ampel erhöhte ich das Volumen des Radios, wo mir gerade Twenty One Pilots mit Car Radio um die Ohren sausten. Seufzend ließ ich es laufen und sah auf die verregnete Stadt vor mir. Alles war grau, wenn es regnete. 

Zuhause angekommen, setzte ich mich auf mein Sofa und starrte auf den schwarzen Bildschirm meines Fernsehers. Seit wenigen Monaten besaß ich eine Wohnung. Um ehrlich zu sein war es die Wohnung, die Melli sich ausgesucht hatte und hier einziehen wollte. Mit dem Gedanken zu spielen, dass sie vielleicht nie hier einziehen könnte, schlief ich ein. 

Mein Handy weckte mich. Doch nur wenige Sekunden später hörte es auf zu klingeln. Seufzend rieb ich mir die Augen und sah mich um. Es war dunkel draußen. Kaputt setzte ich mich auf und dachte kurz an Anne. Sie war wieder zurück gefahren, stimmt. Ich hatte niemanden hier. Deswegen vertrieb ich mir meine Zeit damit, Songs zu schreiben. Dieser hier war bisher mein Favorit. Er hieß 'Wake me up'. Den hatte ich eigentlich für Melli geschrieben. Sie sollte die Erste sein, die ihn zu Ohren bekam. Doch dieser lag schon ein Jahr einfach herum, wie sie. Als sich meine Augen wieder an das grausame Naturschauspiel draußen hefteten, beschloss ich den Text und alle Unterlagen einzupacken und mich auf den Weg zu meinem alten Label zu machen. Sie nahmen mich wieder an, was für eine Überraschung, und die Single 'Wake me up' wurde produziert. Nachdem ich das Lied das erste Mal im Studio gesungen hatte, waren alle begeistert und waren davon überzeugt, dass die eine Aufnahme genügte. Am frühen Morgen kam ich wieder Zuhause an. Die Gesichter der vielen Menschen vom Studio gingen mir nicht aus dem Kopf. Sie waren alle falsch, das merkte ich auf dem ersten Blick. Wieder klingelte mein Handy, doch diesmal konnte ich den Hörer abnehmen. "Hallo?", kam es leise aus meinem Mund. "Spreche ich mit Herrn Sheeran?", fragte mich eine helle Stimme am anderen Enden. "Ja.", hustete ich und trank einen Schluck Wasser in meiner Küche. "Es tut mir leid Ihnen das sagen zu müssen, aber ihre Freundin Melissa Hood ist leider vor wenigen Minuten verstorben."


Wake me up {Ed Sheeran Story} ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt