,,Grün oder pink?", abwechselnd hielt Lea sich die Sweatshirts an und blickte fragend zu mir. Wir irrten nun seit geschlagenen zwei Stunden durch die verschiedenen Shops des Einkaufszentrum, aber um ehrlich zu sein, tat es gut mal wieder etwas anderes zu sehen und an solche unsinnigen Dinge wie Klamotten zu denken.
Wir waren bereits vollbepackt mit Tüten und trotzdem war ein Ende noch nicht in Sicht, auch wenn unsere Füße schmerzten. Abgesehen davon musste ich es doch ausnutzen, dass mir meine Eltern nach meiner Aktion auf dem Geburtstag meiner Oma keinen Hausarrest oder eine ähnlich bescheuerte Strafe aufgebrummt hatten. Ich hatte mir lediglich einen viel zu langen Vortrag über Familie, Werte und Normen anhören müssen. Dabei hatte ich mir die ganze Zeit über auf die Zunge gebissen, um ja nichts zu sagen, denn über Werte und Normen hätte ich ihnen auch einiges erzählen können. Egal, ich hatte es über mich ergehen lassen und zunächst war das Thema vom Tisch.
Gott sei Dank.,,Hmm ich glaube pink würde dir bei deinen braunen Haaren besser stehen. Nimm das Pinke!", ich nickte entschlossen und schon hing sie den grünen Hoodie zurück auf den Kleiderständer, nur um das Pinke über ihren Arm zu werfen, ehe sie ihre Tüten vom Boden aufhob.
,,Es gibt doch nichts besseres als Sale, oder? Wir haben so viel Kohle gespart. Aber ich glaube ich muss echt mal wieder Platz in meinem Kleiderschrank machen!", lachte sie, während wir gemeinsam in Richtung Kasse liefen, um das auserwählte Stück zu bezahlen.
,,Hör mir auf, meiner quillt auch fast über, aber ich komme einfach nicht dazu. Die ganzen Klausuren im Moment, dann noch so beschissene Referate... Ich hab gerade echt keinen Bock mehr, am liebsten würde ich das Abi hinschmeißen", natürlich war das nichts, was tatsächlich eine Option darstellte, denn dann wäre ich wahrscheinlich sofort zu Hause rausgeflogen und ich wusste selbstverständlich auch, dass so ein Schulabschluss nicht unwichtig war... trotzdem war wohl jeder Schüler schon mal an diesem Punkt angelangt, an dem er sich am liebsten ein One Way Ticket gekauft hätte und abgehauen wäre.Lea war aber zumindest ein bisschen Motivation für mich, denn wir gingen gemeinsam in eine Klasse und um sie zu sehen stand ich dann schon ein wenig lieber morgens in aller Herrgottsfrühe auf. Wir kannten uns schon ewig. Bereits in der Grundschule waren wir in eine Klasse gegangen und seitdem waren wir unzertrennlich. Wir gingen durch dick und dünn, uns konnte absolut nichts trennen. Sicher hatten wir uns schon öfter gestritten, einmal sogar so heftig, dass wir uns die Freundschaft gekündigt hatten... Da waren wir zwölf gewesen und zwei Tage später hatten wir schon wieder gemeinsam Barbie gespielt. Wir konnten einfach nicht lange böse aufeinander sein. Ohne den anderen waren wir halt irgendwie nicht komplett.
,,Ohh Gott jaaa, ich weiß genau was du meinst", seufzte sie und kramte ihr Portemonnaie aus ihrer Handtasche.
,,Aber hey, nächste Woche Samstag steigt eine meega geile Party bei Tobias. Die ganze Stufe ist eingeladen, du solltest unbedingt kommen. Ich gehe definitiv hin, ich weiß nur noch nicht, ob ich alleine komme oder Julian mitbringe. Er ist so süß, aber irgendwie... ach ich weiß auch nicht", sprudelte es aufgeregt aus ihr hinaus und ich ließ sie erstmal reden. Sie war immer so. Ein bisschen zu aufgekratzt, was mich aber perfekt ergänzte, weil ich manchmal doch ziemlich zurückhaltend sein konnte.Eine Party also. Ich war nicht gerade das, was man als feierwütig bezeichnen würde, ich verbrachte meine Zeit lieber entspannt auf der Couch, als zwischen Betrunkenen, was vielleicht auch daran lag, dass ich immer alleine auf Partys war und im Gegensatz zu meinen Freundinnen nie meinen Freund mitbringen konnte. Und naja, wenn mal eine kleine "Party" im Krankenhaus stattfand, waren meine Freundinnen nicht dabei. Manchmal konnte man denken, dass wir in komplett verschiedenen Welten lebten.
,,Bring ihn doch einfach mit und guck, was passiert. Dann verbringst du Zeit mit ihm und siehst, ob er einfach nur süß ist oder... doch ein bisschen mehr", ich zuckte mit den Schultern, nahm ihre Tüte für sie entgegen, damit sie in Ruhe ihr Geld wegstecken konnte.
,,Hmm keine so schlechte Idee! Und was ist mit dir? Kommst du?", sie sah mich an und wenn ich mich nicht komplett täuschte, versuchte sie es tatsächlich mit dem Dackelblick.
,,Ich weiß nicht. Mal gucken."
,,Mal gucken heißt dann also nein, oder was? Man Hannah, du bist so eine Spaßbremse geworden", brummte sie und nahm mir ihre Tüte aus der Hand, während wir den Laden mit langsamen Schritten verließen.
,,Pff, bin ich gar nicht. Und mal gucken heißt nicht nein"
,,In deiner Sprache schon! Du warst seit Monaten auf keiner Party mehr. Ich krieg dich auch kaum noch zu Gesicht, ich bin ja schon froh, dass wir heute mal was zusammen machen!"Ich atmete tief durch und zog die Schultern hoch. Was sollte ich auch sagen? Zum Teil hatte sie ja recht, aber Partys waren eben nicht mein Ding. Davon abgesehen nahm die Schule viel Zeit ein und ja, das, was an Freizeit übrig blieb, verbrachte ich natürlich auch gern mit meinem Freund. Daran gab es meiner Meinung nach nichts verwerfliches.
,,Wir sehen uns jeden Tag!"
,,Toll, in der Schule oder was? Das zählt nicht und das weißt du auch! Hör mal, ich will dir ja gar keine Vorwürfe machen, okay? Ich weiß, du bist verliebt und das ist alles nicht so einfach. Ich meine nur, dass du eben nicht alles andere um dich herum vergessen darfst. Nicht nur deine Freunde, sondern vorallem auch dich selbst...", sie strich mir leicht über den Rücken und schenkte mir ein warmes Lächeln und trotzdem wusste ich nicht so ganz, was ich darauf antworten sollte. Ich wusste, dass es mit mir nicht einfach war und ich war wahnsinnig dankbar dafür, dass Lea so viel Verständnis für mich hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Freunden, die sich bereits von mir abgewendet hatten, weil ich weniger Zeit für sie hatte. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass ich mich dabei vergaß.Es ging mir gut, zumindest wenn ich nicht so viel Zeit hatte, um nachzudenken und mir alle möglichen Szenarien ausmalte, die dann in meinem Kopf wie kleine Kinofilme abliefen. Aber ging das nicht fast jedem so? Bei mir ging es dabei eben bloß um andere Themen.
,,Wie geht es Leo denn eigentlich so?", ich war froh, dass Lea von sich aus auf ein anderes Thema umschwenkte, so dass ich gar nicht in die Situation kam, mich irgendwie rechtfertigen zu müssen. Aber das war eben typisch Lea, sie hatte für solche Sachen ein ganz besonderes Gespür und das wusste ich zu schätzen.
,,Naja... die Chemo ist erstmal abgeschlossen, laut der letzten Untersuchung sieht es wohl ganz gut aus. Was das auf Dauer heißt, weiß wohl niemand. Ich hoffe einfach nur, dass kein neuer Tumor dazu kommt aber das wird die Zeit zeigen", sagte ich leise und bemühte mich um ein Lächeln.
Das Wichtigste war, positiv zu bleiben. Hoffnung zu haben. Wenn man die aufgab, war sowieso alles verloren und ich war nicht bereit zu kapitulieren.
Noch bestand die Chance, dass er igendwann einmal als geheilt gelten würde. Abgesehen davon war Leo ein Kämpfer und wenn einer das alles überstehen konnte, dann er.Den Krebs im Bein hatte er zumindest schon mal besiegt, auch wenn er dafür ein Bein verloren hatte. Aber was war schon ein Bein, wenn man dafür weiterleben konnte? Ich fand, dass das ein ziemlich guter Deal war.
Danach war ein Tumor in der Lunge festgestellt worden, den sie bereits mit einer Chemotherapie behandelt hatten, von der Leo sich gerade erholte und ich hoffte, dass das auch so blieb.,,Ich drücke die Daumen. Ich muss ihn auch mal wieder besuchen, ich bin schon so lange nicht mehr da gewesen"
,,Danke! Und ja, mach das ruhig, er würde sich bestimmt freuen dich zu sehen"
,,Wir könnten ja vor der Party gemeinsam zu ihm gehen. Dann hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ich würde Leo wiedersehen und du auf die Party gehen", sie strahlte, denn anscheinend hatte sie das Gefühl, sie hätte gerade die ultimative Idee gehabt, während ich keine Ahnung hatte, warum ihr diese bescheuerte Party so wichtig war.
Gott sei Dank hatte ich noch genug Zeit, um mir irgendeine Ausrede einfallen zu lassen, damit ich nicht dort auftauchen musste. Sie verstand es wahrscheinlich nicht, wenn ich absagte, weil ich schlicht und einfach keine Lust hatte. Dabei ging es nicht mal im Geringsten um Leo, aber würde sie mir eh nicht glauben.
,,Mal sehen. Erstmal muss ich jetzt nochmal in den Laden von vorhin und mir diese Schuhe kaufen, sonst kann ich heute Abend nicht schlafen", ich lachte leise und machte mit ihr auf dem Absatz kehrt, um die Shoppingtour fortzusetzen.
Manchmal gab es eben nichts Schöneres, als ein bisschen Normalität._____________________________________________________
Ihr Lieben,
ich wollte mich an dieser Stelle schon mal ganz herzlich für die ganzen Klicks bedanken. Es freut mich sehr, dass anscheinend doch einige meine kleine Story lesen. :)
Falls ihr noch irgendwelche Anregungen oder Ideen habt, dann immer her damit. Inspiration tut schließlich immer gut :D
Ein schönes Wochenende wünsche ich euch :)Achja, oben findet ihr übrigens den Song, der mich zu dem Titel der Story inspiriert hat und der ja auch bereits in der Serie gespielt wurde. Einer meiner all time favorites :D Viel Spaß damit!
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I will be your safety [Club der roten Bänder inspiriert]
Ficção AdolescenteLeo und Hannah. Zwei Leben, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine Liebe, die zum Scheitern verurteilt ist. Und trotzdem ist keiner von Beiden bereit, diese Beziehung aufzugeben. "Auf Dauer wird dir die Liebe zu diesem Jungen nur weh tun...