[ Newt + Sonya ]

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Für: Unbekannt

× × ×

Das Feuer knistert leise vor sich hin und taucht die Umgebung in ein warmes, orangerotes Licht. Schatten tanzen über die saftige Wiese, flackern an den Stämmen der Bäume entlang und zeichnen komplizierte Muster auf die Gesichter der Menschen.

Nachdenklich kaue ich auf meiner Unterlippe herum und zwirbel mein blondes Haar immer wieder um den Zeigefinger, ganz in meiner eigenen Welt versunken. Ich denke an das Labyrinth, an WICKED, an Gruppe A und B. An die vielen Toten. Ich denke an die Griever und die Cranks, an die Wüste und die Angst vor dem Brand, die mich während Phase Zwei tagtäglich in meinen Träumen heimsuchen und mir dort die Hölle heiß machte. Ich denke an meine Truppe, die ich mit Ach und Krach durch das ganze Spektakel navigiert habe. Viele der Mädchen respektieren mich immer noch als eine Leitperson, doch der Großteil hat sich längst der Führung des Asiaten untergeordnet, Minho oder so heißt er. Ein sarkastischer Typ, der ständig versucht auf peinlichste Art und Weise mit jedem weiblichen Wesen zu flirten, das nicht auf 3 am Baum ist, doch er nimmt mir die Last als Anführerin ab; das ist gut. Ich weiß nicht, ob ich dermaßen viel Verantwortung nach all dem Erlebten noch hätte tragen können.

Nachdenklich lasse ich meinen Blick über die versammelte Menschenmenge schweifen. Alle Kinder und die meisten älteren Personen schlafen bereits, es sind nur mehr Leute in meinem Alter hier. Meine Augen bleiben an einer Person hängen, Newt.
Er hatte den Brand, war ein Crank im Endstadium, kurz davor, Thomas zu töten. Sagt man zumindest. Keiner weiß so genau, wie er überlebt hat, niemand der Wissenden will genau darüber reden. Newt ist ziemlich verschlossen und plaudert nur ab und zu mit seinen besten Freunden - Thomas und Minho - doch ansonsten starrt er meist geistesabwesend in der Gegend umher, den Blick hochkonzentriert, als würde er etwas ausrechnen. Ein paar mal habe ich schon mit ihm gesprochen, es zumindest versucht, doch jedesmal sah er mich nur stumm an und antwortete so knapp wie möglich. Er fasziniert mich auf eine merkwürdige Art und Weise, es lässt sich nicht so genau sagen. Vielleicht ist es seine Haltung, ständig geduckt und angespannt, als wäre er noch immer auf der Flucht.
Vielleicht sind es seine dunklen Augen, wo ich mir manchmal einbilde, sie würden sich in mich hineinbohren und festkrallen, wie Dornen mit Widerhaken.
Oder es ist schlicht und ergreifend seine geheimnisvolle Erscheinung, das ungelüftete Geheimnis um sein Dasein.
Jedenfalls drehen sich meine Gedanken immer öfter um ihn, ohne dass ich es hätte verhindern können.

Stumm sehe in in den flackernden Schein des Feuers, das warme Licht beruhigt mich ein wenig und macht mich schläfrig. Ich gähne weit und rappel ich langsam hoch, schlurfe mit geducktem Gang auf meine Schlafhütte zu. Ich teile sie mir mit ein paar anderen Mädchen, nur die Hälfte davon kenne ich. Eine hat ihre Eltern bei der Flucht aus dem Labyrinth verloren und weint mir jede Nacht das Hemd voll, eine andere ist eiskalt abgebrüht und behandelt mich, als wäre ich ihre leibeigene Sklavin; was ich mir natürlich nicht gefallen lasse, weshalb es immer wieder Krach gibt zwischen uns. Heute Nachmittag erst hat sie mich angeschrien, warum ich ihr Bett den verschmutzt hätte, obwohl ich ihre verdammte Schlafstätte nicht einmal angesehen habe. So ein Stock...

Gerade öffne ich die Tür und trete ein, da entfährt mir ein teils erschrockener, teils überraschter Aufschrei.
Meine Matratze wurde komplett auseinandergenommen, die Innereien liegen als weißgraue Wattebausche am Boden verstreut. Hinter mir höre ich mehrere trampelnde Schritte, dann packt mich jemand an der Schulter und dreht mich herum. Ich sehe direkt in Lolas braune Augen, die ehemalige Hüterin der Schlitzer und dementsprechend auch eine kräftige, stark gebaute Braut. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen, um über meine Schulter hinweg ins Zimmer zu luggen.
"Wer war das?", fragt sie zornig und bückt sich nach einem der Wattebausche. Ich knirsche mit den Zähnen.
"Aleisha, oder wie die auch heißt. So eine...!", beginne ich zu fluchen, spucke mit Verwünschungen nur so um mich.
"Wo soll ich den jetzt schlafen? Am Boden sind viel zu viele Krabbelviecher", murre ich und helfe Lola, die Fragmente meines Bettes zusammenzuklauben.

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