Kapitel 8 ~ Statussymbol

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01.01.2115

Ich bin die ganze Zeit nur am zittern. Es fällt mir so schwer, Stift zu halten und das hier sauber und ordentlich zu schreiben! Außerdem fühle ich mich so schwach, wie noch nie zuvor.

"Be?" Luke klopft an die Tür und kommt ins Zimmer. Ich klappe das Tagebuch zu und lege es auf den Tisch neben meinem Bett.

Luke legt einen silbernen Karton neben mich.

"Zieh das an und komm dann runter." Sagt er und lächelt.
Dann verlässt er mein Zimmer. Als er die Tür hinter sich geschlossen hat, setze ich mich hin und öffne den Karton.

Mein Atem stockt.

In dem Karton befindet sich ein Kleid. Es besteht aus schwarzer Spitze und schwarzer Seide. noch nie in meinem Leben hat mir jemand so etwas Schönes geschenkt. Aber ich verstehe nicht ganz, warum er mir etwas so schönes schenkt. Mein Blick fällt auf die Tür zum Ankleidezimmer. Er hat ein Vermögen da rein gesteckt, damit ich teure Sachen tragen kann. Er will, dass ich vernünftig aussehe, damit er sich mit mir sehen lassen kann. Ich habe so ein wenig das Gefühl, dass ich so etwas wie sein Statussymbol sein soll.

Ein Mädchen, mit teurer Kleidung und perfektem Styling an seinem Arm. Ein Mädchen, mit dem er sich sehen lassen kann.

Ich seufze und ziehe das Kleid an. Es sitzt, wie angegossen. Es schmeichelt meinem Körper und lässt mich elegant und erwachsen wirken. Ich streiche über den Stoff und seufze erneut.

Das Kleid ist wunderschön. Wirklich! Aber ich fühle mich so anders in dem Kleid. Die vertraute Fremde ist wieder da. Aber dieses Mal ist sie mehr Fremd, als vertraut. In diesem Kleid bin ich nicht mehr ich. Wenn ich überhaupt von einem "Ich" sprechen kann.

"Oh man. Ich glaube, diese Pillen machen mich total verrückt." ich schüttele den Kopf und gehe ins Ankleidezimmer. Ich suche mir ein Paar schwarze Pumps und fahre mir einmal durch die Haare. Dann stelle ich mich vor den Spiegel und richte meinen Pony.

Als ich die Treppe zu Luke und Nathen runter gehe, sehen sie mich lächelnd an, wobei Nathens lächeln eher einem dreckiges grinsen ähnelt. Luke hält mir den Arm hin und ich hacke mich bei ihm ein.

Wir gehen zum Auto. Nathen hält mir die hintere Tür auf und will sich gerade neben mich setzten, da schaltet Luke sich ein.

"Nathen, komm nach vorn." Nathen seufzt und knallt die Tür zu. Dann lässt er sich auf den Beifahrersitz fallen und schnallt sich an.

Luke lässt den Motor an und fährt los. Die Welt zieht an uns vorbei und ich lasse meine Gedanken schweifen. Was meine Mutter gerade wohl macht? Bestimmt sitzt sie wieder vor dem Kamin und ließt ein Buch. Oder sie regt sich über die Nachbarn auf, die mal wieder vergessen haben, den Weg zu fegen. Vielleicht sitzt sie gerade aber auch in dem Cafe an der Ecke und unterhält sich mit dem süßen Kellner. Sie hat schon so oft von dem Mann geschwärmt.

Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, als ich mir vorstelle, wie sie ihm die Servierte mit ihrer Telefonnummer zu steckt.

Ich bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht merke, wie lange wir schon unterwegs sind. Deshalb zucke ich zusammen, als Luke meine Autotür öffnet. Ich sehe ihn nur verwirrt an.

"Abschnallen." Sagt er.

°•°•°•

Wir gehen über den Parkplatz und zu einem kleinen Wanderweg, der neben einem wunderschönen See, der von einem kleinen Wäldchen umrahmt wird, lang führt.

Der Boden ist viel zu weich für meine Pumps und ich muss mich an Lukes Arm fest halten, damit ich nicht hin falle.

Wir lassen den See und das Wäldchen hinter uns und gehen auf ein großes Gebäude zu, das mitten auf einer großen Wiese steht. Alles ist grün. So weit das Auge reicht. Das edle, weiße Gebäude mit den großen Glasfronten ist irgendwie fehl am Platz.

Der Wanderweg wird nun zu einem asphaltierten Weg, der zum Eingang des Hauses führt.

Wir gehen den Weg entlang und ich kann ein großes Schild mit der Aufschrift Zellantino erkennen.

"Was ist das für ein Haus?" frage ich.

"Ein Hotel. Wir gehen da aber nur ins Restaurant." Antwortet Nathen.

Als wir an der Tür ankommen, hält uns ein blonder Mann in schwarzem Anzug die Tür auf. "Guten Abend Gentleman." er nickt mir zu. "My Lady."

Ich lächele und nicke zurück. Noch nie hat mich jemand My Lady genannt.

Eine Frau, ebenfalls blond und in einem schwarzen Anzug kommt auf uns zu und lächelt Luke an. "Hallo Luke, schön, sie wieder zu sehen. Wie ich sehe, sind sie diesmal nicht allein." Sie sieht zuerst mich, dann Nathen an. "Ich bin Claudia. Ihre Kellnerin für heute Abend."

Luke lächelt. "Das sind Be und mein Bruder Nathen."

"Schön sie kennen zu lernen!" Claudia führt uns zu einem Tisch am Fenster. Wir setzen uns und Claudia gibt und die Speisekarten.

"700$?" Frage ich, als ich mir die Preisliste durch sehe.

Luke lacht. "Das ist hier noch ein Schnäppchen." Ich sehe ihn verwirrt an. Doch als ich mir die restlichen Preise durchlese, bemerke ich, dass er Recht hat.

"Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?" fragt Claudia.

"Eine Flasche Wasser und vier Gläser bitte." Antwortet Luke für uns alle. Nathen will ihn gerade widersprechen, aber bei Lukes Blick hält er den Mund.

Claudia nickt und verschwindet schnellen Schrittes in der Küche.

Ich sehe Luke fragend an. "Warum vier Gläser? Kommt noch jemand?"

Gerade in diesem Moment kommt eine Frau auf uns zu und legt Luke eine Hand auf die Schulter.

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