Kapitel 10 ~ Geburtstag

501 36 3
                                    


Es sind jetzt schon drei Wochen vergangen, seit ich von Luke gekauft wurde.

Ich sitze gerade auf dem Bett und schreibe mein Tagebuch. Mir geht es beschissen. Ich habe Kopfschmerzen und kann nicht mehr schlafen.
Ich lasse den Stift seufzend fallen und schließe das Buch. Vorsichtig stehe ich auf und gehe zu meinem Spiegel. Luke hat mir gesagt, ich soll mir etwas Schönes anziehen und mich ein bisschen auf hübschen.

Als ich in den Spiegel sehe, steht da wieder eine vertraute Fremde dieses Mal aber nicht das Mädchen, das so viel schöner ist, als ich. Sondern ein Mädchen mit eingefallenen Wagen und blasser Haut. Ihre Haare hängen glanzlos an ihr hinab.
Ich seufze wieder.

Was machen die Medikamente nur mit mir?

Ich fange an, meine Haare hoch zu stecken und trage etwas Make Up und Mascara auf.
Dann gehe ich zu meinem Ankleidezimmer und suche mir ein Kleid raus. Es geht mir bis zu den Knien und ist Himmelblau mit kleinen Rüschen und Perlen.
Ich nehme mir passende Schuhe und lege mir eine silberne mit einem blauen Stein um und betrachte mich im Spiegel.

Ich habe abgenommen. Das Kleid hängt schlaff an mir hinab. Ich seufze und gehe zu Luke. Er steht in seinem Schlafzimmer und knöpft gerade sein schwarzes Hemd zu.

Er sieht in dem schwarzen Zweiteiler echt gut aus. "Wow, du siehst toll aus!" Sagt er und kommt auf mich zu. Er nimmt meine Hand und dreht mich einmal im Kreis.
Ich zwinge mir ein lächeln auf.

Luke weiß nicht, wie beschissen es mir geht.
Er soll es nicht wissen ich will nicht, dass er sich Sorgen macht.

"Wo gehen wir hin?" Frage ich ihn.

"Zu einem Geburtstag." Er lächelt und nimmt meine Hand.
Wir gehen zusammen runter. Nathen wartet unten auf uns und mustert mich. Er ist in den letzten Wochen immer aufdringlicher geworden. Er fasst mich an. Vor zwei Tagen ist er in mein Zimmer gekommen, als ich mich umgezogen habe.
Ich war total erstarrt und er stand da einfach in der Tür und hat gegrinst.

Ich könnte es Luke erzählen. Der würde Nathen sein grinsen wahrscheinlich aus dem Gesicht schlagen. Aber ich hab Angst, was Nathen dann mit mir macht.

•°•°•°

Mit großen Augen sehe ich das Haus vor mir an. Nein, es ist kein Haus. Es ist eine Villa.
Luke legt mir eine Hand auf den Rücken und schiebt mich vorwärts. Aus der Villa kommt laute Musik. Als Nathen die Tür öffnet, kommt uns ein Typ mit einem roten Plastikbecher entgegen. Er übergibt sich in die Hecke neben der Villa. Ich rümpfe die Nase. Luke schiebt mich weiter nach vorn. Der Bass der Musik lässt meinen ganzen Körper beben und mein Bauch fühlt sich ganz komisch an.

Wir gehen zu einer Couch, auf dem ein Mann mit zwei Frauen an jeder Seite sitzt. Er lacht, als er uns sieht und steht auf. Mit offenen Armen kommt er uns entgegen. Hier ist die Musik etwas leiser.

"Luke! Schön dass du kommen konntest!" Die beiden klopfen sich gegenseitig auf den Rücken.

"Wenn der Meister Geburtstag hat, muss ich doch kommen. Alles Gute!" Sagt Luke und beide lachen.

Dann sieht 'der Meister' mich an. Er lächelt breit und umarmt mich. "Du musst Be sein. Luke hat mir schon viel von dir erzählt. Ich bin Mauricio." Ich lächele und nicke nur.

Mauricio wirft Nathen nur einen verachtenden Blick zu. Wie es scheint, mag er ihn auch nicht besonders.

Nathen sagt etwas zu Luke und dieser nickt. Dann verschwindet Nathen in der Menge.

Mauricio lächelt und setzt sich wieder zu den Frauen. Luke setzt sich auf eine Couch neben ihm und klopft neben sich. Ich setze mich neben ihn.

"Wie geht es euch?" Fragt Mauricio und nippt an seinem Plastikbecher. Dann springt er auf.

"Ich bin so ein schlechter Gastgeber. Wollt ihr auch was?" Fragt er und zeigt auf eine Tür.
Luke lacht.

"Hast du Jim Beam da?" Fragt er.
Mauricio lacht und nickt.

"Natürlich. Teilen wir uns die Flasche wieder?"

"So wie früher?" Luke schüttelt lachend den Kopf.

•°•°•°

Im laufe des Abends wird mir Mauricio immer sympathischer. Er ist ein fröhlicher und offener Mensch. Und er hat mir viel über Luke erzählt. "Geschichten von früher" wie er es genannt hat.

Irgendwann sieht Mauricio Luke ganz ernst an. "Luke, wir müssen was bereden."
Ich sehe ihn verwirrt an. Dann fangen beide an zu lachen.

"nreden." Sagen sie beide.

Mich macht es glücklich, Luke so fröhlich zu sehen.
Zu Hause ist er immer so ernst und kurz angebunden. Hier bei Mauricio ist er locker und unbeschwert. Am liebsten würde ich hier bleiben.

"Wie geht es eigentlich deinem Bruder?" Fragt Mauricio.

"Ach, der macht Unsinn und nervt. Also geht's ihm gut."
Mauricio seufzt und sieht mich an.

"Nimm dich vor ihm in Acht. Der ist gar nicht so nett, wie er aussieht." Sagt er ernst.

"Ich weiß." Nicke ich.

Mauricio steht auf. "Gut. Und jetzt, lasst uns feiern." Er lächelt und nimmt meine Hand. Dann zieht er mich in die Menge.

Das ProjektWo Geschichten leben. Entdecke jetzt