Nach dem wir noch einige Äste höher geklettert waren, blieb Zebra plötzlich stehen.
„Hier sind wir", sagte sie und schob sich durch eine Wand aus Zweigen, die so aussah als hätte sie keinen natürlichen Ursprung.
Ich warf einen kurzen Blick zu Ivo und ging Zebra nach. Was ich dann sah warf mich vollkommen aus der Bahn.
Ein Baumhaus stand direkt vor uns. Es war riesig, fast so groß wie eine gewöhnliche Hütte und schien durch die Zweige und Äste vollkommen geschützt.
„Das ist ja großartig!", rief ich und sah es mir genau an.
Das Holz wirkte an manchen Stellen schon älter und an manchen Stellen war es neu. Es hatte mehrere Fenster, die man mit Fensterläden öffnen und schließen konnte und eine Flügeltür von der man aus auf eine kleine Terrasse kam, wo man sich hinsetzen konnte.
„Die Flügeltür war meine Idee", sagte Zebra. „Ich habe es vor einem Monat hier gefunden und mir gedacht, dass es Ivo gefallen könnte nicht immer auf dem Boden schlafen zu müssen." Sie grinste.
„So weit weg vom Boden leben wollte ich nun auch wieder nicht", lachte Ivo und in mir braute sich ein heimatliches Gefühl zusammen. Ich hatte kurioserweise das Gefühl, hierhin zu gehören.
„Es ist so wunderschön, Zebra", schwärmte ich.
„Ihr solltet es erst einmal von innen sehen", sagte Zebra und lachte herzlich.
Ich folgte ihr ins Baumhaus, denn ich konnte es nicht abwarten zu sehen, ob es das hielt, was es von außen versprach.
Von innen wirkte es noch geräumiger. An der Wand stand ein Regal aus massivem Eichenholz in dem zu meiner Freude Bücher standen. Ich liebte Bücher.
Zu Hause hatte ich immer nur ein Buch mit Märchen gehabt. Es war nicht wichtig zu lesen, wenn man es nicht musste, hatte meine Tante immer gesagt, aber für mich war es wichtig. Man tauchte in fremde Welten ein und versetzte sich in viele Figuren hinein. Es zeigte einem Seiten vom Leben, die man selbst noch nicht erkundet hatte.
Und nun hatte ich ein ganzes Regal voll mit Büchern.
In der Mitte war eine kleine Feuerstelle in einer Steinschale und darüber im Dach eine Luke, damit der Rauch abziehen konnte. Direkt daneben, lagen zwei Matratzen und mehrere Decken und Kissen. Ich konnte nicht mehr aufhören zu lächeln.
„Das ist so schön."
„Ja. Und das Beste ist, dass nur wir von dem Baumhaus wissen. Ihr müsstet sonst immer umherziehen und ständig bereit sein vor Padma zu flüchten. Das Baumhaus gehört jetzt euch allein."
Zebra grinste.
„Danke, Zebra", sagte Ivo und umarmte sie. „Das Haus ist wunderschön. Vielen, vielen Dank."
Das Mädchen lächelte noch einmal bevor sie sich umdrehte und zur Tür hinaus verschwand.
Dann rief sie: „Bis morgen! Und dann bring ich dir anständige Bekleidung mit, Kiki!", und ich wandte mich den Büchern zu.
„Chiara?"
Ich drehte mich um.
„Chiara, ich muss das alte Lager beseitigen und uns etwas zu Essen besorgen. Es dauert nicht lange."
„In Ordnung." Ich nickte. „Darf ich mir die Bücher anschauen, Ivo?"
Er lächelte. „Natürlich. Sie gehören mir. Zebra hat sie davor gerettet verbrannt zu werden; glaube ich zumindest. Vielleicht hast du Probleme mit der Schrift. Sie ist anders als die Schrift, die du kennen solltest. Die Buchstaben haben teilweise andere Formen und es ist alles sehr verschnörkelt."
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Dämonenschatten
FantasyAls Chiaras Eltern von einem Schatten getötet werden, flüchtet sie in den Wald. Dort trifft sie auf Ivo, der ausgestoßen von der Gemeinschaft der Waldgeister lebt, einer Gruppe von Menschen, die seit über einhundert Jahren abgeschnitten von der Zivi...