Bloody Thunder

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Mein Kopf war etwas schwer, als mein Wecker mich um 9 aus dem Schlaf holte. War wohl doch etwas viel Wein gewesen.

Da ich Alex gesagt hatte, ja erst mittags im Studio aufzuschlagen, musste ich um 10 die Tür aufschließen und quälte mich mehr oder weniger aus dem Bett. Ein kurzer Blick aufs Handy. 2 Emails, wovon eine Werbung war und die andere ein Dankeschön des Managers der Band, deren Album wir remastered hatten. Keine Anrufe, keine weiteren Nachrichten, kein Samu.

Wieder ärgerte er mich, dass es mich beschäftigte. Was war denn nur auf einmal los?

Ich sprang unter die Dusche, fönte meine Haare und band sie zu einem hohen Pferdeschwanz. Kurzes Make-Up und dann schwang ich mich in kurze Jeansshorts, und ein weites hellblaues 3/4 Shirt, das meine rechte Schulter unbedeckt lies. Dazu schwarze Bikerboots und eine lange Silberkette.

Im Rausgehen schnappte ich mir eine Banane, goss mir einen Kaffee in meinen Thermobecher, setzte meine Sonnenbrille auf, schnappte mir meine Tasche und kletterte in meinen SUV, um Richtung Downtown zum Studio zu fahren.

Draußen war es bedeckt und es war Regen angesagt. Wenn es in LA regnet, befindet man sich besser nicht in seinem Auto auf der Straße. Die Leute reagieren alle etwas disconnected. Es regnete sehr selten und wenn es das tat, dann oft sehr heftig und die Autofahrer benehmen sich dann, als würde es Säure regnen, die sich durch das Autodach fressen könnte. Statt sich also zu freuen, dass sie im Trockenen sitzen, fahren sie wie die Irren oder halten auch einfach mal an, weil sie den Scheibenwischer am Auto nicht finden, weil sie ihn nie benutzen. Statt zu wischen, blinken sie einfach abwechselnd nur nach rechts und links.

Ich sah also zu schnell im Studio anzukommen, bevor es regnete.

Trockenen Fußes kam ich im Studio an, fuhr die Computer hoch, drosselte die Klimaanlage und nahm in meinem Sessel am Mischpult Platz.

Ich klickte mich durch den heutigen Terminplan und war erleichtert, dass nichts wirklich großes zu finden war. Alex arbeitete zur Zeit an einem Songs für eine lokale Punkband, den er bereits während meines Kurzurlaubs mit den Jungs aufgenommen hatte. Der sollte nun heute fertig werden. Ich wusste, dass sein Herz daran hing und ich wollte mich nicht zu sehr einmischen. Wenn er Rat oder eine Meinung wollte, würde er schon den Mund aufmachen.

Ich hörte mir die Aufnahme über die Lautsprecher an und war vollkommen begeistert. Die Plattenfirma würde es lieben und uns sicher auch mit dem Rest des Albums betreuen.

Ich wühlte in den Aufnahme der Band, die Ende der Woche ihr Showcase im Whiskey hatten. Wir hatten lange daran gearbeitet und ich trug mir den Termin schonmal in den Kalender, weil ich wirklich Lust hatte mir das ganze live anzusehen.

Ich beantwortete Emails und vertreib mir die Zeit mit Kleinkram.

Irgendwann fand ich mich an Alex Klavier im Aufnahmeraum wieder und klimperte, genau wie am Abnd zuvor darauf rum. Irgendwie war tatsächlich eine Melodie entstanden, die in meinem Kopf hängengeblieben war. Ich nahm alles mit dem Laptop auf. Vielleicht würde sich dazu ja endlich ein Text finden.

Mittlerweile hatte Alex mir geschrieben, dass er sich nun aus dem Bett gequält hatte, noch Kaffee trinken würde und gegen 15 Uhr im Studio ankommen und was zu Essen mitbringen würde.

Draußen wurde es immer dunkler und es schien sich ein dickes Gewitter anzukündigen.

Hoffentlich befand sich Samu gerade irgendwo mitten im dichten Verkehr der vollgestopften Straßen, zwischen irren Autofahrern und Platzregen.

Was zum Teufel war passiert? Diese ganzen Komplimente und die Provokationen. Dieser Streit, der Sex, das ganze Rumgekuschel und die Küsse im Pool, die Verabredung zum Dinner, die er dann nicht eingehalten hatte. Wenn er mich nur hätte ins Bett kriegen wollen, dann hätte er sich die Show am nächsten Tag ja auch sparen können. Dann hätte er mich auch einfach gehen lassen können. Schon nachts. Ich hätte ja kein Problem damit gehabt. Er hatte gewollt, dass ich bleibe und hatte ständig gestichelt und gebohrt, warum ich denn nun keine Nähe zulassen könnte - was totaler Quatsch war.

Wir hatten eigentlich einen schönen Tag am Pool gehabt und alles war ganz entspannt gewesen und als ich mich am Auto verabschiedet hatte, war er auf einmal total komisch und nun kam nichts mehr.

Ich verstand es nicht. Es wurmte mich weniger, dass er sich nicht meldete, als die Tatsache, dass ich nicht vertand warum. Blödmann. Vielleicht war der erste Eindruck wirklich der richtige gewesen und der Kerl hatte einfach nicht alle Latten am Zaun.

Alex erschien, noch etwas zerknautscht mit Tacos und Salat. Er bereichtete von der vergangenen Nacht. Die 4 hatten viel Spaß gehabt und waren nach den Cocktails noch im Roxy gewessen um zu tanzen.

Kate und er hatten sich für den nächsten Tag zum Dinner verabredet. "Na endlich. Das kann man sich ja auch fast nicht mehr angucken." lachte ich.

Er warf mit seiner Serviette nach mir. "Shut the fuck up, bitch." Ich grinste wissentlich und wippte mit den Augenbrauen.

Kurz nach dem Lunch erschien die Band, und wir verzogen uns an unser Pult, um mit Alex Song weiterzukommen.

Gegen 22 Uhr war alles im Kasten und die Jungs luden uns auf Drinks in eine Bar in East Hollywood ein. Alex's Kater war vergessen und kaum war die Einladung ausgesprochen stand er schon in der Tür und wollte los.

"Geht ihr mal ohne mich. Einer muss hier morgen früh ja die Tür aufschließen. Außerdem ist das euer Song. Mein Beitrag war nur minimal und ich bin auch gar nicht so in Feierlaune." meinte ich.

"Willst du wirklich nicht mit?", fragte Alex.

"Alles gut, Großer. Zieht los! Ich hab tatsächlich eine Melodie zustande gebracht und werde die Ruhe nutzen und noch daran arbeiten."

Gesagt getan. Die Jungs zogen los, ich schloss hinter ihnen ab, holte mir ein Glas Rotwein und verschwand in der Kabine am Klavier.

Ich hatte die Zeit total vergessen und als ich beschloss im Aufenthaltsraum rauchen zu gehen, hörte ich den Regen draußen und es donnerte ohrenbetäubend. Ich setzte mich ans Fenster und sah das Wasser draußen über den Bordstein fließen. So doll hatte es ewig nicht geregnet.

Es fuhren fast keine Autos und außer dem Regen und dem Gewitter war es draußen vollkommen still.

Gerade hatte ich mir eine Zigarette angezündet, als ich vor Schreck zusammenzuckte. Es donnerte so laut und blitzte, dass ich erst gedacht hatte, es hätte irgendwo eingeschlagen. Gerade hatte ich mich gefangen, als es wieder blitzte und eine Gestalt direkt vor mir am Fenster auftauchte.

Erschrocken wich ich zurück.

Hatte ich die Tür abgeschlossen. Wieder blitze es und die Gestalt stand immernoch am Fenster.

Kurze Panikattacke. Ja, die Tür hatte ich abgeschlossen.

Ich sah die Umrisse der Person, wie sie die Hände hob und an die Scheibe klopfte. Ich löschte das Licht, um besser nach draußen gucken und mich in der Dunkelheit verstecken zu können.

Ich traute meinen Augen nicht. Tropfnass, die Haare klebten ihm an der Stirn und er deutete hilfesuchend auf die Tür neben ihm: Samu!


Von der Muse geküsst -The truth about Hollywood Hills Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt