Kapitel 56

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Am nächsten Morgen wachte ich zwar ohne einen pochenden Schädel, dafür aber komplett verschwitzt auf. Möglich gleichzeitig schälte ich mich aus Bettdecke und Pulli, sprang aus dem Bett und riss die großen Fenster auf. Die warmen Sonnenstrahlen, die auf meinen Körper trafen, beruhigten mich für einen Moment. Mir fiel nicht mal auf, wie nass vor Schweiß selbst meine Haare und auch meine Jogginghose waren. Ob das an der Nacht im Pulli oder vielleicht an einen Albtraum lag, war mir ebenso egal. Es war einfach alles gut. Ich stand in einem Hotel mit Blick auf Beverly Hills und es lag kein nacktes Mädchen, das letzte Nacht mehr von meinem Körper in sich gespürt haben könnte, als nötig, auf dem Kingsize-bett. Erst das Klopfen an der Zimmertür brachte mich zurück in die Realität - dass da neben dem Guten auch noch ein verschwundener Freund irgendwo in LA und eine irgendwie betrogene Freundin daheim waren. "Ja, was ist?", murmelte ich auf dem Weg zur Tür, obwohl ich mir nicht sicher war, ob man das draußen überhaupt gehört hatte. Auf dem Weg schnappte ich mir ein frisches, gleich wohl nicht mehr ganz so gut richendes, Shirt aus meinem Koffer und zog es mir über. Man konnte ja nie wissen. Als ich die Tür öffnete, lehnte an der gegenüberliegenden Wand Harry. Er wirkte verzweifelt, das sah man an seinem Blick. Seinen Händen, die er knetete und knacksen ließ, als würde er sie für den Kampf warm machen, verrieten mir allerdings, dass er sauer war. Aber wohl eher nicht auf mich. "Gut, dass du auch mal wach bist, Liam. Du weißt nicht zufällig auch nicht, wo Louis ist?" Ouu, okay, er hatte also mitbekommen, dass Louis nicht da war. "Hast du schon in seinem Zimmer geschaut?", fragte ich vorsichtig, obwohl mir die Antwort längst klar war. "Falls du das meinst, ja, ich habe Hotelpersonal geholt, die mir, eher ungern, die Tür geöffnet haben, und dann nicht mehr als ein gemachtes Bett vorgefunden." "Dann ist er wohl nicht hier", stellte ich fest, als wäre das nicht offensichtlich. Aber was wollte Harry? Ich konnte ihm ehrlich gesagt auch nicht helfen. "Vielleicht hat er gestern Abend einfach das Hotel nicht gefunden und dann wo anders übernachtet. Er kommt bestimmt gleich ins Studio." Auch wenn das natürlich nicht ganz glaubwürdig war, versuchte ich es so rüberzubringen, und Harry warf mir sogar einen dankbaren Blick zu. Vielleicht einfach, weil ich ausnahmsweise keinen totalen Schrott erzählt hatte. "Gut, wir sehen uns dann gleich. Ich muss mich noch fertig machen", erklärte ich und Harry nickte abwesend. Ich schloss die Tür, aber nicht ohne noch einmal sicher zu gehen, dass er ging, und nicht vor meiner Tür herumlungerte. Ich duschte mich diesmal schnell und wärmer als gestern. Ich hatte jetzt eindeutig genug Temperaturschocks erlitten.

Genau als wir am Studio vorfuhren, hielt neben uns ein Taxi, aus dem ein ungekämmter und nicht gerade glücklich wirkender Louis stieg. Sofort fiel mir auf, dass er nicht die selben Klamotten wie gestern Abend trug, sondern eine andere Hose mit einem Shirt, das aber eindeutig auch ihm gehörten. Eigentlich hätte Harry jetzt erleichtert ausatmen müssen, weil das doch dafür sprach, dass er im Hotel gewesen war. Nur blöderweise hatte dieser gestern wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, was Louis angehabt hatte.

Louis war abwesend, die ganze Zeit. Und ausnahmsweise verteidigte Harry seinen Freund nicht immer, wenn er wegen eines schiefen Tons angemotzt wurde. Er warf ihm einfach einen aufmunternden Blick zu und obwohl selbst das Harry sichtlich Überwindung koste, ignorierte Louis es. Aus ihm wurde ich wirklich nicht schlau.

Mittags hatte ich gerade meine Sportsachen gepackt und wollte mich auf den Weg in einen Fitnessraum machen, als ich laute Stimmen aus dem Zimmer schräg gegenüber hörte. Das waren eindeutig Harry und Louis, aber ich konnte nicht richtig verstehen, was sie sprachen. Auf jeden Fall war ich aber erleichtert, dass sie redeten, obwohl sie das Schweigen sicher auch so nicht mehr lange ausgehalten hätten. Zwar hörte sich das Gespräch nicht grade freundlich an, aber ich kannte das doch auf. Es brauchte nur einer irgendwie zu sagen, dass es ihm leid tat, der andere presste seine Lippen auf die des Freundes und alles war wieder Friede Freude Eierkuchen.

What is a Ziam? || Ziam MayneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt