♣ Das Ende ♣ Die Gegenwart ♣

32 3 1
                                    

Auf meinen Händen klebt Blut, dunkles, schwarzes Blut. Dicke Tropfen, die auf meiner Haut abperlen, eine giftige Spur auf meinem Handrücken hinterlassen und dann auf den dunklen Erdboden fallen. Wo bin ich?

Mein Mund ist trocken, die Lippen rissig und Haare kleben mir in den Mundwinkeln. Scheiße, scheiße, scheiße, was ist passiert? Ein kehliges Lachen ertönt, laut, grausig und in mir zieht sich alles zusammen. 

"Nathalie", es ist Johns Stimme. Er klingt schwach, kränklich und ich sehe mich panisch um. Er kniet hinter mir, sein Oberkörper ist nackt und seine ausgeprägten Bauchmuskeln spiegeln sich im Schein des Mondes. 

Über seinem Bauchnabel sind zahlreiche Schnittwunden, aus denen rote Flüssigkeit tropft. Sein Gesicht ist grotesken Grimasse verzogen und in seinen dunklen Augen spiegelt sich unendlicher Schmerz.

"John", keuche ich, die Welt verschwimmt vor meinen Augen. Farbe fließt in Farbe und mühsam quäle ich mich auf die Beine, um kurz darauf wieder das Gleichgewicht zu verlieren und mit einem dumpfen Schlag auf den Boden zu fallen.

"John", ich flehe ihn an, dass er zu mir kommt, mich in seine Arme nimmt und mich wie ein Baby hin - und her wiegt. Ich will sein Herz spüren, wie es regelmäßig schlägt, wie es für mich schlägt. Wie damals, als ich als kleiner Kind von der Schaukel gefallen bin und mir John den Ellenbogen gehalten hat, bis ich zu Hause mit einem Pflaster auf dem Bett lag.

Das erste Mal, dass er die Nacht bei mir verbracht hatte. 

Hinter mir raschelt es, etwas schleift über den Boden. Äste brechen in der Mitte in irrationale Teile, Steine knirschen und ich höre ein rasselndes Atmen hinter mir. Sein Atem streicht über meinen Nacken, als er mir die Hand auf die Wange legt. "Du", knurrt er plötzlich, weicht von mir zurück und starrt mich feindselig an.

"Was ist passiert?", ich hatte geschuftet, wie verrückt. Mit Thomas geschlafen, mich mit John zerstritten. Doch Thomas hatte mir nichts geschenkt und der Ball war immer näher gerückt. Ich hatte mich für den Ball fertig gemacht .. Mit Thomas getanzt, es schlug Mitternacht und dann? UND DANN?

"Rivus ist nicht der, für den wir ihn gehalten haben", seufzt John müde und legt sich eine Hand auf die Stirn. "Wir haben seit über einer Woche nicht mehr geredet."

"Ich habe nicht gezahlt", sage ich tonlos und spüre das heftige Kratzen in meiner Stimme. Ein Kratzen, das mir die Kraft zum Sprechen nimmt und mich nieder ringt. 

Ich liege auf den Boden, starre hinauf in den Himmel, es ist eine wolkenlose Nacht und beginne die Sterne zu zählen.

"Rivus hat Thomas getötet. Um vierundzwanzig Uhr", sagt John stockend und legt ebenfalls den Kopf in den Nacken, eine einzelne Träne tritt aus seinem Auge heraus, macht einen kleinen Schlenker und tropft auf den Boden. 

"Dann hat er gemeint, dass wir alle sterben werden. Wir alle. Die Stimmen in seinem Kopf haben es ihm gesagt", murmelt er und ich spüre, wie sich meine feinen Härchen auf den Armen aufstellen. 

"Wir sind .."

"In seiner Arena. Crazy Tabs Füchlsenwiese", wir sehen uns an. Lange. "Er hat das Gebiet abgesperrt. Es gibt kein Entkommen mehr."

 Ich starre auf das Blut auf meinen Händen, auf die Wunden aufs Johns Oberkörper und beginne zu weinen. 

John bleibt ruhig, sieht mir zu, kommt näher. 

"Tötest du mich?", frage ich ihn schluchzend, versuche auszuweichen, kann mich aber nicht rühren. Ein Stein gräbt sich in das Fleisch meines Beines, aber es ist, als wäre ich festgeklebt.

Nur eine Marionette in einem Spiel, einem Spiel von Rivus. An meinen Fingern sehe ich die silbernen Fäden, die hoch in den Himmel führen und irgendwann verblassen. 

Bad CinderellaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt