„Hallo, meine Schöne." Seine Stimme war ihr immer noch fremd, obwohl ER schon so viel mit ihr gesprochen hatte. Sie kauerte wieder in dem Raum voller Dunkelheit, keine Puppen, kein Stuhl, nur Leere. „Wie ich gesehen habe, hast du deine Aufgabe erledigt. Das erfüllt mich natürlich mit unfassbarem Stolz." Zusammengesunken saß Claire da, fragte sich, wieso sie ihrem Bruder so etwas angetan hatte und woher ER wusste, dass sie es tatsächlich getan hatte. Aus Angst vor einer Kreatur, die doch nur in ihrem Kopf existierte, hatte sie ihren Bruder leiden lassen, mit purer Absicht.
„Heute bekommst du eine weitere, noch viel bessere Aufgabe. Bist du bereit mir ein weiteres Mal Freude zu bereiten, liebste Claire?" Als hätte ER gewusst, dass sein Opfer nicht antworten würde, fuhr ER ohne Pause mit seinem Monolog fort. „Morgen wirst du, meine Schöne, deiner besten Freundin sagen, dass ihr Freund sie betrügt, haben wir uns verstanden?" Es war still. Wollte ER nun doch eine Antwort? „Claire? Haben wir uns verstanden?" Seine Stimme klang drohend, und sie wusste, ein Nein würde ER nicht ohne Weiteres akzeptieren. „A-Aber er betrügt sie doch gar nicht." Es war lächerlich, dass ihre Stimme so piepsig und leise klang. „ Naja, das muss ja niemand erfahren, oder?" ER lachte ein teuflisches Lachen, Tränen bildeten sich in Claires Augen. Was machte ihr eigentlich solche Angst? ER war doch nur eine erfundene Figur, nicht wirklich. Sie hingegen war real, zumindest in ihrer Welt, in die ER offensichtlich nicht passte. „Claire, wir wollen doch nicht, dass dir oder Vanessa – So war doch ihr Name, oder? - jedenfalls wollen wir alle nicht, dass euch beiden etwas passiert. Vollführst du deine Aufgabe jedoch nicht wie erwünscht, werde ich euch wehtun, liebe Claire. Passt das in deinen hübschen Kopf?" Zitternd, die Beine an den Körper gezogen, saß sie auf dem kalten Boden und versuchte sich klarzumachen, dass ER nur bluffte. ER konnte nur bluffen.
„Gute Nacht, mein Schatz." Froh, endlich von ihm erlöst zu sein, entfuhr ihr ein Seufzen.
„Ach, und, Claire, sag Vanessa, dass ihr Freund ganz wunderbar küssen kann."
Und dann waren da wieder nur ihr Zimmer und die Stille. Seine Stimme war verschwunden, sie befand sich zurück in ihrer Welt. „Ich bin verrückt." , flüsterte sie in die Dunkelheit. „Total verrückt." Vielleicht war sie tatsächlich verrückt geworden. Vielleicht hatte sich tatsächlich etwas in ihrem Kopf eingenistet, etwas, was sie total komisch denken ließ, doch wieso sollte jemand anderes darunter leiden müssen? All das war ihr Problem; die Einzige, die diese Last tragen sollte, war sie selbst. Niemals, würde sie ihre beste Freundin verraten - sie hatte ihrem Bruder schon genug leiden lassen – selbst dann nicht, wenn ihr Leben davon abhinge. Der Albtraum konnte ihr Leben in keiner Weise kontrollieren.
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The nightmare
Teen Fiction„Wer sind Sie?" Selbst die eigene Stimme klang für Claire fremd, als hätte sie Wochen keinen Ton herausgebracht. „Ich, meine Liebste, bin dein schlimmster Albtraum."