„Claire, Claire, Claire.. Es wirdniemals vorbei sein. Ich habe noch zwei letzte Aufgaben für dich.
Bereite deinem Leben ein Ende. Es istder einzige Weg, findest du nicht auch? Aber erst sollst du mir einBuch schreiben. Das sind deine letzten Ziele. Schreibe und dannbringe dich um. Oder du wirst es bereuen."
Sie war schon lange nicht mehrglücklich, oder? Wie lange hatte sie schon nicht mehr gelacht? Ihregrauen Sneaker wirbelten den Staub auf, während sie sich sanft aufdie Kante setzte. Blonde Strähnen wehten in ihr Gesicht, aber dasmachte jetzt auch nichts mehr aus. Zittrig holten ihre Hände daskleine Buch hervor. Purer Stolz ließ ihr Inneres erbeben. IhreArbeit. Ihr Herzblut. Ihre Seele. Sie wusste es jetzt. Sie musste estun. Ihr Blick glitt nach oben, noch ein letztes Mal über die kargeLandschaft. Ein einsamer Ort, vielleicht ein bisschen wie sie selbst.Melancholisch.
Es war doch besser so. Sie hatte ihrMeisterstück vollbracht. Stunde um Stunde in ihrem Zimmer gesessen,geschrieben, gelesen, gestrichen und wieder geschrieben. Jetzt solltesie nichts mehr abhalten. Sie hatte mit der Zeit sowieso allenFreunden den Rücken zugewandt und ihre Familie war längstvergessen. Alles, was wirklich zählte, wurde beendet. Ein einzigesZiel, dafür hatte sie immer gelebt. Wozu sollten die Menschen schonexistieren, nur um zu sterben, wenn selbst die Erinnerungenverblassten?
Lebenswert.
Etwas, woran noch hunderte Jahre jemandteilnehmen konnte. Etwas, das die Welt veränderte. Ja, das klang gutund nicht wie ein einsames, verwirrtes, egoistisches, depressivesMädchen. Mit zärtlicher Vorsicht legte sie ihr Werk beiseite,strich den Staub ab und stand, nun nicht mehr so zögerlich, auf.Kräftige Wellen schlugen gegen die Steinklippe, und sie beugte sichweiter vor. Der Wind zerrte an ihrem schwarzen Kleid. Die Augengeschlossen, trat sie ins Leere und ließ sich in den Abschluss desLebens, ihrem Lebens, fallen.
Ruckartig schlug sie die blassblauenAugen auf. Ein seltsamer Traum.
Noch leicht schlaftrunken schwankte siezu dem alten Holztisch. Dann fing sie an, zu schreiben.
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The nightmare
Teen Fiction„Wer sind Sie?" Selbst die eigene Stimme klang für Claire fremd, als hätte sie Wochen keinen Ton herausgebracht. „Ich, meine Liebste, bin dein schlimmster Albtraum."