4 | Auf unsere Kosten

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1.955 Wörter

Als ich wieder aus dem Bad komme, liegt bereits ein schwarzes Shirt auf dem Bett. Ich schließe die Tür, ziehe mir meine eigenen Klamotten aus und schlüpfe in das Shirt. Es riecht nach Orange. Und Ingwer. Irgendwie mag ich den Geruch.

Anschließend mache ich das Licht aus und lege mich ins Bett. Augenblicklich merke ich, wie mich die Müdigkeit überfällt und ich falle in einen angenehm traumlosen Schlaf.

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Als ich am nächsten Morgen aufwache, strahlt die Sonne bereits hell ins Zimmer und blendet mich im ersten Moment etwas.

Ich richte mich auf und reibe mir kurz über die Augen. Dann schlage ich die Decke zurück und ziehe mir meine Klamotten an. Im Haus ist kein Ton zu hören, weshalb ich leise die Treppen runter in die Küche schleiche. Hier ist jedoch niemand.

Verwirrt wandert mein Blick zur Uhr über der Küchentheke. Schon halb eins?!, stelle ich erschrocken fest. Roy ist schon längst bei der Tankstelle. Klasse! Und wie soll ich jetzt hier wegkommen? Ich weiß doch gar nicht, wo ich hier überhaupt bin. Und seine Nummer habe ich auch nicht.

Verzweifelt tapse ich die Treppenstufen wieder nach oben, um zu sehen, ob von den anderen beiden noch jemand da ist.

Vorsichtig klopfe ich an die Zimmertür von Hillary. Als niemand anwortet, drücke ich langsam die Klinke runter. Vielleicht schläft sie noch oder hat mich einfach nicht gehört. Doch als ich ins Zimmer spähe, ist keiner da.

Rasch schließe ich die Tür wieder. Langsam beginne ich mich unwohl zu fühlen. Es ist seltsam in einem fremden Haus herumzuschleichen. Als wäre ich hier eingebrochen und müsste aufpassen, dass mich niemand erwischt.

Ich checke noch Eddies Zimmer, aber auch dort ist niemand und schließlich lasse ich mich deprimiert auf einen Stuhl in der Küche plumpsen. Ich wusste ich hätte nicht mit Roy mitgehen sollen. Das habe ich jetzt davon. Sitze hier und weiß nicht wie ich zu meinem Wohnmobil kommen soll.

Völlig ratlos stütze ich die Ellebogen auf die Oberschenkel, lege mein Gesicht in meine Hände und überlege, wie ich von hier wegkomme. Aber mir fällt einfach nichts ein, außer, dass ich hier warte, bis einer der anderen nach Hause kommt. Ein Taxi wäre bei meinem jetzigen finanziellen Stand einfach zu teuer. Und ich habe keine Ahnung, wo hier in der Nähe U - Bahnstationen sind.

Plötzlich höre ich, wie jemand einen Schlüssel ins Schloss steckt und die Tür aufgeht. Das ging ja schneller als gedacht, denke ich freudig.

In der Hoffnung es ist Roy, dem eingefallen ist, dass noch jemand bei ihm zu Hause sitzt, stehe ich auf und will gerade in den Flur gehen, als derjenige schon in die Küche kommt. Aber dieser Jenige ist definitiv nicht Roy.

Einen Moment starrt der Fremde mich etwas perplex an, dann bilden sich tiefe Furchen auf seiner Stirn und er fragt aggressiv: »Wer bist du?«

»Oh, hi! Ich dachte Sie wären Roy«, lache ich leicht nervös. »Sie wollen sicher wissen, was ich in Ihrer Küche mache. Nun ja, das ist eine etwas längere Geschichte.« Unsicher presse ich die Lippen aufeinander und wippe auf die Zehenspitzen, so wie ich es immer mache, wenn ich in unangenehmen Situationen stecke. Und diese Situation ist definitiv unangenehm.

Der Fremde, der wahrscheinlich der zweite männliche Mitbewohner ist - wie hieß er noch gleich? Ach genau, Ryan - kommt einen Schritt auf mich zu und legt den Schlüssel auf dem Küchentisch ab. Lässig, aber mich dennoch nicht aus den Augen lassend, zieht er einen Stuhl hervor, setzt sich breitbeinig darauf und stützt die muskulösen Unterarme auf die Rückenlehne.

Linkshänder küssen besser ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt