Kapitel 33 Voria

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Jeder von uns vier starrte ungläubig auf Franklyn, der jedoch nur mich ansah. Geduldig schien er darauf zu warten, dass ich etwas sagte, doch ich konnte nicht. Mein Kopf war leer. Ich konnte zwar nicht sagen ob er leer vor Entsetzen oder vor Überraschung war, doch das war nicht mein größtes Problem im Moment.

Trotz der Leere in mir öffnete ich meinen Mund, aber wie erwartet entwich mir kein Laut. Hilflos warf ich Noel einen verzweifelten Blick zu, da er vielleicht wusste, was ich sagen sollte, doch er war genau so überfordert mit der Situation wie ich.
Ich sah zu Michael und Cole und erkannte, dass sie sich schon wieder beruhigt hatten, auf eine schlechte weise jedoch.
Todernst hielten sie ihren Blick starr auf Franklyn gerichtet und angespannt ruhte ihre Hand auf den Revolver, der an ihrer Hüfte befestigt war.
Erschrocken drückte ich Noels Hand und wollte schon etwas sagen, um zu verhindern, dass mein Vater und der Erzengel ihre Schusswaffen benützen würden, aber bevor ich etwas machen konnte, fing Franklyn schallend laut zum Lachen an.
Perplex stoppten die beiden Männer in ihrer Bewegung und die Pistole glitt dadurch wieder in seinen Halter.
Erleichtert seufzte ich leise auf.

"Was ist denn so lustig?", fragte Cole argwöhnisch und zog seine Augenbrauen zusammen.
"Es tut mir leid, sir, aber von Ihnen der Gesichtsausdruck war einfach zu köstlich.", schmunzelte Franklyn.
Er drehte sich wieder zu mir und wollte etwas sagen, doch genau in dem Moment ertönte ein lauter Schuss und ich zuckte erschreckt zusammen.

Fassungslos sah ich zu Michael, der noch immer mit vorgehaltenem Arm und einem eiskaltem, emotionslosen Blick auf meinen ehemaligen Bodyguard zielte. Ein weiterer Schuss ertönte. Noch einer. Und noch einer.
Bei jedem Schuss zuckte ich zusammen und nach dem dritten, wollte ich mich losreißen und auf Michael zurennen, doch Noel hielt mich fest.
"Nein! Hör auf! Lass mich los!", schrie ich und zappelte wild in seinen Armen, aber Noel war zu stark für mich.
"Elia, beruhig dich! Sieh, mit Franklyn ist alles in Ordnung.", beruhigte er mich und zeigte auf ihn.
Verwundert stoppte ich und sah zu ihm. Tatsächlich. Mein Bodyguard stand unbeschadet an der selben Position wie vorher und hielt die Patronen der Pistole in seiner Hand.

"Was zur Hölle...?", flüsterte Cole und wurde blass.
Franklyn seufzte laut auf und warf die Patronen beiseite. Mit tadelnder Stimme sagte er:" Finden Sie es denn nicht moralisch verwerflich mich anzuschießen, aber den Seraphim nicht? Immerhin ist sie das gleiche Wesen wie ich und sie haben Sie nicht angeschossen. Nun ja-". Er stoppte und drehte sich zu mir. "Elia, ich bin mir sicher du hast einige Fragen, aber keine Sorge, ich werde sie alle beantworten."

Ich war leicht überrascht über diesen schnellen Themawechsel, doch ich nickte und fragte:" Was bist du ... also eigentlich wir?"
"Wir sind eine fast ausgestorbene Unterart der Demons, doch trotz dem ähnlichen Aussehen enden hier die Gemeinsamkeiten von der dämonischen Seite. Nur sehr ungern werden wir als Demon bezeichnet, wir sehen uns mehr als Elementary an, da wir ebenfalls von ihnen abstammen."
"Wie heißt unsere Art?"
"Voria, aber in alten Legenden werden wir auch "Rachegötter" genannt."
Als er das sagte musste ich schmunzeln. Rachegötter passte wirklich perfekt.

"Also wenn ich das richtig verstanden habe, sind Voria sowohl eine Unterart der Demons, als auch von Elementarys, richtig?", fragte Noel und Franklyn nickte geduldig. "Genau."
"Das heißt aber, dass ihr in der bevorstehenden Schlacht zu den Demons gehört, immerhin stammt ihr von ihnen ab. Also macht das euch zu unserem Feind.", mischte sich Michael feindselig ein und schien Franklyn mit seinem finsteren Blick zu durchbohren.
Als mein Vater das hörte wandte er sich erschreckt an ihn:" Sei nicht so vorlaut mit deinen Spekulationen, immerhin ist meine Tochter auch eine von ihnen!"
Michael drehte sich zu mir und sah mich nachdenklich an. "Vielleicht gehört sie auch zu den Demons?"

Entgeistert blickte ich zu dem Erzengel und wollte ihn fragen, ob er von allen guten Geistern verloren war, doch Noel kam mir zuvor. Aufgebracht stand er auf und stapfte auf ihn zu.
"Spinnst du? Wie kannst du ihr das vorwerfen? Ausgerechnet ihr, die so viele schlechte Erfahrungen mit Demons hatte.", ging er ihn wütend an und ich sprang schnell auf, um ihn zu stoppen, bevor er noch etwas tat, was er bereuen würde. Besänftigend legte ich ihm meine Hand auf seine Brust und sah ihm flehend ins Gesicht.
"Hör auf Noel, es ist schon in Ordnung.", beruhigte ich ihn und er entspannte sich langsam wieder. Trotzdem grummelte er in Michaels Richtung, dann nahm er meine Hand und ließ sich wieder auf die Couch nieder, auf der wir zuvor schon saßen.

"Nachdem sich wieder alle beruhigt haben, kann ich ja weiter machen.", sagte Franklyn leicht genervt und verdrehte seine Augen.
"Michael, du hast Unrecht. Ich habe es schon zuvor gesagt und sage es nochmals: Wir wollen nicht mit Demons verglichen werden, weil wir Luzifers Weltanschaaung nicht teilen. Wir sind eigentlich ein friedliches Volk und nicht blutdürstend wie die Kreaturen der Hölle. Außer wenn man uns wütend macht, denn wie es Elia gezeigt hatte, sind wir dann keine netten Gesellen."

Es war mir unangenehm, dass er das sagte, doch er hatte recht.
Unwohl knetete ich meine Hände in meinem Schoß und ließ meinen Kopf vor Scham hängen, als ich auf einmal Hände an meinen Hüften spührte und Noel mich auf seinen Schoß setzte. Liebevoll umarmte er mich von hinten und gab mir einen Kuss auf meine Wange.
"Dir braucht das nicht unangenehm sein. Ich finde es echt scharf, wenn du austickst.", flüsterte Noel feixend in mein Ohr und ich lachte leise. "Blödmann", scherzte ich und lehnte mich entspannt nach hinten an seine Brust.

"Elia, Noel, bitte hört mir zu.", tadelte uns Franklyn wie ein Lehrer und wir beide nickten.
"Bevor ich von Michael unterbrochen wurde, wollte ich eigentlich etwas wichtiges sagen."
Er stoppte kurz und seufzte leicht verzweifelt. Verwundert hob ich meine Augenbraue, als er sich plötzlich auf ein Bein niederkniete und das andere hob. Fast schon ehrfürchtig senkte er seinen Kopf und sagte:"Im Namen der Voria verkünde ich, dass wir in der bevorstehenden Schlacht euer Verbündeter sind."

Ich bin mir sicher, dass ich überascht gewesen wäre, wenn er diese lächerliche Position nicht gemacht hätte, aber da so nicht war musste ich zum Kichern anfangen, was den Moment zerstörte.
Franklyn verzog noch mehr sein Gesicht, als er das hörte und ich versuchte mich schnell wieder zu fassen.
"T'schuldigung.", schmunzelte ich und mein Bodyguard richtete sich wieder auf seine imposante Größe auf. Dabei war ich überrascht zu sehen, dass er errötet war, aber ich hielt mich zurück und bekam keinen weiteren Lachanfall.

"Das ist sehr erfreulich zu hören.", sagte Michael und richtete meinen Fokus zurück zu ihm.
"Können wir irgendwie bei der Evakution der Zivilisten und Kampfunfähigen helfen?", fragte Franklyn hilfsbereit und mein Vater nickte.

"Na dann", sagte ich und klatschte in meine Hände. "Los gehts!"

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