Kapitel 42 Aufwachen

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Mein Körper schmerzte. Meine Beine, mein Oberkörper, meine Arme, mein Kopf. Es fühlte sich an, wie als würde ich verbrennen. Ich wollte um Hilfe schreien, doch kein Ton verließ meine Lippen, ich blieb stumm. Was geht hier vor sich?, dachte ich mir alamiert und biss mir fest auf meine Unterlippe. Wo ist Noel? Wo ist Luzifer? Wo bin ich überhaupt?

Ich wollte mich aufrichten, doch auch das funktionierte nicht. Es schien als würden mich diese schrecklichen Schmerzen wie schwere Gewichte zu Boden drücken. Nicht einmal meine Augen konnte ich öffnen, um meine Umgebung ein bisschen zu erkunden. Ich sah nichts. Roch nichts. Nur den überwältigen Schmerz spührte ich.

Doch auf einmal hörte ich etwas. Leise, wie als würde jemand etwas murmeln. Ich muss es verstehen!
Angestrengt versuchte ich die brennenden Schmerzen zu unterdrücken, was mir leider nicht ganz gelang, und konzentrierte mich auf das leise Geräusch. Aber auf einmal herrschte wieder Stille. Enttäuscht und müde von dem Schmerz seufzte ich stumm und wollte mich willenlos den Flammen überlassen, als ich es plötzlich wieder flüstern hörte.

"Aufwachen ... alleine ... bitte ...", schaffte ich zu verstehen, aber diese wenigen Wörter brachten mir nur wenig. Wieder kam mir der Gedanke einfach hier liegen zu bleiben, doch auf einmal flackerte Ehrgeiz in mir auf. Ich darf nicht so einfach aufgeben, ich muss es schaffen mich zu bewegen und zu dieser Stimme zu gelangen!, dachte ich mir.

Entschlossen biss ich meine Zähne zusammen und spannte jede Zelle in meinem Körper an. Das brachte die Flammen des Schmerzes noch stärker zu lodern, doch ich war nun so bessessen von dem Gedanken aus diesem Loch zu fliehen. Meine Hand ballte sich zu einer Faust und so schnell konnte ich gar nicht schauen, da war ich schon aufgestanden. Und auf einmal hörte ich auch deutlich was die Stimme sagte. Diese wunderschöne samte Stimme. Noels Stimme.

"Elia, bitte wach auf!"

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Verschwitzt und keuchend schlug ich meine Augen auf und starrte desorientiert auf die weiße Decke. Wie als hätte ich zu viel Wasser in den Ohren hörte ich Noel unklar neben mir erleichtert ausrufen:"Elia!"
Als nächstes spührte ich wie er meine Hand aus der Bettdecke holte und meine Finger mit seinen umschlung.
"Ich bin so froh, dass du endlich wach bist.", flüsterte er mit zitternder Stimme und ich spührte wie er meine Hand fester drückte.

Das war das Stichwort für mich. Endlich löste sich meine Disorientation auf und ich realisierte nun vollkommen was gerade passierte. Ich lebte! Noel lebte! Wir haben beide diese schreckliche Schlacht überlebt!

Überflutet von Erleichterung schluchzte ich leise auf und drehte meinen Kopf langsam zur Seite um Noel zu sehen. Und als ich das tat setzte mein Herz für einen Moment aus.

Er hatte dunkle Augenringe unter seinen Augen und es schien mir als wäre er auf einmal um Jahre geältert. Er musste anscheinend schon einige Zeit neben meinem Bett gesessen haben, dachte ich mir sorgenvoll.
Doch das was mich am meisten erschreckte war die wulstige Narbe, die sich von seiner rechten Augenbraue bis zu seinem Haaransatz entlang schlang.

Ohne ein Wort zu sagen hob ich meine Hand zu seiner Stirn und fuhr die Linie der Verletzung nach. "Wie ist das passiert?", fragte ich leise und sah ihn besorgt in seine Augen. Er wich jedoch meinem Blick aus und sah zu Boden.
"Noel...", setzte ich nach, doch er blieb für weitere Sekunden still. Bis er auf einmal aufseufzte.

Mit unsicherer Stimme begann er zu erklären:" Die Ärzte haben gesagt, dass diese Narbe durch zwei Faktoren entstanden ist: Der erste war, dass ich im Kampf gegen Beyak mit seinen Krallen getroffen wurde, es aber, durch dem ganze Adrenalin nicht mitbekommen habe und wegen meiner Unachtsamkeit die Verletzung verschlimmerte. Der zweite Grund war...". Auf einmal stoppte er und biss sich auf seine Lippe.

"Noel?", sagte ich, aber er reagierte nicht. Sanft löste ich meine Hand aus seiner und legte sie auf seinen zerschundenen Arm. "Es ist schon in Ordnung, wenn die Erinnerung daran zu schmerzhaft ist.", sagte ich versöhnlich und lächelte ihn an. "Du musst es mir nicht erzählen."

Er schüttelte jedoch entschieden seinen Kopf. "Nein, ich muss es dir sagen.", meinte er und schloss deutlich angespannt seine Augen. "D-der zweite Faktor war der Brocken, der mich bei der großen Explosion an meiner Stirn getroffen hatte, nachdem Leya mich beiseite geschubst hatte ...". Er schluckte schwer und ich sah wie sich aus seinen geschlossenen Augen eine Träne heraus zwang. Leise flüsternd setzte er hinzu:" Hätte sie mich nicht beiseite gestoßen würde ich nicht mehr hier sitzen. Sie hat mir mein Leben gerettet."

Laut schluchzte er auf und nun rollten seine Tränen unaufhaltsam seine Wangen hinunter. Ich wusste, dass ich ihn hätte trösten sollen, doch ich starrte ihn nur emotionslos an. In meinem Kopf herrschte plötzlich Leere. Ich verstand Noels Worte nicht. Wiederholte sie immer wieder in meinem Kopf, doch sie machten einfach keinen Sinn.

"Elia, sag doch etwas.", flehte er mich mit tränenverhangendem Blick an. "Bitte sag, dass du mich deswegen nicht hasst.", schluchzte Noel und ich stotterte überfordert und nicht gerade sehr geistreich:" Ich ... ich ..." Dann seufzte ich auf und fuhr mir über mein Gesicht.
"Noel.", sagte ich. "Du weißt, dass ich dich niemals hassen könnte. Dafür liebe ich dich zu sehr. Und auch wenn es sich egoistisch anhört, aber ich bin Leya unendlich dankbar für das was sie getan hat."
Erleichtert und überrascht starrte mich mein Engel mit großen Augen an und wollte mich unterbrechen, doch ich legte meinen Finger vor seinen Lippen.

"Lass mich ausreden.", bat ich ihn und er nickte stumm.
"Dennoch kann ich nicht glücklich über unseren Gewinn sein. Dafür bin ich zu traurig und verwirrt. Wegen Leyas Tod. Luzifers letzte Wörter an mich. Warum ich überhaupt noch am Leben bin. So viele Fragen, die ich beantwortet haben will, ich aber keine Antwort bekommen werde. Darüber muss ich erst hinweg kommen. Bitte verstehe das.", endete ich und sah ihm direkt in seine violett verschwommenen Augen.
Stumm nickte er auf meine Bitte und nahm nochmal meine Hand fest in seine.

"Okay, ich versuche es.", murmelte er und legte auf einmal seine Hand in meinen Nacken und zog mein Gesicht sanft näher.
Mit rauchiger Stimme sagte er:" Die ganze Zeit, die du geschlafen hast, habe ich befürchtet, dass du mich nie wieder sehen willst und mich verabscheust."
Seine Lippen näherten sich meinen und ich gierte schon förmlich nach unseren Kuss, doch er stoppte kurz vor meinen Lippen.

Leise flüsterte er:" Wie habe ich das verdient? Wie habe ich dich verdient?". "Weil du bereust.", antwortete ich ihm. "Weil du deine vergangenen Taten bereust und mit ihnen abgeschlossen hast."

"Danke Elia.", hauchte er und küsste mich nun endlich.

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