Kapitel 8 / Teil 2

149 5 0
                                    

Meine Gitarre verstummte nach den letzten Tönen, und ich blickte neugierig zu Johannes auf. Dieser saß mit ungläubigem Blick neben mir und starrte mich einfach nur an. „So schlecht?", fragte ich. „Nein, ganz im Gegenteil. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Das war Wahnsinn. Bei so einem Talent musst du dich doch nicht verstecken. Was ist dir an deiner wundervollen Stimme peinlich? Das hier, gerade eben, war einfach perfekt." Ich grinste verlegen und war mehr als erleichtert. Ein größeres Lob hätte er mir nicht machen können. „Wollen wir noch etwas zusammenspielen? Du darfst aussuchen.", bot Johannes an. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und willigte mit Hinter der Elbe New York ein. Unsere Stimmen harmonierten wunderbar zusammen, da ich höher sang als Johannes. Nach dem Lied ärgerte ich mich. Das alles hätte ich auch schon vor Wochen haben können, wenn meine sinnlose Angst nicht gewesen wäre. Es fühlte sich an, als würden wir die kompletten Alben von Revolverheld spielen, da es einfach enormen Spaß machte. Doch dann wurde Johannes Gesichtsausdruck etwas ernster und er meinte: „In zwei Tagen ist doch Weihnachten, stimmt's? Deine Eltern haben es dir bestimmt noch nicht gesagt. An Heilig Abend kommen nach dem Essen immer alle aus der Band mit ihren Freundinnen und dann feiern wir noch ein bisschen zusammen. Dieses Jahr haben wir euch auch eingeladen, aber es stand noch nichts fest, wegen der Sachen zwischen uns. Da doch jetzt alles wieder gut ist, hast du nicht Lust auch zu kommen? Dann kannst du Niels, Kris, Jakob und Arne auch mal kennenlernen und das, was in der Schule passiert ist, wird einfach vergessen. Eigentlich kommen Chris und Sascha auch, aber die sind über Weihnachten mit ihren Liebsten im Urlaub. Wenn du allerdings..." „Klar, ich komme gerne. Ich denke, dass wir alle jetzt ein bisschen Klarheit brauchen um das Geschehene zu vergessen." Johannes lächelte und ich ebenfalls. „Aber ich muss dich vorwarnen, so eine Weihnachtsfeier unter Musiker verläuft nicht gerade ruhig, wenn du weißt was ich meine.", sagte er besorgt, „Wie wäre es, wenn wir beide den Anfang machen würden? Dann hättest du die größte Hürde für den Tag überwunden und müsstest dich nicht mit einem schlechten Gewissen plagen oder sonstiges. Es ist nur ein Vorschlag und du kannst ja noch einmal drüber nachdenken." Ich nickte nur kurz, musste aber nicht lange überlegen, da er ja Recht hatte. Ich würde, dann nur in der Ecke stehen, weil ich nicht so richtig Anschluss finden würde und könnte mich gegenüber den Anderen wieder verlieren. „Du hast Recht, aber wir singen kein Lied von euch, dir oder Kris, einverstanden? So leicht sollst du es auch nicht haben." Erst guckte Johannes etwas desorientiert, willigte dann aber doch neugierig ein. „Na gut, einverstanden, aber was hast du dir denn gedacht?" In diesem Moment klingelte es an der Tür und Anna rief, dass es meine Mutter sei, die mich abholen wollte. „Ich komme Morgen wieder und dann besprechen wir alles, ok? Wenn du dich mit dem Lied nicht wohl fühlst, dann können wir immer noch ein anderes nehmen.", sagte ich. Johannes verabschiedete sich von mir und ich auch noch von Anna. Dann lief ich mit meiner Mutti nach Hause und auf dem Weg fragte sich mich: „Ich habe das Gefühl, dass ihr euch vertragen habt. Stimmt das?" „Jap und Weihnachten sind wir ebenfalls eingeladen.", antwortete ich ihr kurz und stürmte hoch in mein Zimmer, um mich auf dem Bett fallen zu lassen. Ich wusste genau welches Lied ich mit Johannes singen wollte und ich bin mal gespannt wie es ihm gefällt. An diesem Abend suchte ich noch den Text und die Noten bzw. die Akkorde zu dem Lied heraus, legte sie mit in meinen Rucksack zu den anderen Sachen, die ich bräuchte und schlief dann irgendwann erschöpft auf dem Sofa ein.

Angst vor den eigenen TräumenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt