Ein seltsamer Abend ♤

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"Ein wahrer Freund ist einer,
der zu uns kommt,
wenn der Rest der Welt sich abwendet."

~ Walter Winchell

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Zügig eilte die Schülerin durch die letzten Straßen zu ihrer Schule.

Na toll, dachte sie sich dabei genervt.

War ja klar, dass es ein Fehler war zu Fuß zu gehen. Jetzt komme ich zu spät und sehe dazu bestimmt noch aus wie eine Vogelscheuche.

Zwar hatte sie eine passende Entschuldigung für ihr unpünktliches Erscheinen. Trotzdem gehöre Dayna eigentlich eher zu der Art von Leuten, die lieber früher ankommen, um in aller Ruhe in den Tag starten zu können.

Doch daraus wurde heute nichts. Und alles nur, weil sie am Zebrastreifen vor dem Park mitbekommen hatte, wie irgendein Depp einer jungen Frau hinten drauf gefahren war! Da sie die einzige Zeugin gewesen war, hatte sie überhaupt keine andere Wahl gehabt, als vor Ort auf das Eintreffen der Polizei zu warten.

Welche sich, nett ausgedrückt, nicht gerade beeilt hatte. Anscheinend stand so ein winziges Verkehrdelikt eben nicht ganz so weit oben auf der Prioritätenliste.

Aber sobald mein Vater mal im Halteverbot parkt, ist natürlich sofort jemand zur Stelle.

Egal. Endlich hatte sie ihren Zielort erreicht und sammelte sich noch kurz, bevor sie dann erhobenen Hauptes die Tür zum Klassenraum aufzog.

Als Dayna das Zimmer betrat, richteten sich augenblicklich alle Augen auf sie.

"Miss? Sie sind zu spät.", bemerkte ihre strenge Englischlehrerin.

Die Schulkönigin schenkte der Dame ihr schönstes Lächeln.
"Tut mir wirklich leid, Mrs Collough. Ich wurde heute morgen Zeugin eines Verkehrdeliktes und musste deshalb zur Befragung vor Ort bleiben. Es kommt sicher nicht wieder vor."

"Na wenn das so ist, ist das natürlich kein Problem."

Damit begab die Schülerin sich auf ihren Platz und beantwortete geduldig die neugierigen Fragen ihrer Mitschüler.

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Es war ein seltsamer Abend.
Dayna war direkt nach der Schule nach Hause gegangen. Normalerweise verbrachte sie immer noch etliche Stunden mit den Zwillingen. Die zwei Blondinen waren schon seit sie denken konnte ihre allerbesten Freundinnen und so klebte das Trio förmlich fast schon aneinander.

Doch heute hatte sie sich so komisch gefühlt. Irgendetwas kam ihr anders als sonst vor. Aber so sehr sie auch versuchte darauf zu kommen was dies war, es wollte ihr einfach nicht einfallen. Deshalb hatte sie die Mädchen mit der lahmen Ausrede ihres noch zu erledigenden Hausaufgabenberges abgewimmelt und sich gleich daraufhin allein frustriert auf den Nachhauseweg gemacht.

Dort angekommen, konnte sie ihre Augen plötzlich nicht mehr lange offen halten. Das Abendessen ließ sie wehmütig sausen und fiel schließlich erschöpft ins Bett, noch ehe die Sonne vollends untergegangen war.

Im Traum erschienen ihr jedoch solch verstörende Bilder, dass sie bereits vor ihrer gewöhnlichen Zubettgehzeit wieder hell wach war.

Immer wieder hatte sie sich selbst vor einem leblosen Frauenkörper stehen gesehen. Zuerst wollte sie nicht hinschauen. Doch als ihr nach einiger Zeit klar wurde, dass die Szene sich nicht so bald auflösen würde, gewann ihre Neugierde die Oberhand. Ihr Traum-Ich schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund, als sie den grausam zugerichteten Leichnam musterte. Ein beißender Geruch aus einer Mischung von verfaulten Eiern mit verbranntem Fleisch stieg ihr in die Nase. Gerade als sie befürchtete, sich gleich übergeben zu müssen, packten sie zwei warme Hände von hinten an den Schultern...

Burning ShadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt