Elterngespräche ♤

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Am meisten fühlt man sich
von der Wahrheit getroffen
die man sich selbst
verheimlichen wollte.

~ Friedl Beutelrock
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"Was machst du denn schon so früh hier? Hast du nicht bei den Zwillingen übernachtet?", wollte Daynas Mutter mit kritischer Miene von ihrer Tochter wissen, als diese frisch geduscht im Jogginganzug das Wohnzimmer betrat.

Bei dem Gedanken an die gestrige Nacht schauderte es die Schülerin immernoch, doch sie verstand sich schon lange gut darin, ihre komplexe Gefühlswelt vor der Kenntnis ihrer Eltern zu verbergen.

Dehalb zuckte sie nur vermeintlich unbeeindruckt mit den Schultern und erwiderte: "Es war mir zu voll dort. So viele Leute. Da bekommt man ja gar keinen Schlaf. Hab' heute morgen den ersten Bus genommen."

"Soso, dein Schönheitsschlaf ist dir ja schon immer heilig gewesen", bemerkte ihre Mutter trocken.

Klar. Als hätte sie seit einer Ewigkeit überhaupt auch nur annähernd genügend Schlaf bekommen. Aber Dayna hatte ihrer Mutter die seltsamen Träume, welche vor einiger Zeit angefangen hatten ihre nächtliche Ruhe zu stören, bewusst verschwiegen. Die gestresste Frau hatte schon genug um die Ohren mit ihrem Baby-Bruder, da sollte sie sich nicht auch noch um ihre Älteste sorgen müssen.

Gerade als sie einen weiteren Kommentar abgeben wollte, um nicht aus ihrer Rolle des desinteressierten Teenagers zu fallen, läutete es an der Haustür. Obwohl das Mädchen es schon erwartet hatte, zuckte sie kurz verschreckt zusammen.

"Wer ist das denn jetzt?", beschwerte sich ihr Vater, der gerade dabei war ausnahmsweise das Füttern ihres kleinen Bruders zu übernehmen, da er dieses Wochenende frei hatte, überrascht in die Runde.

Die weiblichen Familienmitglieder schauten nur ebenso verwundert zurück.

Vielleicht sollte ich Schauspielerin werden, dachte die vermeintlich talentierte Schülerin sich dabei selbstgefällig und musste ein Lachen unterdrücken bei dem Gedanken daran, wie sie als Hollywoodstar mit ihrem offiziell engagierten Bodyguard Caleb an der Seite über den roten Teppich stolzierte.

Ihr autoritärer Vater war indes dabei, sich zügigen Schrittes zum Öffnen der Eingangstür zu begeben. Als er die Tür langsam aufzog, gab die erwartungsvolle Dayna ihr Bestes, den Neuankömmling nicht zu verdächtig anzustarren. Denn natürlich war der Überraschungsgast kein anderer als ihr edler Ritter. Auch wenn Dayna ihn, ohne seine Verwandlung mit eigenen Augen gesehen zu haben, wohl kaum erkannt hätte.

"Kann ich Ihnen weiterhelfen?", fragte Daynas Vater den Mann an der Tür freundlich.

"Das hoffe ich. Ich bin hier wegen ihrer Tochter Dayna. Darf ich vielleicht kurz reinkommen?", bat der maskierte Caleb ebenso höflich.

Ihr Vater runzelte irritiert die Stirn, bat den Ankömmling jedoch herein und führte ihn zum großen Esstisch ihrer Küche.

Da Daynas Mutter von Haus aus eine gute Gastgeberin war, ließ sie sich ihre Verwunderung kaum anmerken, als sie dem Gast einen Platz am Tisch anbot und ihm ein großes Glas Wasser hinstellte.

"Möchten Sie einen Kaffee dazu?", fragte sie ihn stattdessen.

"Nein, vielen Dank."

Der Sicherheitsbeamte war eher von der direkten Sorte, weshalb er sich dem unbekannten Mann gegenübersetzte und ihn umgehend mit der ersten Frage bombadierte, die ihm in den Sinn kam.

Burning ShadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt