17. Vers (Elisabeth)

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„Ey, Eli." Elisa stieß ihren Ellenbogen in meine Rippen, sodass es schmerzte. „Ist die Frau immer so uncool drauf?"

Ich saß zusammengekauert auf meinem Stuhl und starrte stur zur Tafel und damit auch zu Frau Koch, die seltsame Begriffe anschrieb.

„Eli!" Elisa rammte meine Rippen ein weiteres Mal, nachdem ich beim ersten Mal nicht reagiert hatte.

„Au", sagte ich. Dann sagte ich: „Nenn mich nicht Eli."

„Aber Elisabeth ist so lang", flüsterte sie zurück.

Ja ja, nur weil sich ihre Eltern das -beth gespart hatten.

„Es klingt aber schöner", meinte ich, obwohl ich eigentlich keine Lust darauf hatte, mich vor ihr zu rechtfertigen. Elisabeth klang eben schöner als Eli oder Elisa, Elisabeth klang vollständig.

„Es ist aber so lang", wiederholte Elisa mit Nachdruck und dabei vergaß sie zu flüstern, sodass Frau Koch uns böse anstarrte. „Elisabeth! Wenn Sie selbst schon nicht zuhören, dann hindern Sie wenigstens nicht unseren Gast daran."

Es versetzte mir einen kleinen Stich und es machte mich wütend. Elisa hatte gesprochen, nicht ich.

Elisa schien einen Moment ehrlich gewillt zu sein, „Ich bin aber Schuld!" zu sagen, besann sich dann aber eines Besseren. „Tschuldige", flüsterte sie mir schließlich lediglich zu.

„Schon gut."

Und dann gab sie endlich Ruhe.

Elisa Wagner war ein sechzehnjähriges Mädchen mit kurzem dunkelbraunem Haar und einem Charakter, der... nun, gewöhnungsbedürftig war.

Sie war gesprächig und sie war direkt, sie dachte nicht nach und sie sprach das aus, was ihr gerade in den Sinn kam. Sie lispelte ein wenig und sie kam keinem Schönheitsideal gleich. Sie war tollpatschig und sie war selbstbewusst. Und sie war klug, selbst wenn sie es gut zu verbergen wusste, so sickerte es manchmal doch durch, wie ich bald feststellen sollte.

Um es kurz zu halten: Sie war anders.

Was das bedeutete: Sie machte sich nicht die Mühe, sich mit der breiten Masse bekanntzumachen.

Als stünde mir auf die Stirn geschrieben Ich bin auch anders, war sie heute Morgen sofort auf mich zugegangen und mir seither nicht mehr von der Seite gewichen.

Elisa besuchte die zehnte Klasse einer Realschule und war nun bei uns zu Gast, um sich den Oberstufenunterricht am Gymnasium anzusehen.

Schnell hatte sich herausgestellt, dass sie auf eine ganz andere Weise anders war als ich. Und dass sich unsere Weisen nicht so richtig ideal vertrugen, was mich allerdings mehr zu stören schien als sie.

***

Es klingelte zur Fünfminutenpause.

„Diese Lehrerin ist wirklich beschissen", sagte Elisa, als Frau Koch den Raum verlassen hatte.

„Oh ja", gab ich ihr seufzend recht. „Schlimmer geht's nicht."

„Wie hält man es mit der Frau als Klassenlehrerin denn aus?"

„Keine Ahnung. Irgendwie funktioniert es."

Es vergingen ein paar Sekunden, dann drehten sich die Mädchen am Tisch vor uns zu uns um. „Hey, habt ihr Lust, in der Mittagspause mit uns Pizza essen zu gehen?", fragte Karin.

Ich verschluckte mich fast, konnte nicht fassen, was Karin gerade gesagt hatte. Hatte sie wirklich angeboten, dass ich mit ihnen Pizza essen gehen, dass ich dazugehören durfte? Vor Glück kamen mir fast die Tränen.

Die Verse der EinsamkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt