Part 13

19 1 3
                                    

Eine Warnung vorweg... wenn ihr nichts über traurige Themen/Depressionen lesen wollt, dann überspringt dieses Kapitel lieber...

__________________________________________________________________________









„Also, vor fast zwölf Monaten ist... mein bester Freund gestorben. Er hatte eine Überdosis. Die Polizei hat das Ganze als Unfall eingestuft, aber ich hab' einen Tag später mit der Post einen Brief von ihm bekommen. Er wollte nicht mehr leben. Ich... wusste, dass er depressive Phasen hatte, aber ich hätte niemals gedacht, dass es so schlimm ist. Ich hab' niemanden von dem Brief erzählt, weil er mich darum gebeten hat. Er wollte, dass ich normal weiterlebe und das Beste aus meinem Leben heraushole, aber er hat mir damit echt den Boden weggerissen. Ich weiß immer noch nicht, was ich ohne ihn machen soll. Er fehlt mir so unglaublich. Er war derjenige, mit dem ich über alles reden konnte. Er war immer für mich da. Er hat mir versprochen, dass er immer für mich da sein würde. Ich weiß einfach nicht... wie ich ohne ihn weitermachen soll. Er war das Beste, was mir jemals passiert ist. Er war immer da und auf einmal ist er einfach weg gewesen. Ich... ich will ihn wieder bei mir haben. Es mag sich vielleicht kindisch anhören, aber ich will, dass er wieder vor mir sitzt und über irgendeinen total dummen Witz lacht. Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten. All die mitleidigen Blicke und Beteuerungen, dass es besser werden würde. Ich müsse nur warten. Die Zeit heilt alle Wunden und so eine Scheiße. Ich hab' verstanden, dass das Schwachsinn ist. Die Wunden heilen nicht. Es bildet sich neues Gewebe, aber die Narben bleiben. Damit sind die Wunden nicht geheilt. Es kann nicht wieder so wie vorher sein. Es wird nicht wieder so wie vorher sein.

Ich hab' mich gefragt, wieso sollte ich weiterleben, wenn er gegangen ist? Meine Freunde waren das Einzige, was mich jeden verfluchten Tag leben ließ. Sie haben dafür gesorgt, dass ich die Schmerzen weiterhin ertrage. Jeden neuen Tag wieder aufstehe. Aber ich habe mich immer wieder gefragt, warum soll ich weitermachen? Was bringt es mir letztendlich? Es mag egoistisch aussehen und vielleicht ist es das ja auch. Aber warum darf ich nicht mal egoistisch sein und an mich selbst denken? Ich hatte jeden verdammten Tag die Möglichkeit, das Ganze zu beenden. Die eine Entscheidung zu treffen, vor der ich mich einerseits gefürchtet habe und die ich andererseits so herbeigesehnt habe. Es war teilweise unglaublich schwer, dieser Versuchung zu widerstehen.Ich wusste nicht, wie ich ohne ihn weiterleben sollte. Er hat mir jede Entscheidungsmöglichkeit entrissen. Er ist gegangen, ohne sich zu verabschieden. Vielleicht hätte er mich in dem Glauben lassen sollen, dass es ein Unfall gewesen ist. Aber wir sind immer ehrlich zueinander gewesen und er wollte nicht mit einer Lüge gehen. Ich wusste nicht weiter. Deshalb hab' ich das getan. Aber ich bin nicht so stark wie er. Ich war nicht stark genug, um mein Leben zu beenden. Ich hatte zu viel Angst. Dabei wollte ich ihn wiedersehen. Aber mir ist klar geworden, dass ich ihm nicht auf diese Weise folgen muss. Ich kann weiterleben und ich werde ihn wiedersehen, wenn es so weit ist. Es ist für mich noch nicht an der Zeit zu gehen. Aber er wird auf mich warten. Das weiß ich. Ich habe wieder aufgehört, Drogen zunehmen. Ich wollte nichts mehr mit dem zu tun haben, was ihn mir weggenommen hat. Er hat mich gebeten, nicht seinetwegen abzustürzen. Ich hab' es nicht geschafft. Es tut trotzdem weh, dass er gegangen ist. Ich habe versucht, den Sinn in dem Ganzen zu finden. Ich versuche es immer noch, aber es ergibt keinen Sinn. Es gibt keine logische Erklärung für das alles. Keinen Sinn... keine Logik... und ich weiß einfach nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Er fehlt mir einfach so sehr. Das ist alles, was ich im Moment weiß. Es ist mittlerweile fast ein Jahr her, aber ich kann mich nicht daran gewöhnen, dass er mich nie wieder anrufen wird. Er wird mir nicht mehr schreiben. Er wird mich nicht mehr in den Arm nehmen und sagen, dass alles wieder gut wird. Vielleicht tut er es gerade, aber ich kann es nicht sehen. Ich vermisse ihn einfach so sehr.", Abigail starrt auf ihre Hände. Die Tränen laufen ununterbrochen über ihr Gesicht. Es tut weh, an ihn zu denken. Sanft streicht sie mit einem Finger über das S auf ihrem Handgelenk. Louis sitzt bewegungslos vor ihr und schweigt. Als Abigail aufsieht, bemerkt sie, dass über sein Gesicht ebenfalls vereinzelte Tränen laufen. Sie sehen sich an. Vorsichtig streckt Louis seine Hand aus und greift nach ihrer. Dankbar hält Abigail sich fest. Er ist der Erste, dem sie all das erzählt.

Einige Zeit später liegen die beiden nebeneinander auf Abigails Bett und sehen an die Decke. „Deswegen hast du das alles getan? Also die Schule geschwänzt und immer nur Party gemacht?", fragt Louisleise. „Ja. In der Schule erinnert mich alles an ihn. Der Alkohol und zeitweise die Drogen haben mich vergessen lassen.", murmelt Abigail. „Jetzt verstehe ich endlich, wieso du so eine Trauer ausstrahlst.", flüstert Louis. Abigail antwortet nicht. „Ist das Tattoo für ihn?", fragt Louis plötzlich. „Ja. Ich hab' die Narbe wegen ihm. Ich will mich immer daran erinnern. Und es soll mich auch davon abhalten, das jemals wieder zu tun. Es gibt mir Kraft. Eigentlich sollte man meinen, dass das Tattoo mich 'runterzieht, aber tatsächlich erinnert es mich an all die schönen Momente, die wir gemeinsam hatten. Wenn ich es ansehe, dann erinner' ich mich an sein Lachen und an seine funkelnden Augen, wenn er sich wieder irgendwas Verrücktes ausgedacht hat.", antwortet Abigail. „Du bist stark. Du wirst dein Leben für euch beide fortführen. Das hätte er auch so gewollt.", meint Louis. „Ja, das glaube ich auch.", lächelt Abigail. „Darf ich dich noch was fragen?", nuschelt Louis. „Na klar.", Abigail dreht den Kopf zu ihm. „Wie hieß er? Du hast während der gesamten Zeit nicht einmal seinen Namen gesagt.", Louis sieht sie an. „Es tut weh, seinen Namen auszusprechen. Noch viel mehr, als wenn ich an ihn denke oder mich an ihn erinnere. Ich kann das noch nicht. Es ist, als ob es mich auseinanderreißen würde, wenn ich seinen Namen höre. Ich werde es dir sagen, aber ich bin noch nicht soweit. Ich kann mir auch noch keine Fotos angucken.",antwortet sie leise. „Ist in Ordnung. Ich bin dir dankbar, dass du mir das alles anvertraut hast, obwohl wir uns wirklich noch nicht lange kennen.", erwidert er ebenso leise. „Louis?", flüstert Abigail. „Ja?", fragend sieht er sie an. „Bleibst du heute Nacht bei mir? Ich will jetzt nicht alleine sein.", sagt sie. „Ich wollte nicht gehen. Ich hätte dich jetzt nicht alleine lassen können.", erwidert er. Lächelnd kuschelt Abigail sich an ihn und Louis zieht die Decke unter ihnen hervor. Er deckt sie zu und legt dann seine Arme um sie. „Danke. Für 's zuhören.", nuschelt Abigail, bevor ihr die Augen zufallen.

________________________________________________________________________________

Sooo, da hat Abigail sich endlich jemandem freiwillig anvertraut. :)

Es ist sehr schwer gewesen, dieses Kapitel zu schreiben. Ich hoffe, ich konnte die Emotionen und so weiter einigermaßen 'rüberbringen.

Ich würde mich sehr über Feedback freuen, gerade weil das Kapitel so schwer gewesen ist.

Bis bald :)

Rose <3

Zeig' mir, wie ich ohne ihn weiterleben soll... - 1DWo Geschichten leben. Entdecke jetzt