Part 1 - Mein Handy

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Gelangweilt schnipse ich Papierkügelchen über den Tischrand. Der Lehrer faselt irgendetwas über eine Operette von Wasweißichkowsky und ich schaue immer wieder verschlagen zu Zayn herüber, der mit seinen Kumpels in ein Handy hinein starrt. Ich frage mich gerade wie er nur so scheißgut aussehen kann und wieso der Lehrer nicht realisiert, dass die 4 Kerle in der vorletzten Reihe ein absolut unpädagogisches Ballerspiel zocken, als eine für einen Mann ungewöhnlich piepsige Stimme mich ankeift: „Und, Leslie, wie ist deine Meinung zu dem Thema?“ Ich wollte gerade irgendetwas von wegen „Sie haben aber sehr leise gesprochen“ oder „Ich denke dasselbe auch wenn ich keine Ahnung habe wovon sie sprechen“ erwidern, als plötzlich ein schriller Alarmton die Leichtbesaiteten aus meiner Klasse zum Kreischen veranlasst. Feueralarm! Ich kann es kaum fassen! Was bin ich nur für ein verdammter Glückspilz! 

Während ich noch völlig perplex vor mich hin starre, stellen sich meine hochintelligenten Klassenkameraden in einer mehr oder weniger gelungenen Kindergarten-Zweierreihen-Formation auf. Meine beste Freundin Eve zieht mich in die Schlange mit den Worten: „Was träumst du wieder für eine fucking kack bitches bullshit scheiße?“ Ich konnte sie noch nie ernst nehmen. Schnell und unachtsam packe ich meine Sachen vom Tisch zusammen.

Wir bewegen uns gerade in Richtung Pausenhof, als mir einfällt, dass ich mein Handy im Klassenraum liegen gelassen habe. Verdammt! Es hat in meinem Heft gelegen und als ich eingepackt hatte muss es rausgefallen sein. Ich muss es holen. Ein Lehrer guckt bei einem Übungsfeueralarm immer noch in die Klassenzimmer, ob jeder raus ist. Der würde es kaum übersehen. Ich überrede also Eve dazu unseren sympathischen Lehrer abzulenken. Das war nicht schwer, sie nutzt jede Gelegenheit irgendwie aus dem Alltagstrott zu entfliehen. Während sie also unserem heißgeliebten Lehrer Honig ums Maul schmiert, stehle ich mich an ihm vorbei zurück in den zweiten Stock. Komischerweise treffe ich auf meinem Weg niemanden mehr. Normalerweise verlaufen diese Übungen wesentlich langsamer und ungründlicher ab. Vielleicht haben die Minderbemittelten das System eines Übungsalarms endlich auch verstanden. Ich reiße die Tür zu unseren kahlen Klassenraum auf und lasse meinen Blick über die Tische schweifen: Keine Spur von meinem Handy! Fluchend mache ich mich daran zwischen den Rucksäcken nach meinem Medium des Tages zu suchen. 

Nach einer Weile schaue ich gehetzt zur Uhr. Ich bin jetzt schon seit fast zehn Minuten von den anderen getrennt. Ich beschließe, es gut sein zu lassen, bald fällt meine Abwesenheit sicher auf. Ich öffne die Tür, augenblicklich fangen meine Augen an zu tränen und ich rieche den unangenehmen Geruch von Rauch...

Burning LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt