Der Weg durch den Park

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Ich wage es nicht, irgendwas zu sagen. Eijun läuft einfach nur neben mir her und lächelt manchmal. Man kann es kaum erkennen. Aber genau, dass er lächelt, bereitet mir Sorgen.
Lacht er wirklich über mich? Verständlich, so dumm und sinnlos mein Kommentar ja war.
Als wir das Klassenzimmer betreten, sind schon ein paar im Raum und unterhalten sich. Ilaria folgt uns mit geringem Zeitabstand.
Alle setzen sich, als die Lehrerin kommt und der Unterricht beginnt.
Es passiert nichts außergewöhnliches. Außer dass ich nicht ganz hinterher komme.
Ich kratze mich am Kopf. Das Thema muss ich daheim echt nochmal durchgehen.
Eijun schaut mich aus den Augenwinkeln an. Er bemerkt wohl, dass ich Probleme habe. Doch er agiert nicht, sondern widmet sich dem Unterricht.
Verkackt. Ich habe es in der Mittagspause ganz klar verkackt.
Durch die zwei Stunden Englisch boxe ich mich irgendwie durch und bin einfach heilfroh, dass die Schule endlich zu Ende ist.
Ich packe schnell meine Sachen zusammen und verlasse im Schnellschritt die Schule.
Der Tag schien ja am Morgen gut zu werden. Doch ab dem Mittag hat sich das Blatt gewendet. Da sieht man mal. Der Tag sollte nicht vor dem Abend gelobt werden.
Eijun hat zwar nichts negatives zu mir, und auch hoffentlich nichts über mich, gesagt, aber trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl im Bauch und fühle mich einfach unbehaglich.
Mein Schulweg kann ich laufen, ich muss nicht mit dem Bus fahren. Zudem ist der Weg realtiv schön. Ich laufe immer durch einen Park und jetzt im Frühling, wo die Blätter sich saftig grün färben und die ersten Blumen sprießen, kann man sich bei diesem Anblick gut von Sorgen ablenken.
Und immer, wenn ich mir das denke, denke ich mir gleich danach, dass ich doch ziemlich sachte bin.
Sprüche zu klopfen oder Anmerkungen zu machen passt einfach nicht zu mir. Aber wieso habe ich es dann gemacht? Nur, um wie Eijun zu sein? Weil es ihn nicht stört, wenn über ihn geredet wird? Ist das der Weg, abzuhärten? Sprüche loszulassen?
Auch wenn es kein fieser Spruch zu Ilaria war, für mich war es ein Haufen Überwindung, das zu sagen.
Na? Hast du noch jemanden gefunden, auf dem du rumhacken kannst, weil du dich von deinen Problemen ablenken willst?
Vielleicht will sie ja dadurch auch abhärten und beliebt sein. Aber bei Eijun wirkt es ganz anders als bei Ilaria.
Ihn stört es wirklich nicht, was andere über ihn denken. So kommt es mir zumindest vor. Er macht sein Ding und lässt sich nicht beirren. Bemerkenswert. Ich glaube, die Bermerkungen, die ich von meinen Mitschülern bis jetzt über ihn gehört habe, entstehen alle aus Neid.
Vor allem von Ilaria. Sie muss sich wirklich bemühen, so zu tun, als würde ihr alles nichts ausmachen.
Eigentlich kann sie einem leid tun. Wer weiß, was bei ihr zu Hause alles abgeht, dass sie sich in der Schule so gibt?
Ich stecke meine Hände in die Jackentasche ab und biege links ab, um den Park zu verlassen. Gleich bin ich zu Hause.
"Ajou!"
Oh nein! Ganz klar Eijun.

Der AustauschschülerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt