Kapitel 28

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Vor der Haustür nahm ich noch einmal einen tiefen Atemzug, ehe ich den Schlüssel aus meiner Tasche angelte und aufschloss. Mein Blick fiel zuallererst auf die vielen Umzugskartons, die sich im Flur türmten. Erleichterung machte sich in mir breit. Morgen. Morgen war es so weit. Morgen wäre ich Adam los. Vielleicht sollte ich Poppy bitten, heute bei mir zu übernachten. Zwar hatte Adam mich in der letzten Woche nicht mehr weiter belästigt, aber wer wusste schon, was in seinem kranken Kopf vorging? Zu welchen Taten er sich in seiner letzten Nacht bei uns zuhause noch hinreißen ließ?

Kaum fiel die Tür ins Schloss, hörte ich auch schon ein Rumpeln aus der Küche. Im nächsten Moment streckte Lukas den Kopf aus der Tür. Sofort senkte ich den Blick und spürte auch schon die Schuldgefühle in mir aufkeimen. Schnell setzte ich zum Sprechen an, um Schadensbegrenzung zu betreiben.

                »Okay«, ich hob beschwichtigend die Hände. »Bevor du ausrastest, solltest du wissen, dass es mir wirklich wahnsinnig leid tut. Ich weiß, ich hätte Bescheid sagen sollen.« Ich machte eine kurze Pause, um mir eine plausible Ausrede für die letzte Nacht einfallen zu lassen. Ich holte tief Luft und hob langsam wieder den Kopf, um in Lukas' Gesicht schauen zu können. Merkwürdigerweise war auf seinen Lippen der Ansatz eines Lächelns zu sehen und seine Augen blitzten belustigt. Wieso lächelte er? Irgendetwas stimmte hier nicht. Normalerweise wäre er schon längst durchgedreht und hätte mir eine seiner typischen Standpauken gehalten.

»Wieso sagst du nichts?« Verwirrt runzelte ich die Stirn, woraufhin Lukas' Schmunzeln nur noch breiter wurde.

»Keine Sorge, Poppy hat mich heute Nacht noch angerufen. Sie hat mir erzählt, dass du ordentlich einen in der Krone sitzen hattest und ihr daher zusammen bei Timmy übernachtet habt.« Lukas grinste breit und lehnte sich gegen den Türrahmen. In diesem Moment wusste ich nicht, ob ich Poppy für ihre Geistesgegenwärtigkeit danken, oder ihr lieber den Hals umdrehen sollte. Denn wie ich Lukas kannte, würde er keine Gelegenheit verstreichen lassen, um mich damit aufzuziehen. Doch leider blieb mir nichts anderes übrig, als Poppys Spiel mitzuspielen, ihre Ausrede klang immerhin gar nicht mal so unglaubwürdig.

»Ähm ja... «, ich zog die Brauen zusammen und nickte bestimmt. »Ich habe wohl ein klein bisschen zu viel getrunken.«

»Ein klein bisschen?«, wiederholte Lukas amüsiert und seine Brauen schossen nach oben. »Poppys Aussagen deuteten mehr darauf hin, dass du um zehn Uhr schon friedlich vor dich hin geschlummert hast. Als ich heute Nacht mit ihr telefonierte, konnte sie dich jedenfalls nicht einmal mehr ans Telefon holen.«

»Ich hab was?« Entsetzt riss ich die Augen auf. Ich hatte vielleicht einen über den Durst getrunken, aber musste Poppy es derart übertreiben? Okay, Hals umdrehen war eindeutig die bessere Option.

»Komm schon, Drea«, Lukas lachte laut auf. »Ich weiß doch wie es ist, wenn man versucht mit Poppy mitzuhalten. Man endet so oder so über der Kloschüssel. Ich spreche da aus Erfahrung.«

                Ich verrollte die Augen und gab lediglich ein gebrummtes »Ich bin oben.« zur Antwort. Während ich auf die Treppen zuhielt, hörte ich Lukas' laute Lache in meinem Rücken, die ich geflissentlich ignorierte. Ich brauchte erst mal eine heiße Dusche, um wieder einigermaßen zur Ruhe zu kommen.

»Ach, bevor ich es vergesse«, rief Lukas mir hinterher, als ich bereits die Hälfte der Treppe hinter mir hatte. »Morgen müssen wir beim Umzug helfen. Du kannst gegen Vormittag mit Dad rüber fahren. Ich komme mit den Jungs nach.«

                »Mit den Jungs?« Ich hielt mitten in der Bewegung inne und schoss sofort wieder zu Lukas herum. Mein Herz begann aufgeregt zu klopfen und aus großen Augen starrte ich zu meinem Bruder runter.

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