Ich ging zögernd einen Schritt auf Quentin zu, er hatte sich gegen die Wand gepresst, sein ganzer Körper zitterte. "Bitte..", sagte er leise: "..ich..ich es tut mir leid! Theo hat mir nur solche Angst gemacht, dass ich alles getan habe, was er verlangt hat. Bitte tu mir nichts, ich flehe dich an!". Mein Blick wanderte an mir herunter. Blut bedeckte meine Kleidung, unter den Fingernägeln klebten Hautfetzen und ich will gar nicht wissen, wie mein Gesicht aussah. "Wolltest du ihn umbringen?", fragte ich und deutet auf den immer noch bewusstlosen Chris. Er schüttelte den Kopf: "Nein! Nur vorrübergehend ausschalten..". Ich nickte und ließ mich auf den Boden fallen, die Augen geschlossen: "Tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest..". Er kam ein Stück auf mich zu: "Was..was bist du?". "Ich habe keine Ahnung.", antwortete ich wahrheitsgemäß und sah auf. Tiny war immer noch verängstigt, doch er zeigte es nicht mehr so offen. Er hob seine Pistole vom Boden auf und hielt sie mir hin. Ich griff danach und besah sie dann ganz genau. Sie sah genauso aus, wie Theos. Dann fiel mir wieder ein, was gerade geschehen war. Ich legte die Waffe vor mich hin und fuhr mit der Hand über meine Brust und bemerkte das kleine Loch in meiner Haut. Schließlich stand ich auf und zog mir den Pullover aus, die Kälte kam sowieso nicht an mich heran - ich spürte sie, aber es störte mich nicht im Geringsten, als wäre es eine völlig angenehme, normale Temperatur. Tiny sah mich unsicher an, sagte aber nichts. Ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm und zog den Stoff des T-Shirts, das ich noch trug so weit hoch, dass er meinen nackten Schulterblätter sehen konnte. "Ist da eine Wunde?", fragte ich leise. "N-nein..", sagte er schüchtern. Ich zog mich wieder an und wandte mich dann Quentin zu: "So ein Mist..". Der Junge zog die Augenbrauen zusammen: "Wieso-". "Na weil dein Kumpel auf mich geschossen hat und genau hierauf gezielt hat.", ich deutet auf die Stelle, wo in etwa mein Herz sein müsste. "Aber..er hat nicht getroffen.", vermutete er. "Doch, hat er. Nur steckt jetzt anscheinend eine Kugel in meiner Brust.". Mein Hirn konnte diese Situation nicht wirklich verarbeiten - ich müsste eigentlich tot sein, schon zum zweiten Mal. Hinter mir bewegte sich etwas, ich wirbelte herum und sah, dass sich Theo bewegte. Allerdings gab es hier im Raum nur noch zwei Herzschläge. "Ach verdammt..", murmelte ich, ging zielstrebig auf mein Katana zu und wartete, was passieren würde. Der dunkelhaarige Mann erhob sich schwankend, sah zu mir und ging dann in Richtung des verletzten Chris. "Fleisch..Blut..", knurrte er. "Ach, halt doch die Klappe!", fauchte ich und stach ihm die Spitze des Schwertes durch den Hinterkopf. Er fiel sofort um doch dieses Mal bezweifelte ich, dass er wieder aufstehen würde. "D-du bist-", setzte Quentin an, doch ich unterbrach ihm mit einem gezischten: "Scheint so.". Dann ging ich zu Chris, setzte mich neben ihn und legte seinen Kopf vorsichtig auf meine Beine. Mit einer Hand strich ich ihm durch die Haare, mit der anderen bedeutete ich Tiny, sich neben mich zu setzen - er tat es fast ohne zu zögern. "Ihr seid ein tolles Paar.", kommentierte er schließlich. Ich lächelte: "Wir sind nicht zusammen.". "Sondern?". "Nur beste Freunde.", ich zog den Pulliärmel etwas nach unten und strich Chris etwas Blut aus dem Gesicht. Quentin lachte: "Und mehr nicht?". Ich grinste: "Nein, er ist verlobt und ich hab..naja.. so etwas wie eine Beziehung.". Er nickte nur und sah dann auf Theos Leiche. "Woher kanntet ihr euch?", wollte ich wissen. Er kratzte sich am Arm: "Er war auf der gleichen Schule wie ich, allerdings vier Jahre über mir. Er hat immer einen auf harter Kerl gemacht, sich geprügelt und solche Sachen. Ein Mal wollte er es mit mir aufnehmen, aber hat es nicht übers Herz gebracht - immerhin war ich gerade 12 geworden und schon ein halbes Jahr lang 16. Ich hab nie jemandem erzählt, dass er mich 'verschont' hat und somit seinen Ruf nicht zerstört. Das hat er mir wahrscheinlich nie vergessen, zumindest hat er sich mein Gesicht gemerkt und in der Schule die anderen Protzer von mir ferngehalten.
Seine beiden damaligen Begleiter sind in einem Kampf mit den Zombies gestorben, weshalb er allein und ziemlich ausgehungert war. Zu der Zeit habe ich ihn dann in einem Supermarkt gefunden und wir sind zusammen weitergegangen. Irgendwie hat er seine idiotische Art nie abgelegt, aber damit kam ich schon klar - es war immerhin besser als zu sterben!", er lachte bitter: "Ich dachte, mich würde es vor ihm erwischen.". Ich ließ die Schultern hängen: "Es tut mir wirklich leid, ich habe einfach die Beherrschung verloren..". Tiny seufzte: "Ist schon okay. Er wollte dich vergewaltigen! Da würde glaube ich jeder seine Beherrschung verlieren. Aber..wie bist du so geworden?". Ich zog einen Mundwinkel nach oben: "Vorhin oder allgemein?". Er biss sich auf eine Lippe: "Beides.". "Ich wurde gebissen..vor einigen Tagen. Bin gestorben, zurückgekommen und habe mich aber an mein früheres Leben erinnern können, zumindest so Stück für Stück. Bis ich wieder normal geworden bin. Und gerade eben.. ich weiß nicht. Es war, als hätte jemand anderes von mir Besitz ergriffen und ich würde einfach nur daneben stehen und zusehen, was passiert.". Tiny zupfte eine Fussel von seiner Hose: "Klingt beängstigend.". "Ja, wa-", ich hielt inne und lauschte. Draußen bewegte sich etwas.
Vorsichtig stand ich auf, Chris Kopf lag jetzt wieder auf den Boden, und ging mit dem Katana bewaffnet in den Flur. Es näherten sich gerade einige Untote dem Haus. Unter einiger Anstrengung hiefte ich die Tür hoch und stellte sie wieder einigermaßen sicher in die Halterungen. Quentin stand in der Wohnzimmertür und sah mich fragend an. "Hol einen Stuhl.", wies ich ihn an. Er tat es.
Wir saßen auf der einen Couch, Chris hatten wir auf die andere gelegt und warteten, dass die Leichen draußen vorbeigezogen waren. Ich wäre mit ihnen auch allein fertig geworden, aber ich wollte es nicht riskieren, meinen besten Freund mit Quentin allein zu lassen. So nett er im Moment auch schien, man konnte nie wissen. "Sag mal..", begann Tiny und ließ den Satz dann aber unbeendet in der Luft hängen. Ich lachte: "Was?". "Wie sieht das bei dir mit Herschlag aus?". Gute Frage, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich legte zwei Finger auf mein Handgelenk und wartete kurz. Nichts. "Probier selber.", sagte ich nur und hielt ihm die Hand hin. Nach einer Minute und dem schlauen Kommentar "Ich merke irgendwie nichts.", hatte er begriffen. "Also.. du bist ein denkender Zombie.". Ich nickte nur. "Und du hast Theo getötet.", stellte er trocken fest. Bei diesen Worten zuckte ich zusammen. "Wie viele sonst noch?". "Seh ich so tödlich aus?", fragte ich giftig, er schreckte zurück. "Nein, aber du klingst so.", ertönte es von weiter weg. Chris sah mich belustigt an und hustete kurz. Ich sprang sofort auf und lief zu ihm: "Alles gut? Tut dir was weh?". "Mein Schädel, ehrlich gesagt.". Er setzte sich vorsichtig auf und stützte den Kopf in die hohle Hand: "Mariko bringt mich um.". Ich atmete zischend aus: "Verdammt, das hab ich ja ganz vergessen.". "Was?", fragte er verwundert. "Wir sollten schon vor längerem wieder da sein, eigentlich habe ich nur gesagt, dass ich hier höchstens eine halbe Stunde brauche.". Jetzt riss er die Augen auf: "Wenn sie uns suchen gegangen ist und-". "Ja, schon klar. Wir gehen sofort.", beruhigte ich ihn und drückte die Beine durch. Jetzt meldete sich wieder Quentin zu Wort: "Wer ist Mariko?". Chris kniff die Augen zusammen: "Was macht der Typ eigentlich noch hier? Und was machen wir jetzt mit ihm?".
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Doch die Erde dreht sich weiter
HorrorWenn man gebissen wurde und gestorben ist, wird man zum Zombie. Eigentlich. Aber was, wenn man sich an sein früheres Leben erinnern kann und dann auf seine Freunde trifft? Wie soll es nur weiter gehen, wenn man selbst als Untoter in der Mitte von L...