Kapitel 8

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Es war schwer genug sich durch den hohen Schnee zu kämpfen, doch mit dem Wissen, dass ich von nun an komplett allein war, schien alles von Minute zu Minute schlimmer zu werden. Ich sagte mir zwar immer wieder, dass es eine richtige Entscheidung war, jedoch glaubte ich mir selbst nicht. Meine besten Freunde würden ohne mich auskommen, keine Frage, allerdings brannten mir noch Stunden nachdem ich gegangen war Tränen auf den Wangen. Ich hätte nichts lieber getan, als mich herum gedreht und zurück zul aufen.

Als die Dämmerung einsetzte, fiel mir auf, wie weit ich schon gekommen war. Ich hatte ein Dorf erreicht, in das ich früher immer nur mit dem Auto gefahren war und überlegte kurz, mir eine vorrübergehende Bleibe zu suchen, jedoch verwarf ich den Gedanken wieder, immer hin war nichts von Anstrengung oder Müdigkeit zu spüren, weshalb ich einfach weiter durch den schmelzenden Schnee lief. Die Kälte drang wieder nicht richtig zu mir durch, einzig die nassen Sachen an meinem Körper zeigten mir, dass sie da war.
Langsam drängte sich mir die Frage auf, wie lange ich noch so weiter machen konnte: ohne zu essen, zu schlafen oder mich allgemein auszuruhen. Es ergab so schon keinen Sinn, dass ich noch laufen konnte, ohne dass mein Herz schlug. Ich blieb stehen und sah auf den Horizont, hinter dem sich gerade die Sonne nach oben schob und den Himmel in ein zartes rosa tauchte. Ich starrte so lange darauf, bis es mir in den Augen weh tat und ich kurz blind war, als ich weiter gehen wollte. Als mir wieder durch den Kopf ging, dass ich nicht mal einen Grund hatte, meinen Weg fortzusetzen, stieß ich ein Knurren aus und mit der Spitze des Katanas in den Schnee, bis ich Widerstand der Straße spürte, die sich darunter befand. Dann steckte ich es so an meinen Gürtel, damit ich es nicht die ganze Zeit tragen musste, auch wenn die Spitze dann fast auf dem Boden schliff. Die pure Verzweiflung machte sich in mir breit, wurde allerdings schnell von Wut ersetzt, die früher oder später wieder Überhand nahm. Meine Wahrnehmung verschärfte sich, angefangen bei den Augen, dann über das Gehör und schließlich auch noch der Rest meiner Sinne. Ich atmete tief durch die Nase ein. Ziemlich viele Untote in der Nähe, keine Überlebenden und doch.. ein paar Straßen weiter waren Stimmen zu hören. Ich setzte mich schnell in Bewegung, ohne weiter darüber nachzudenken.

Als ich um eine Ecke bog, sah ich drei Leute - Frauen - in schmutzigen und blutigen Sachen. Vermutlich hatten sie einen von den Toten zerstückelt, um nicht von den Zombies bemerkt zu werden. Tja, zu blöd aber auch. "Da ist einer.", flüsterte eine von ihnen, vielleicht ein paar Jahre  älter als ich. "Sei einfach leise und beweg dich nicht, dann geht es schon weg.". Es? "Klingt, als würdest du über einen T-Rex reden.", meinte die Dritte und griff in den Rucksack, den sie in der Hand hielt: "Wenn es uns zu nahe kommt, stecken wir ihm einfach ein Messer in den Schädel, dann war es das mit Menschen fressen.". Als würde ich es euch so einfach machen. Ich machte zögernd ein paar Schritte nach vorn, sie sollten mich nicht als die Bedrohung sehen, die ich tatsächlich war. "Das ist widerlich.", gab die zweite nun von sich. "Du hast an dir in Gedärme getränkte Kleidung aber das ist eklig?", stichelte die Dritte nun wieder. Ihr seid total clever, wenn ihr so weiter macht, bemerken euch die anderen obwohl ihr so riecht wie sie. "Hör auf damit!", sagte Nummer zwei jetzt lauter. Nummer eins hielt ihr den Mund zu, wobei ihre Augen sich noch mehr weiteten, als ohnehin schon: "Sei still!". Ich blieb kurz stehen, sah ihn ihre Richtung und ging dann aber vorbei, ohne sie noch weiter zu beachten. Sie seufzten fast synchron auf. "Das war knapp.", lachte Eins nervös. Ich stoppte wieder und wandte den Kopf, sodass sie mein Profil sehen konnten: "Wie habt ihr so lange überleben können?". Ich sah förmlich, wie ihnen die Verwirrung ins Gesicht geschrieben wurde. "Du hast das mit dem tot spielen echt drauf, hmm?", gab Drei zurück: "Kannst froh sein, dass wir dich nicht umgebracht haben.". Ich lachte leise: "Als könntet ihr das.". "Könnten wir!", mischte sich Eins jetzt sauer ein und machte einen Schritt auf mich zu. Jetzt drehte ich mich komplett zu ihnen um und murmelte: "Wollt ihr es versuchen?". Zwei schreckte zurück, als sie mich sah und vermutlich auch meine Stimme gehört hatte: "Wie- was ist mit deinen Augen passiert?". Ich legte den Kopf schief und lächelte leicht: "Was soll mit ihnen sein?". Drei sah mich prüfend an: "Sowas haben nur Blinde oder die Untoten, oder?". "Ich sehe euch.", gab ich zu bedenken. Eins umklammerte das Messer in ihrer Hand und hielt es zitternd etwas höher, sodass es auf mich deutete: "Du kannst nicht einer von ihnen sein, du redest mit uns. Ich wette, dass sind bloß Kontaktlinsen!". Drei lehte sich zu ihr und flüsterte: "Wieso sollte sie jetzt Kontaktlinsen tragen?". Ich zog einen Mundwinkel nach oben: "Genau, wieso sollte ich das tun?". Sie gingen alle ein paar Schritte zurück, immerhin schien nicht ein mal Zwei verstanden zu haben, was ihre Freundin gesagt hatte. "Was läuft bei dir falsch?", keifte mich drei an. In mir regte sich etwas, dass mich wieder zu mir kommen ließ. Ich kniff die Augen zusammen und konzentrierte mich darauf ruhig zu atmen. Ein und aus. Ein und aus. Der süßliche Geruch der Verwesung hing jetzt stärker in der Luft, als vorhin, was vermutlich an den drei Frauen vor mir lag, allerdings waren ihre Sachen vom Schnee schon relativ abgewaschen und man konnte auch wieder das Leben an ihnen erkennen. "Ihr solltet bald mal eure Tarnung auffrischen, sonst fallt ihr auf.", sagte ich und öffnete die Augen wieder. Zwei klammerte sich an Eins: "J-jetzt hör auf so zu tun, als würdest du das wissen, so langsam ist es nicht mehr lustig! Wir sind doch alle in dieser Welt gefangen und werden von den Zombies gejagt, wieso machst du dann sowas?!". Sie schien den Tränen mittlerweile nahe zu sein. Ich sah mich um, als in der Nebenstraße einige Untote auf uns aufmerksam geworden waren. "Wo wir gerade davon sprechen-", ich zog mein Katana: "ein paar haben mitbekommen, dass wir hier sind.". Ich horchte angestrengt, wie viele Stimmen ich entziffern konnte. "Vier um genau zu sein.". Drei verschränkte die Arme: "Haha. Sehr lustig. So kann ich auch tun.". Als sie jedoch um die Ecke kamen, verstummte sie und sah mich beinahe ehrfürchtig an. "Noch Fragen?", warf ich ihr entgegen, bevor ich auf unsere Besucher zu lief und einen nach den anderen zum zweiten Mal in ihrem Leben umbrachte. "Was bist du?", kam eine leise und ziemlich angstverzerrte Stimme von hinter mir. Eins hatte sich vor ihre beiden Begleiterinnen gestellt und ihr Messer wieder gegen mich gerichtet. Ich seufzte: "Was spielt das schon für eine Rolle..". Ich lief wieder in die Richtung, in die ich eigentlich weiter gegangen wäre, hätten diese drei nicht indirekt meinen Weg gekreuzt. "Hey!", rief Drei mir hinterher. "Hör auf zu brüllen, sonst kommen noch mehr!", gab ich zurück, drehte mich jedoch wieder um. "Sorry..", murmelte sie und kam ein paar Schritte näher: "Aber ich meine es Ernst: Wie kannst du so was wissen?". Ich zuckte mit den Schultern. Eins verdrehte die Augen: "Lass es einfach gut sein. Sie wird uns sowieso nichts sagen.". "Hör auf deine Freundin.", ich deutete mit einem Finger zwischen den beiden hin und her. "Ich will es aber nicht sein lassen! Sie kann hören wie ein Luchs, hat verdammt gruselige Augen, weiß aus irgendeinem Grund wie viele von den Viechern in der Nähe sind und hat grade vier von ihnen einfach so kalt gemacht.". Ich drehte das Katana in meiner Hand: "Heißt das nicht eigentlich 'Sie hat vier Leute ohne Probleme umgebracht! Lauft!'?". Zwei kniff die Augen etwas zusammen: "Nicht, seit die Welt von Toten überrannt wird.". Ich seufzte: "Wie dem auch sei. Ich würde jetzt gerne weiter gehen, wenn ihr also entschuldigt.". Jemand griff nach meinem Pullover und zog mich daran zurück, ließ mich aber sofort nach Luft schnappend los. "Ziemlich gewagt so etwas zu tun, wenn ich bewaffnet bin.", knurrte ich, blieb aber noch halbwegs ruhig. "D-du wurdest gebissen!", stellte Zwei panisch fest. Klar, natürlich musste die blöde Kuh meine Sachen genau an der Stelle herunter ziehen, wo die Wunde war. Ich drehte mich mit einem gespielt verwirrtem Gesichtsausdruck um: "Echt jetzt? Hab ich gar nicht mitbekommen.". Dann schob ich die Unterlippe ein Stück vor: "Sieht das wirklich noch so schlimm aus? Ich dachte, es müsste langsam besser werden.". "Bist du bescheuert? Lass mich dir mal auf die Sprünge helfen: Du wirst sterben.". "Müsste man meinen, hmm?", gab ich giftig zurück: "Wäre vielleicht besser, ist aber nicht so!". Zwei sah Eins an: "Passiert das, wenn man sich verwandelt? Verleugnung und, dass man die anderen Zombies wahr nimmt?". Ich ging langsam auf sie zu: "Hast du mich gerade Zombie genannt?". Eins hob abwehrend die Hände: "Ganz ruhig. Nein, hat sie nicht. Wie lange ist es her, dass du gebissen wurdest?". Ich dachte kurz nach: "Drei, vier Tage glaube ich.". Drei schüttelte den Kopf: "Ich wette, das Fieber hat bei dir schon eingesetzt, deshalb bist du so durcheinander.". "Ich stöhnte resigniert auf: "Wenn du das sagst. Ich gehe jetzt.". "Einfach so?", fragte Zwei. Ich werde noch verrückt mit euch. "Ja, einfach so. Wir kennen uns nicht und sind uns einfach nur zufällig begegnet, warum sollte ich bleiben?". Dass ich sie gerochen hatte und Gott weiß was mit ihnen tun wollte, behielt ich lieber für mich. "Aber es ist nicht gut alleine zu sein, auch wenn du nicht mehr lange leb-", begann Zwei jetzt wieder, doch ich schnitt ihr das Wort ab: "Ich warne dich, es ist wirklich keine Gute Idee mich zu nerven oder wütend zu machen.". Eins seufzte: "Das wollen wir gar nicht, aber sie hat Recht.". "Nein, hat sie nicht. Hat keiner von euch. Ich habe gestern meine Freunde verlassen, weil ich es mir nicht erlauben kann, bei jemandem zu sein. Ich muss also auf mich allein gestellt sein.", unterbrach ich sie. "Weil du sie angreifen würdest, wenn du gestorben bist?", fragte Drei neben mir. "Weißt du was?", ich hielt ihr meinen Arm hin: "Fühl meinen Puls. Tu es einfach!". Sie bewegte sich zuerst nicht, tat schließlich aber doch, was ich gesagt hatte. Vorsichtig zog sie einen ihrer Handschuhe aus und legte zwei Finger auf mein Handgelenk. Zwei und Eins sahen sich verwirrt an, während es kurz ruhig wurde. Ich hörte ihr Atmen und das Schlagen ihrer Herzen. "Normalerweise finde ich den recht schnell..", murmelte Zwei und tastete auf mir herum. "Du findest nichts, weil es nichts zu finden gibt.", sagte ich ruhig: "Ich bin schon tot.".


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So, nach Ewigkeiten mal wieder etwas. Ich bin zwar schon seit einer Woche wieder in Deutschland, aber ich habe eine leichte Schreibblockade. Hoffentlich legt die sich wieder, wenn ich wieder öfter schreiben kann (im Unterricht..wenn es langweilig ist..)

Wie dem auch sei, ich freue mich immer über Feedback!

Bis irgendwann! (:

Doch die Erde dreht sich weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt