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🌿 ICH VERLOR ALLES, AUßER ALLAH!

Es wurde von Tag zu Tag immer schwerer. Jeden Morgen musste ich mit der Hose zum Fahrstuhl der UBahn rennen, binnen paar Sekunden die schwarze Abaya von Yiliz drüberziehen. Es ist ein Kampf. Als müsste ich zwischen zwei Welten leben. Immernoch spürte ich, dass meine Freiheit geraubt wird.
Jeden Tag spürte ich die Angst, dass sie irgendwo an irgendeiner Ecke stand und mich sehen würde. Jeden Tag zitterte mein Herz. Ich fühlte mich schon im Verfolgungswahn Subhan'Allāh.

Mittlerweile hatte ich durch meine Überstunden auf der Arbeit viele Stunden, die ich mir freinehmen konnte. Somit tat ich das die nächsten Tage und nutzte meine freie Zeit nach der Arbeit um in die Moschee zu gehen, wo ich meist allein war. Die Ruhe unhüllte mich und es wurde ein Ort der Rückziehung für mich. Ich fühlte mich sehr wohl und vergaß all meine Probleme. Stunden vergingen und nach 17 Uhr machte ich mich auf den Weg nach Hause.

Nun waren schon 3 Monate vergangen, wo ich bedeckt bin. Noch immer versteckte ich mich vor meiner Mutter mit meiner Abaya und sie ist nicht mit mir rausgegangen. Alhamdulillah. Sie schämte sich und ich wusste das dies auch gar nicht gehen würde, denn ich würde niemals mit einer Hose rausgehen. Aber ich spürte, dass ein nächster Wunsch nach Bedeckung mich anfängt zu zerfressen. Diesen Hijab und die Abaya, es reichte mir nicht. Ich spürte den Drang mir einen Khimaar zu holen. Subhan'Allāh welch Ni'ma Allahs. Umso mehr meine Mutter gegen mich wirkte, desto mehr rief mein Herz nach dem Khimaar. Nur wusste ich nicht wie ich das anziehen soll, ohne das meine Mutter es sieht. Ich dachte mir, sei froh dass es so klappt und verlange nicht zuviel von dir selbst. Aber ich spürte wie ich nicht dagegen ankam. Der Wunsch wurde von Tag zu Tag größer.
Somit bestellte ich mir zwei Khumuur und überlegte mir so lange wie ich es schaffen sollte dies anzuziehen.

Ich muss es einfach ausprobieren.
Und so kam es zu einem Wochenende, wo meine Mutter bei Verwandten war. Ich war also allein Zuhause und wollte mich mit einer Schwester in der Stadt treffen. Ich zog meinen neuen dunkelblauen Khimar an und ging raus wie ein freier Vogel. Es war erst einmal ungewohnt und ich bekam noch mehr Blicke zu spüren, aber binnen weniger Minuten genießte ich meine neue Kleidung und fühlte mich so geschützt. Alhamdulillah!

Mein erster Tag mit dem Khimaar lies mich dazu entscheiden, es nur noch zu tragen. Und die nächsten Tage fühlte ich zum Ersten mal keine Angst. Es kehrte etwas Ruhe ein und meine Mutter sprach auch nicht mehr über das Thema. Unter dem Khimar trug ich immer ein Kopftuch, sodass ich den Khimar schnell abzog bevor ich nach Hause kam. Es war schon erstaunlich, was ich jeden Tag tat um mein Herz endlich die nötige Zufriedenheit zu geben und trotzdem nicht gegen meine Mutter ankam und ihr immernoch die moderne Bedeckte vorgab zu sein, die sie ebenfalls nicht akzeptierte.
Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was geschehen würde, wenn sie mich im Khimar sehen würde. Allein der Gedanke machte mich verrückt.

Heute war ein schöner, sonniger Tag und ich ging in die Stadt um mit Yiliz Eis zu essen.

Im Eiscafe angekommen, rief mich meine Mutter an und sagte mir bescheid, dass sie in die Stadt gefahren ist, um sich ein paar Klamotten anzuschauen und ich somit länger draußen bleiben kann, weil ich keinen Schlüssel für die Wohnung hatte. Mir wurde schlecht, ich konnte nichts mehr essen und bat Yiliz, dass wir rausgehen. Draußen angekommen erzählte ich ihr panisch, dass auch meine Mutter irgendwo in der Stadt ist. Wir entschieden uns in Richtung Moschee zu gehen und dort zu bleiben.

Auf dem Weg dorthin sahen wir den Info Stand, die Quran verteilen. Plötzlich sah ich links jemanden vorbeilaufen..MEINE MUTTER!

Sie drehte sich mit ihrem Blick zu mir, wandte sich weg und schaute noch ein zweites mal. Die Schockstarre war nicht zu übersehen.
Ich dachte mir nur eins, jetzt ist alles vorbei!

#AlMusaafiruun

Ich verlor alles, außer Allah!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt