5: At Rousseau's

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Ein triumphierendes Lächeln huschte über Klaus' Gesicht. Obwohl Caroline versuchte, es zu verstecken, konnte er doch deutlich sehen, dass sie darauf brannte, zu wissen wie Lillian zu Stande gekommen war.
„Lass uns das doch an einem weniger öffentlichen Ort bereden", schlug er vor und sah vielsagend auf die zahlreichen Spaziergänger und Familien, die langsam den Park füllten.
Caroline sah sich ebenfalls um und musste zugeben, dass das hier tatsächlich nicht der beste Platz für solche Gespräche war. „Was schlägst du vor?", fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Klaus antwortete nicht, sondern bedeutete ihr, ihm zu folgen. Caroline warf ihm einen verärgerten Blick zu, fügte sich aber. Schweigend verließen sie den Park und Klaus führte sie durch ein paar Straßen, bis sie schließlich in der Straße standen, in der der Voodoo-Laden und das Café von heute Morgen lagen. Doch Klaus steuerte weder das eine noch das andere an, er ging zielstrebig auf eine Bar zu, die direkt gegenüber des Hexenladens lag, also neben dem Café. Sie trug den Namen Rousseau's, was im French Quarter nicht überraschend war.
Klaus hielt ihr die Tür auf und Caroline verdrehte die Augen. Falls er versuchte, mit seinem Gentleman-Getue irgendetwas wieder gut zu machen, konnte er es gleich vergessen.
Neugierig sah sie sich in der geräumigen Bar um. Sie hatte den gleichen Charme wie der Mystic Grill, war aber um einiges größer und auch etwas eleganter eingerichtet. Es gab sogar eine erhöhte Außenterrasse, von der aus man das French Quarter bewundern konnte. Im Hintergrund spielte leise Ungodly Hour von The Fray.
Doch Caroline interessierte sich im Moment weder für die Aussicht noch für die Musik, stattdessen suchte sie mit ihren Augen die Bar. Wenn sie dieses Gespräch überstehen sollte, dann musste sie definitiv etwas trinken. Sie entdeckte eine etwas weiter hinten und ging zielstrebig darauf zu.
Klaus folgte ihr und ließ sich auf einen der Barhocker sinken. Caroline stellte sich neben ihn an die Bar und wartete auf einen Barkeeper. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie er zu ihr hochsah und eine Erinnerung überkam sie.

„Ich will dich nicht mit all den schmutzigen Details belasten. Ich weiß, du hast bereits genug am Hals."
„Das geht Sie eigentlich gar nichts an."
„Du sollst nur wissen, dass, wenn Tyler immer noch an mich gebunden wäre, er dir nie wehgetan hätte. Ich hätte ihn nicht gelassen. (Pause) Kann ich dir wenigstens einen Drink ausgeben?"
„Ja, danke."

Und dann ein wenig später:

„Und jetzt nicht wütend werden, weil er sie...verloren...hat.
Klaus!"
„Caroline, du bist hübsch, aber wenn du jetzt nicht aufhörst zu reden, bringe ich dich um."
„Sie haben herausgefunden, wie man die Halluzinationen stoppen kann!"
„Okay. Du hast 10 Sekunden."

„Caroline!"
Caroline schreckte auf. Klaus sprach sie schon seit einer ganzen Weile an, doch anscheinend war sie zu tief in ihrer Erinnerung versunken gewesen, um es zu bemerken. „Ja?"
Klaus sah sie etwas amüsiert an. „Ich habe dich gefragt, ob ich dir einen Drink ausgeben kann."
Schon wieder hatte Caroline eine Art Déjà-Vu, doch sie riss sich zusammen und antwortete: „Meinetwegen."
Sie setzte sich auf den Barhocker neben Klaus und spielte nervös mit ihrem Tageslichtring. Das letzte Mal, als sie zusammen getrunken hatten, war damals gewesen, als sie ihn ablenken sollte, damit Stefan die halluzinierende Elena aus Klaus' Haus schaffen konnte. Und jetzt, fünf Jahre später, saßen sie hier, damit er ihr erzählte, wie er es geschafft hatte, eine Tochter zu zeugen.
Eine blonde Barkeeperin kam und riss sie aus ihren Gedanken. „Kann ich Ihnen etwas bringen?", fragte sie freundlich an Caroline gewandt, dann wanderten ihre Augen zu Klaus und sie fing an zu strahlen.
„Hey, Klaus, ich wusste gar nicht, dass du hier bist. Das übliche?"
Caroline zog eine Augenbraue hoch und musterte die blonde Frau. Sie war ganz hübsch, trotz ihres sehr markanten Kinns. Vom Alter her müsste sie noch auf dem College sein. Care sah zu Klaus und bemerkte, wie er die Frau charmant anlächelte, die sich daraufhin kokett eine Haarsträhne hinter die Ohren strich. Sofort entwickelte Caroline eine starke Abneigung gegen diese Blondine und strich sich unauffällig die Haare nach vorne.
„Ja, vielen Dank, Cami", antwortete Klaus unterdessen auf die Frage der Barkeeperin.
Diese schenkte ihm ein extrabreites Lächeln, bevor sie sich wieder an Caroline wandte. „Und für Sie?", fragte sie deutlich weniger strahlend.
Caroline setzte ein falsches Lächeln auf und erwiderte pseudo-freundlich: „Einen Cosmopolitan, bitte." Die Frau nickte, notierte sich die Bestellungen und verschwand hinter der Bar. Sofort fiel Caroline das Lächeln aus dem Gesicht und sie wandte sich an Klaus.
„Eine Freundin von dir?", fragte sie und sie hörte selber, wie zickig sie klang.
„Camille. Wir kennen uns, seit ich hier wohne", erklärte Klaus.
Care war nicht entgangen, das er sie vorhin bei ihrem Spitznamen genannt hatte. Ihre Abneigung gegen Camille steigerte sich und sie brauchte einen Moment, bis sie bemerkte, woher diese heftige Antipathie kam: Sie war eifersüchtig.
Entsetzt über sich selbst schüttelte sie leicht den Kopf, doch sie konnte nicht verhindern, dass ihr eine letzte, gemeine Bemerkung herausrutschte. „Du und die Barkeeperin? Ich hätte dir ja mehr Klasse zugetraut."
Klaus lachte leise. „Liebes, bist du etwa eifersüchtig?"
Caroline schnaubte. „Das hättest du wohl gerne."
Klaus grinste. „Vielleicht interessiert dich ja, dass wir nicht zusammen sind. Da war mal was vor ein paar Jahren, aber das ist längst vorbei."
Camille kam zurück und stellte vor Caroline den Cosmo und vor Klaus einen Scotch auf Eis ab. „Brauchst du noch was?", fragte sie Klaus mit einem breiten Lächeln. Caroline schnaubte erneut. Für sie ist es anscheinend noch nicht vorbei, dachte sie abfällig.
„Für mich nicht, danke. Caroline?", wandte Klaus sich an sie.
Camilles Augen weiteten sich etwas überrascht, als sie anscheinend erst jetzt bemerkte, dass Klaus und Caroline zusammen hier waren. Care weidete sich an ihrem überraschten Gesicht und meinte mit einem etwas fiesen Lächeln: „Ich bin versorgt."
Camille nickte mit aufeinander gepressten Lippen und eilte davon. Zufrieden nahm Caroline einen Schluck von ihrem Cosmopolitan, doch das Lächeln wich ihr schon bald aus dem Gesicht. Diese Gehässigkeit passte gar nicht zu ihr. Und schon gar nicht in Verbindung mit Klaus. Nur wegen ihm eine derartige Abneigung gegen eine fremde Frau zu empfinden, ging eindeutig zu weit. Plötzlich fiel ihr wieder ein, warum sie überhaupt mit ihm hier war und sie wandte sich an ihn.
„Du schuldest mir noch eine Erklärung."
Klaus nahm einen Schluck von seinem Scotch und ließ sich etwas Zeit, bevor er antwortete: „Wenn ich dich in mein kleines Geheimnis einweihe, erzählst du mir dann auch etwas?"
Langsam stellte Caroline ihr Glas, das sie gerade an die Lippen hatte führen wollen, zurück auf den Tresen und legte ihre Hände flach daneben.
„Kommt drauf an, was du wissen willst", erwiderte sie und starrte konzentriert auf ihren Ring.
„In Ordnung", grinste Klaus. „Also, was willst du wissen?"
Caroline hob den Blick und fragte: „Wie ist es möglich, dass Vampire Kinder zeugen können?"
Klaus' Lächeln verblasste etwas und er antwortete ernst: „Das ist nicht möglich, Liebes. Ich konnte Lillian nur zeugen, weil ich zur Hälfte Wolf bin."
Enttäuscht wandte Caroline den Blick ab. Für sie war ihr neu-geschenktes unsterbliches Leben damals eine Tür zu einer Welt voller Chancen gewesen, doch sie war sich stets bewusst gewesen, dass eine andere Tür dafür zugegangen war. Die Tür, die die Vorteile des menschlichen Lebens verbarg. Wie zum Beispiel ein Baby.
Mit der Zeit hatte sie sich damit abgefunden, niemals Mutter zu werden und wenn sie jetzt daran dachte, verursachte es nur noch ein leichtes Ziehen in ihrer Herzgegend. Doch Klaus mit Lilly zu sehen, hatte in ihr einen winzigen Funken Hoffnung geweckt, der nun ausgegangen war und ein leeres Gefühl hinterließ.
„Können...", fing sie leise und mit rauer Stimme an, bevor sie sich räusperte und lauter fragte: „Können auch die anderen Hybriden Kinder bekommen?"
Ein bitterer Zug erschien auf Klaus' Gesicht. „Ich weiß es nicht. Frag doch deinen Freund Tyler, er, als der letzte, überlebende Hybrid, kann dir sicher sagen, wie es um seine Potenz beschert ist." Er nahm einen Schluck von seinem Scotch.
Caroline verspürte einen Stich in ihrem Herzen und sie trank schnell etwas von dem Cosmopolitan. Sollte sie Klaus sagen, dass es zwischen Tyler und ihr aus war?
Kurz spielte sie tatsächlich mit dem Gedanken, dann verwarf sie ihn aber wieder. Es ging ihn nichts an und außerdem war ihm das sicher sowieso egal. Er hatte ihr heute mehrfach bewiesen, dass er über sie hinweg war, seine Freundlichkeit beruhte nur darauf, dass sie vor seinem Abgang mal so etwas wie Freunde gewesen waren.
Caroline trank ihren Cocktail leer und stand auf. „Danke für den Drink, aber da ich jetzt alles weiß, was ich wissen wollte, gehe ich jetzt." Sie zögerte kurz. „Lebwohl, Klaus. Vielleicht treffen wir uns ja mal irgendwann wieder."
Sie wollte die Bar verlassen, doch blitzschnell schoss Klaus' Hand vor und schloss sich um ihr Handgelenk. Genervt blickte Caroline ihn an.
„Nicht so schnell, Darling. Du schuldest mir noch eine Antwort. Oder besser gesagt, zwei."
Widerwillig setzte Caroline sich wieder auf den Barhocker. Hoffentlich fragte er sie nicht nach Tyler oder (noch schlimmer) nach ihrer Reaktion auf Camille.
Er ließ ihr Handgelenk los und betrachtete sie nachdenklich. Sie hatte sich verändert. Ihre Augen glänzten nicht mehr so wie früher, sie zog sich anders an und auch ihr Verhalten hatte sich geändert. Zwar war sie immer noch schlagfertig, stur und leicht reizbar, aber anscheinend hatten die letzten Jahre bei ihr ihren Tribut gefordert.
„Wieso bist du in New Orleans?", stellte er ihr die Frage, die ihn beschäftigte, seit er sie das erste Mal wieder gesehen hatte.
„Hab ich doch schon gesagt, ich bin auf der Durchreise", erwiderte sie leicht gereizt. Care wollte nicht länger als nötig mit ihm reden, sonst würde ihr noch etwas rausrutschen, was sie eigentlich nicht sagen wollte.
„Das weiß ich, mich würde nur interessieren wieso ausgerechnet hier und dazu auch noch alleine?" Bewusst spielte er darauf an, dass sie möglicherweise wegen ihm zurückgekommen war, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass das wirklich der Fall war. Sie hatten sich das letzte Mal vor Jahren gesehen und schon da hatte sie ihn nicht gewollt, warum hätte sich das ändern sollen?
„Ich bin nicht alleine hier. Ich reise seit einiger Zeit mit ein paar Mädchen durch die Vereinigten Staaten und sie wollten unbedingt für ein paar Wochen nach New Orleans." Aus ihrer Stimme klang deutlich mit, dass sie das nicht gewollt hatte.
„Du hast also Mystic Falls verlassen", stellte Klaus fest.
„Ja. War das eine Frage?"
Seine Mundwinkel hoben sich amüsiert. „Nein, eine Feststellung. Wieso bist du aus Mystic Falls weggegangen? Wurde dir dein Kleinstadtleben doch zu langweilig?"
Caroline wandte den Blick ab. Nun hatte das Gespräch einen Verlauf genommen, den sie am liebsten vermieden hätte. „Es...es waren ein paar harte Jahre", murmelte sie ausweichend und mit gesenktem Blick.
Klaus sah sie von der Seite an, unschlüssig, was er jetzt machen sollte. Anscheinend hatte sie eine schwere Zeit hinter sich und er wusste nicht recht, ob sie darüber reden wollte und er nachfragen sollte oder ob sie das alles am liebsten vergessen würde und er es dabei belassen sollte. Er entschied sich für den Mittelweg.
„Willst du darüber reden?", fragte er sie vorsichtig und kam sich dabei unglaublich dämlich vor. Er war Klaus Mikaelson, der mächtige Urhybrid, diese Unsicherheit passte nicht zu ihm.
„Nein", antwortete Caroline entschieden und stand wieder auf. „Das waren jetzt zwei Fragen, vier, wenn man es genau nimmt."
„Wenn du doch reden willst", fing Klaus an und griff über den Tresen nach einem Zettel und einem Stift. „Hier ist meine Nummer. Ich steh dir jederzeit zur Verfügung." Er kritzelte die paar Ziffern auf und reichte ihr den Zettel. Zögernd nahm Caroline ihn entgegen und steckte ihn ein. „Danke", sagte sie und wandte sich zum Gehen.
Sie war schon fast bei der Tür, als er ihr hinterherrief: „Caroline!"
Mit fragend hochgezogener Augenbraue drehte sie sich um. Klaus lächelte. „Es war schön, dich wiederzusehen."
Unwillkürlich kräuselten sich ihre Lippen zu einem Lächeln, bevor sie die Bar endgültig verließ. „Fand ich auch", sagte sie leise, als sie die Tür hinter sich zuzog.

Party in New OrleansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt