8: Good Morning Reality

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Rebekahs POV:

Als Rebekah in den frühen Morgenstunden schließlich in die große Mikaelson-Villa stolperte, war ihr Zorn größtenteils verflogen. Natürlich schwelte immer noch Hass und Wut in ihr, aber sie verspürte nicht mehr das Bedürfnis, jemandem sehr, sehr weh zu tun. Mit Ausnahme von Marcel vielleicht.
Stattdessen fühlte sie sich leer, deprimiert und verraten. Erneut. Rebekah seufzte schwer und fuhr sich durch die langen blonden Haare. Normalerweise war sie nicht so schwach und verletzlich. Ständig musste sie die Harte sein, die Urvampirin, die trotz ihres Geschlechtes ihren Brüdern in nichts nachstand. Doch jetzt, wo sie alleine war und den halben Alkoholbestand des Rousseau's vernichtet hatte, erlaubte sie sich für einen kurzen Moment, Schwäche zu zeigen.
Sie würde nicht weinen – diesen Gefallen würde sie weder Klaus noch Marcel tun – aber wenigstens für einen kurzen Moment würde sie sich erlauben, sich ihrem Schmerz hinzugeben. Müde schleppte sich die junge Frau die Treppe hoch und wankte oben den Flur entlang.
Wie jedes Mädchen mit Liebeskummer wollte sie nur noch eins: Ins Bett. Unter die Bettdecke und sich für ein oder zwei Stunden im Selbstmitleid suhlen. Um dann aufzustehen und ihre Rache zu planen.
Bei dem Gedanken an Rache, hoben sich Rebekahs Mundwinkel schwach. Eigentlich fühlte sie sich im Moment nicht dazu in der Lage, sich perfide Qualen für Marcel auszudenken – dafür war der Schmerz noch zu frisch – aber wenn sie es ihm nicht gebührend heimzahlte, würde jeder denken, dass Rebekah Mikaelson nur das dumme kleine Blondchen war, dass sich wegen eines One-Night-Standes die Augen ausheulte und vollkommen unter der Fuchtel ihrer Brüder stand. Doch so war sie nicht und sie hasste es, wenn sie sich so verhielt. Ein Grund, warum sie Mystic Falls nie wieder sehen wollte. Durch Stefan und Matt hatte sie Schwäche gezeigt und war sogar so weit gekommen, alles daran zu setzen, menschlich zu werden. Natürlich würde sie es immer noch tun, wenn es einen Weg gäbe, aber bis dahin konnte und durfte sie diesen Wunsch unter keinen Umständen nach außen hin zeigen. Sie war eine Mikaelson und die kleinste Schwäche würde ihr Image als eiskalte, intrigante Urvampirin gefährden.
Womit sie wieder bei ihrer Rache war. Aber sie würde sich nicht jetzt damit befassen. Zuerst würde sie sich in ihrem Zimmer verkriechen und... ja, was eigentlich? Verblüfft musste Rebekah feststellen, dass sie keine Ahnung hatte, was Mädchen heutzutage bei Liebeskummer taten. Früher hatte man sich nichts anmerken lassen und leise nachts in sein Kissen geweint, aber früher waren Frauen auch nur Objekte gewesen und mussten ihre Gefühle stets versteckt halten. 
Rebekah blieb unschlüssig im Flur stehen und überlegte, ob sie sich eines schlechten Klischees bedienen und sich von unten aus der Küche Eis holen sollte, um es dann bei einem schnulzigen Film in sich hineinzustopfen. Ihrem Image würde das ganz sicher nicht gut tun und wenn sie ehrlich war, befand sich ein solches Verhalten unter ihrer Würde. Sie verachtete Mädchen, die sich so in ihrem Leid suhlten. Aber was dann?
Wenn sie früher Liebeskummer hatte, war sie einfach zu Kol gegangen und die beiden hatten zusammen einen draufgemacht. Oder sie hatte ihr Herz bei Elijah ausgeschüttet, der ihr geduldig zugehört hatte und ihr Ratschläge erteilt hatte.
Doch Kol war tot und Elijah bei Hayley. Tränen stiegen Rebekah in die Augen, als sie an ihren toten Bruder dachte und schnell blinzelte sie. Nie wieder würde sie so viel Alkohol trinken, davon wurde sie viel zu gefühlsduselig.
Sie beschloss, sich fürs erste einfach in ihr Zimmer zurückzuziehen und dort vielleicht ein paar Folgen Gossip Girl zu gucken.
Mit schweren Schritten setzte Rebekah ihren Weg fort, als etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. Stirnrunzelnd blieb sie erneut stehen und sah irritiert zu Klaus' Zimmertür. Ihr feines Gehör vernahm von der anderen Seite des Holzes Atemzüge, aber nicht nur die einer einzelnen Person. Und wenn sie sich anstrengte, konnte sie auch zwei Herzschläge hören.
Lief da etwa wieder was mit Camille? Rebekah verwarf den Gedanken, ihr Bruder würde sich nicht wieder mit ihr einlassen, dafür nervte sie ihn viel zu sehr.
Aber wer war es dann? Ein vager Verdacht machte sich in Bekah breit, doch sie verbot sich jeglichen Gedanken daran. Würde sich dieser nämlich bestätigen, wäre das der passende Abschluss für diese absolut grauenvolle Nacht.
Aber vielleicht interpretierte sie in diese Geräusche auch einfach zu viel hinein und bei Klaus war gar keine Frau. Vielleicht übernachtete ja einfach jemand bei ihm...
Als Rebekah die Absurdität ihres eigenen Gedankens auffiel, hätte sie losgelacht, wenn sie einerseits nicht so neugierig auf die zweite Person hinter der Tür gewesen wäre und wenn sie sich andererseits innerlich nicht immer noch wie zerschlagen gefühlt hätte.
Kurzerhand beschloss sie, dem Geheimnis auf die Spur zu gehen und huschte zur Zimmertür. Leise drückte sie die Klinke hinunter und spähte in den Raum hinein. Klaus lag auf seinem Bett und schlief, doch wie vermutet war er nicht allein.
Rebekah fühlte sich, als hätte ihr jemand einen Dolch hinterrücks in den Rücken gerammt, als sie die Frau neben Klaus erkannte. Ihre schlimmste Vermutung hatte sich bestätigt  und sie wusste einfach nicht, was sie verbrochen hatte, um so eine grausame Nacht zu verdienen. Neben ihrem Bruder lag die herzallerliebste Caroline Forbes, ihren Kopf auf Niks bloßer Brust gebettet und ein seliges Lächeln im Gesicht. Ihr Bruder sah nicht minder glücklich aus, hielt er doch endlich seine Caroline in den Armen.
Rebekah schloss die Tür lautlos und lehnte sich dann haltsuchend dagegen. Man brauchte nicht Sherlock Holmes zu sein, um zu wissen, was die beiden heute Nacht miteinander getrieben hatten. Mit einem Mal war Bekah ganz froh, dass sie sich so ausgiebig dem Alkohol gewidmet hatte, so waren ihr wenigstens die Geräusche dieser nächtlichen Aktionen erspart geblieben.
Vor ihren Augen stand immer noch das Bild, wie die beiden aneinander gekuschelt in Klaus' Bett lagen und die Urvampirin schüttelte schnell den Kopf, um diese Bilder zu vertreiben. Dieses Flittchen hatte es also tatsächlich ins Bett ihres Bruders geschafft. Der Funken Wut in ihr glomm auf und Rebekah spürte, wie sich das Gefühl der Leere langsam verflüchtigte. Und sie begrüßte es. Alles war besser als dieses deprimierende Gefühl und Wut war wenigstens eine Emotion, durch die sie in ihren Plänen vorankam.
Ihr Leben war zurzeit nicht auf dem Höhepunkt, aber das würde sie ändern.
Schritt Eins: Caroline Forbes loswerden. Ihr Bruder verdiente es nicht, glücklich zu sein, wenn es seine Schuld war, dass ihr Leben die letzten Jahrhunderte durch und durch erbärmlich gewesen war.
Schritt Zwei: Sich an Marcel rächen. Da würde ihr noch was einfallen. Kurz dachte sie an die Folter zurück, die sie Damon hatte zuteilwerden lassen und ein böses Lächeln huschte über ihr Gesicht. Das würde sie auch mit Marcel machen, nur viel, viel schlimmer.
Und der letzte Schritt zum Glücklich sein... Rebekah wusste genau, was sie tun würde. Es würde nicht einfach werden, ganz sicher nicht, aber sie war mindestens so gerissen wie Niklaus und hatte dabei auch noch den Vorteil eines äußerst attraktiven Erscheinungsbildes. Mit diesen Hilfsmitteln und einigen Verbündeten könnte sie das vollbringen, wozu ihr Bruder in fünf Jahren nicht im Stande gewesen war.
Marcel von seinem Thron stürzen und selber die Queen von New Orleans werden.

Party in New OrleansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt