6: Feelings

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Caroline POV:

Eine halbe Stunde später kam Caroline am Loft an. Sie hatte sich auf dem Weg hier her im Gassengewirr von New Orleans verirrt und blieb nun vor der Tür stehen, während sie ihre Taschen nach ihrem Schlüssel abtastete. Von drinnen hörte sie Stimmengewirr, so laut, dass sie sogar ganze Sätze verstehen konnte.
„Das ist vollkommen untypisch für sie. Care lässt nie ihr Handy zuhause!" Das war Rosalies aufgeregte Stimme.
„Ob ihr was passiert ist?", fragte Katie besorgt.
„Eher, ob sie sich was angetan hat." Suki. „Ihr hättet sie gestern sehen sollen, sie war völlig fertig."
„Kann ich mir vorstellen", meinte Savannah. „Caroline ist noch nie so weit gegangen, jemanden zu töten passt nicht zu ihr."
Inzwischen hatte besagte Vampirin ihren Schlüssel gefunden, blieb aber noch einen Moment vor der Tür stehen, um weiter dem Gespräch zu lauschen.
„Sie verhält sich generell sehr seltsam, seit wir hier sind", warf Katie ein. „Ständig ist sie geistig abwesend, gestern wollte sie kaum feiern, dann der Zwischenfall mit diesem Mädchen und jetzt das. Absolut untypisch für sie."
Zustimmendes Gemurmel von den anderen, bevor ein kurzes Schweigen eintrat. Caroline wollte schon den Schlüssel ins Schloss stecken und so ihre Rückkehr ankündigen, als Savannah langsam sagte: „Wartet mal. Genau genommen ist sie schon komisch, seit wir New Orleans als Reiseziel ausgesucht haben."
„Stimmt", sagte Rosalie. „Wisst ihr noch, wie sie praktisch ausgeflippt ist, als ich diesen Klaus erwähnt habe? Irgendwas ist mit ihr los und langsam frage ich mich ob..."
Das Gespräch nahm eine Richtung an, die Caroline auf jeden Fall vermeiden wollte, deswegen steckte sie nun den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür und sah sich ihren Freundinnen gegenüber. Die vier standen im Wohnzimmer in einem Kreis und verstummten abrupt, als sie Caroline sahen. Diese förderte ihr breitestes Barbielächeln zu Tage. „Hey Leute!", begrüßte sie die anderen fröhlich.
Katie löste sich als Erste aus der Starre, kam auf Care zugerannt und schloss sie in die Arme.
„Mein Gott, wir haben uns solche Sorgen gemacht, wo warst du?", fragte sie mit erstickter Stimme.
„Ich hab einen Spaziergang gemacht. Hatte einen üblen Kater und dann die Sache mit dem Mädchen gestern... Ich musste einfach mal meine Gedanken ordnen", antwortete Care und log nicht einmal. Ursprünglich war das ja auch der Grund für ihr Verschwinden gewesen.
Auch die anderen Mädchen kamen jetzt zu ihr und umarmten sie. „Hinterlass das nächste Mal nen Zettel, in Ordnung?", sagte Suki.
„Wir dachten schon, du hättest dir was angetan", warf Rosalie ein.
„Oder jemand anderem", nuschelte Savannah. Katie warf ihr einen bösen Blick zu und Suki zischte verärgert: „Savannah!"
Die Mädchen ließen sie los und sahen sie besorgt an. Doch Caroline kicherte nur. „Subtil wie immer, Sav", stichelte sie und auch Savannah grinste jetzt. Die beiden teilten ständig Seitenhiebe gegen die andere aus, doch beide wussten, dass das nicht ernst gemeint war.
„Also Care, da du den ganzen Vormittag in New Orleans rumgestreift bist, wo kann man hier gut essen?", fragte Rosalie und hielt sich übertrieben den Bauch.
„Tut mir leid, Rose, ein Restaurant hab ich jetzt nicht entdeckt", entschuldigte sich Caroline lächelnd. „Katie?"
Katie dachte kurz nach. „Da gibt es so ein exklusives Teil auf der Bourbon-Street, da könnten wir hingehen."
„Oh ja bitte, ich verhungere gleich und könnte gut ein paar Kellner vertragen", jammerte Suki, was ihr allgemeines Gelächter einbrachte.
Die Mädchen waren schon im Begriff, in ihre Zimmer zu wuseln, um sich dort die Haare zu machen, sich umzuziehen und neu zu schminken, als es an der Tür klingelte.
Fragend sahen sich die Vampirinnen an und Caroline lief es eiskalt den Rücken herunter. Sie wurde von einer bösen Ahnung befallen. Was, wenn das Klaus war, der wieder seine alten Stalker-Gewohnheiten aufgenommen hatte? Es war nicht so, dass sie den Mädels nicht vertraute, aber dennoch gab es einige Sachen in ihrer Vergangenheit, die sie gerne im Dunkeln lassen würde und dazu zählte das ganze Mystic Falls Drama.
Nachdem sich eine Weile keiner gerührt hatte, ging Rosalie vorsichtig zur Tür und öffnete sie. Die anderen Mädchen kamen ihr hinterher und stellten sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick über Rosalies Schulter zu werfen. Fast unhörbar atmete Caroline auf. Vor der Tür war niemand zu sehen.
Sie wollte schon kehrt machen, um ihren Lockenstab zu suchen, als Rosalie sich langsam bückte und etwas von der Fußmatte aufhob. Die Rothaarige lehnte sich aus der Wohnung raus und schaute zu beiden Seiten den Gang hinunter, doch anscheinend war niemand zu sehen, denn sie schloss die Tür wieder. Mit dem mysteriösen Gegenstand in der Hand drehte sie sich zu ihren Freundinnen um und jetzt konnte man erkennen, dass Rosalie eine Einladungskarte in der Hand hielt.
Savannah riss sie ihr aus der Hand. „Gib mal her." Ungeduldig öffnete sie sie und die anderen scharten sich um sie.
„Das ist eine Einladung zu einer Party", meinte Suki verblüfft.
Katies Augen glänzten. „Nicht zu irgendeiner Party." Sie tippte auf den Veranstaltungsort. „Das hier ist Marcels Adresse." Die Mädchen sahen sich mit großen Augen an.
„Steht sonst noch was drauf?", fragte Rosalie und Savannah drehte die Karte um. Tatsächlich stand auf der Rückseite der Karte etwas in einer krakeligen Handschrift.
„Meine verehrten Damen", las Savannah vor. „Ich würde mich freuen, wenn ihr meine bescheidene Gesellschaft heute Abend mit eurer Anwesenheit beehren würdet. In New Orleans ist nicht jeden Tag die berühmte Partytruppe zu Gast. Marcel."
Savannah sah von der Karte auf. „Er hat von uns gehört", hauchte sie und fächelte sich Luft zu. Die anderen verdrehten grinsend die Augen, doch auch sie freuten sich insgeheim über diese persönliche Einladung.
„Okay Ladys, dann jetzt die alles entscheidende Frage", fing Katie an. „Gehen wir hin?"
Savannah sah sie entgeistert an. „Das fragst du noch?! Natürlich gehen wir hin, Marcel hat uns persönlich eingeladen!"
Suki neigte unschlüssig den Kopf. „Hmm, ich weiß ja nicht, eigentlich wollte ich mir heute Abend mal die Stadt ansehen..." Savannah sah sie drohend an und Suki hob beschwichtigend die Hände. „Aber eine solche Party kann man nicht ausschlagen."
Rosalie und Caroline tauschten einen Blick aus. Die beiden verstanden sich ziemlich gut, sie waren sogar schon bei der nonverbalen Kommunikation angelangt.
Was denkst du?, fragte Rosalie mit ihrem Blick.
Care zuckte mit den Schultern. Ich weiß nicht. Klingt ganz nett, aber mir ist eigentlich nicht so nach Party nach dem Desaster von gestern...
Ich weiß was du meinst. Rosalie nickte kaum merklich und sah dann rüber zu Savannah. Allerdings würde Sav uns das niemals verzeihen.
Caroline seufzte innerlich. Dann haben wir wohl keine andere Wahl, Rose.
Rosalie nickte erneut und sagte laut: „Care und ich sind auch dabei."
Savannah klatschte begeistert in die Hände und verschwand im Flash in ihrem Zimmer, um sich auf die Party vorzubereiten. Auch die anderen Mädchen zerstreuten sich und Minuten später hörte man das Sirren von Glätteisen und Lockenstäben, das Platschen einer Dusche und eine verzweifelte Savannah die aufgebracht vor sich hin murmelte: „Ich hab nichts zum Anziehen!"
Caroline stand an der Glasfront in ihrem Zimmer und blickte auf New Orleans herab. In der Stadt herrschte ein reges Treiben und unwillkürlich suchte sie mit ihren Augen den Park und die Straße, in der das Rousseau's und der Voodoo-Laden lagen.
Tatsächlich fand sie beides, doch schon nach wenigen Minuten wandte sie sich von dem atemberaubenden Ausblick ab und machte sich seufzend ans Auspacken.

Party in New OrleansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt