Part 5

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Nach der Vorlesung verließ ich den Saal allein. Logan wollte zwar mit mir unsere Erfolge bei Starbucks feiern, aber da ich unbedingt noch auf die Toilette musste, hatten wir beschlossen uns vor der Eingangstür zu treffen. Die Toilette war leer, bis mir beim Hände waschen ein bekanntes Gesicht begegnete. Jessica beobachtete mich durch den Spiegel bis ich fertig war. Als ich mich umdrehte, stand sie direkt vor mir. "Kann ich vielleicht vorbei?" fragte ich höflich. Ich hatte keine Ahnung was das sollte. Ihre Augen verdunkelten sich. "Hör mal du möchte gern Prinzesschen. Du glaubst, du kannst hier auftauchen wie aus dem nichts und versuchst mich fertig zu machen." Jetzt kam sie mir gefährlich nahe. Ich wollte zurückweichen, aber hinter mir war waren die Waschbecken, was dies fast unmöglich machte. "Ich sage dir eins, dass du besser warst als ich war reines Glück. Ich hoffe das weißt du. Und ich möchte nicht dass das nochmal passiert. Hast du mich verstanden?" Ich war total überrumpelt und wusste nicht was ich sagen sollte. Während ich noch versuchte zu verarbeiten, was sie gerade gesagt hatte, zog sie mich bereits an den Haaren von Waschbecken weg, nur um mich danach wieder dagegen zu stoßen. Schmerz durchschoss meine Wirbelsäule, sodass ich auf den Boden fiel. "Hast du mich verstanden?" fragte sie erneut. Ich nickte nur und dann hörte ich die Tür zufallen.

Ich wusste nicht wie lange ich dort auf dem Boden lag, aber es musste bestimmt ne halbe Stunde gewesen sein. Ein leichtes Klopfen riss mich aus meiner Trance. "Mary? Bist du da drin?" Logan. Mist, den hatte ich total vergessen. Den Schmerz spürte ich immer noch, als ich mich aufrappelte. Ich setzte ein Lächeln auf und ging zur Tür. "Tut mir leid, aber mir ging es gar nicht gut und ich habe vergessen dir Bescheid zu sagen." "Schon ok. Du siehst auch ganz blass aus. Soll ich dich nach Hause bringen?" Er klang ernsthaft besorgt, deshalb fühlte ich mich für das, was ich jetzt tat besonders schlecht. „Nein brauchst du nicht. Es geht mir schon viel besser." Mit diesen Worten ging ich einfach und ließ ihn verwirrt vor dem Mädchenklo stehen. Er rief nochmal meinen Namen, aber ich drehte mich nicht um.

Das letzte Mal, dass ich mich so gefühlt hatte war in Deutschland. Alle alten Gefühle kamen wieder in mir hoch. Schon während der Autofahrt schossen mir die Tränen in die Augen. Ich war richtig erleichtert, als ich merkte, dass niemand zuhause war. In meinem Zimmer angekommen, brach ich dann zusammen. Irgendwann kamen keine Tränen mehr. Ich war anscheinend leer geweint. Dafür blieb ein Gefühl der Leere. Ich kannte das Gefühl. Ich fühlte mich innerlich tot. Ich spürte den Drang mich selbst zu verletzen. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, entschied mich dann aber dagegen. Ich wollte nicht mehr dieser Mensch sein. Stattdessen suchte ich im Internet nach einer Selbsthilfegruppe, die mir vielleicht helfen konnte. Auch in Deutschland ging ich nach meiner Therapie regelmäßig zu einer um meinen Zustand stabil zu halten, auch wenn es nicht immer half.

Eine viertel Stunde später stand ich vorm Pfarrhaus der Stadt. Die Sitzung hatte schon vor einer halben Stunde angefangen, aber ich konnte einfach nicht noch eine Woche warten. Als ich das kleine Gebäude betrat stand ich auch schon mitten im Gruppenraum. Alle starrten mich natürlich sofort an. Klasse.

Am liebsten hätte ich mich sofort wieder umgedreht, aber ein Mann so Mitte Dreißig stand auf und kam mir entgegen. „Hallo ich bin Will, der Gruppenleiter. Schön, dass du da bist." Begrüßte er mich und reichte mir die Hand. „Ich bin Mary." Meine Stimme zitterte. „Am besten wir gehen mal ein bisschen nach hinten und reden." Er ging durch den Raum zu einer verschlossenen Tür und hielt sie mir auf. Er drehte sich noch einmal zu den anderen um. „Ihr könnt in der Zwischenzeit schon mal weiter machen." Wir setzten uns in der kleinen Küche an den Tisch. Er bot mir was zu trinken an, was ich aber ablehnte. „So was führt dich zu uns?" Er lächelte mich an. „Ich bin vor ein paar Wochen aus Deutschland hergekommen um hier zu studieren und bin jetzt auf der Suche nach einer neuen Selbsthilfegruppe." „Du warst in Deutschland schon in einer?" Ich nickte nur. „Ok und wie lautet deine Diagnose? Oder warst du noch nie in Therapie?" Ich kannte die Fragen bereits. „Ich leide an einer schweren Depression mit selbst verletzendem Verhalten. Momentan hält man meinen Zustand für einigermaßen stabil, auch wenn ich als extrem Rückfall gefährdet gelte. Ich war zweimal im Krankenhaus und über ein halbes Jahr in Therapie bis ich dann zur Selbsthilfegruppe kam." Er nickte. „Nimmst du Medikamente dagegen?" Ich seufzte. „Sie haben öfters versucht mir welche zu verabreichen, aber es wurde nur noch schlimmer. Ich weiß, dass das Anfangs normal ist, aber ich bin nie zu dem Punkt gekommen, wo es besser wurde." Er sah mich durch traurige Augen an. „ Ich denke, du bist hier genau richtig." Er zwang sich zu einem Lächeln und stand schließlich auf. Ich folgte ihn in den Gruppenraum zurück, wo gerade herzlich gelacht wurde. Es war also ein guter Tag. Anscheinend hat keiner in der letzten Woche einen Rückfall gehabt. Der Rest des Abends verlief gut und es fühlte sich schön an bei Leuten zu sein, die dasselbe durchmachten wie ich. Die Stunde ging viel zu schnell vorbei.

Broken - Ashton Irwin Fanfiction [German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt