Kapitel 1

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"Veränderung ist am Anfang schwer, chaotisch in der Mitte und am Ende einfach großartig."

-

Lara;

Ich war seit fünf Minuten in der Oberstufe und hatte jetzt schon überhaupt keine Lust mehr. Was war das mit diesen Infoveranstaltungen, die man vorher alle hatte und einem trotzdem irgendwie rein gar nichts brachten? Die Lehrer erzählten uns nur zum gefühlt hunderten Mal, wie wichtig es war, dass wir uns auf unser Abitur konzentrierten, schließlich hing ja unsere Zukunft davon ab.

"Wo ist nochmal Raum 110?", fragte Philip mich verwirrt. "Ich glaub nämlich, dass wir auf der falschen Seite hochgegangen sind."

"Ich hab gleich gesagt, dass wir auf der anderen Seite hochgehen hätten sollen!", erwiderte ich genervt und rollte mit den Augen. "Hör wenigstens einmal auf mich." Auf der anderen Seite war es auch sehr deprimierend, dass wir uns nach sechs Jahren auf der gleichen Schule immer noch nicht wirklich auskannten.

"Hör auf dich weiter zu beschweren, wir haben nun mal Raumvertretung für Englisch und jetzt müssen wir diesen Raum auch finden", erklärte er nur und zerrte mich am Arm durch den ganzen ersten Stock.

Nach ein paar Minuten waren wir dann auch schließlich angekommen. "Da ist Raum 110!!", rief er glücklich und ich seufzte erleichtert.

"Und wir sind tatsächlich nur etwa zehn Minuten zu spät", erwiderte ich sarkastisch und rollte wieder mit den Augen. "Wir machen bestimmt einen wunderbaren ersten Eindruck auf unsere Lehrerin."

Seufzend öffnete ich die Tür und gemeinsam traten wir ein - komplette Stille. Dieser Moment, wenn man zu spät ist und einfach in eine komplett leise Klasse kommt - furchtbar. Normalerweise versuchte ich mit allen Mitteln zu verhindern, dass ich unpünktlich irgendwohin kam... Es war mir unangenehm zu spät zu kommen.

"Wir haben den Raum nicht gefunden," erklärte Phillip nur ruhig und sah unsere Lehrerin entschuldigend an. Aus irgendeinem Grund mochten alle Lehrer von Sprachen Phillip einfach - keine Ahnung, wieso. Das färbte aber leider nicht auf mich ab – mir gaben sie trotzdem nicht wirklich gute Noten in der Mitarbeit.

"Dann setzen Sie sich jetzt bitte hin", wies unsere Lehrerin uns an. An das Siezen würde ich mich wahrscheinlich nie gewöhnen können.

"Okay", meinte Philip nur und zog mich in die letzte Reihe, wo noch drei Plätze frei waren.

Nachteil: Neben mir war noch ein Platz frei. Es fehlten immer noch Leute aus unserem Kurs, soweit ich sehen konnte. Nachdem nämlich die Stundenpläne rausgegeben worden sind, haben alle laut darüber geredet, wen sie in welchem Fach haben und dabei habe ich einiges einfach überhört ohne es überhaupt zu wollen.

Auf alle Fälle mochte ich es nicht neben anderen Leuten zu sitzen. Philip war eine Ausnahme, weil er mein besten Freund war, seitdem wir drei Jahre alt waren.

"Timon fehlt noch", flüsterte er mir mit einem Grinsen zu und ich rollte mit den Augen.

Zur Erklärung: Timon Liefers war ein Junge, der seit etwa zwei Jahren auf unsere Schule ging und in unsere Parallelklasse war. Gleich als Philip ihn das erste Mal gesehen hat, war es um ihn geschehen.

Timon war - selbst ich musste es zugeben - attraktiv. Er hatte dunkle Haare und strahlend blaue Augen, weswegen er bestimmt leicht eine Freundin gefunden hätte - falls er eine wollen würde. (Ein Originalzitat von Philip übrigens)

Mit den Kursen in der Oberstufe hatte Philip natürlich sofort die Hoffnung einige Kurse mit Timon zu haben - dieser Wunsch wurde ihm wie es aussieht auch gewährt.

Stiefschwestern, Schmetterlinge und andere Dinge | #wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt